Steuer-Spartipp

Spekulationsverluste: Gleichzeitig verkaufen und kaufen


Helmut Lehr

Die Besteuerung der Einkünfte aus privaten (Wertpapier-) Spekulationsgeschäften steht noch immer auf dem richterlichen Prüfstand. Entsprechende Einkommensteuer­bescheide erlässt die Finanz­verwaltung insoweit nur vorläufig 1).

Dies ändert jedoch nichts daran, dass die derzeitigen Regelungen im Einkommensteuergesetz zunächst weiter angewendet werden. Wer innerhalb eines Jahres Gewinne aus dem An- und Verkauf von Wertpapieren erzielt, muss diese versteu-ern, sofern die Freigrenze von 511,99 € überschritten wird. Eine Verrechnung ist nur mit Verlusten aus gleich­artigen Geschäften möglich.

Verluste gezielt realisieren

Es liegt in der Natur der Sache, dass Steuerpflichtige Spekulationsverluste gezielt realisieren können. Schließlich ist es jedem unbenommen, ein Wertpapier nach (erheblichem) Kursrückgang wieder zu veräußern.

Misstrauisch wird die Finanzverwaltung jedoch, wenn unmittelbar nach dem Ver-kauf der „verlustträchtigen Papiere“ neue Aktien der gleichen Gesellschaft an­geschafft werden. Der Vorwurf lautet in diesem Fall dann meist, dass man sich wirtschaftlich gesehen überhaupt nicht von der Kapital­anlage trennen wollte, sondern die Verluste lediglich aus steuerlichen Gründen realisiert hätte. Unter Verweis auf § 42 Abgabenordnung („Gestaltungsmissbrauch“) werden die Verluste dann wo­möglich nicht anerkannt und stehen somit für eine Ver­rechnung mit anderen Spe­kulationsgewinnen nicht zur Verfügung.

Anlegerfreundliches Finanzgerichtsurteil

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mittlerweile klargestellt, dass Spekulationsverluste in vergleichbaren Fällen anzuerkennen sind 2). Die (erneute) Anschaffung der gleichen Aktien am gleichen Tag und in gleicher Stückzahl führt nach Ansicht des Gerichts nicht dazu, den realisierten Verlusten nach § 42 Abgabenordnung die Anerkennung zu versagen.

Die Richter sind der Ansicht, die gesetzliche Regelung „räume dem Steuerpflichti-gen – anders als die Regelungen anderer Einkunftsarten – die Möglichkeit ein, durch die Wahl des Veräußerungszeitpunkts über den Eintritt des Steuertatbestandes zu entscheiden und damit sein Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Artikel 2 Grundgesetz in Anspruch zu nehmen “.

Hinweis: Die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg wurde ausdrücklich zugelassen3) . In vergleichbaren Fällen sollten sich Anleger unbedingt auf die Entscheidung berufen. Wer mit „Gestaltungsmissbrauchsvorwürfen“ der Finanzverwaltung gar nicht erst konfrontiert werden will, sollte zwischen Verkauf und Kauf der gleichen Aktien einige Zeit ins Land gehen las- sen. Bei wieder steigenden Kursen geht dadurch allerdings ein Teil des Ertrags­potenzials verloren.

Gerichte sind sich uneins

Beachten Sie, dass die Rechtsauffassung des Finanzamts nicht völlig überzogen ist. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat in diesem Zusammenhang bereits rechtskräftig entschieden, dass ein Spekulationsverlust nur bei echter Verlustrealisation vorliegt 4). Sind Kauf und Rückkauf der Aktien durch einen Gesamtplan verbunden, sei eine Verlustrealisation regelmäßig nicht gegeben. Außerdem liege in solchen Fällen tat­sächlich Gestaltungsmissbrauch vor.

1) Vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 8. Oktober 2007, IV A 4 – S 0338/07/0003.

2) Aktenzeichen 1 K 51/06.

3) Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: IX R 60/07.

4) Urteil vom 14. September 2006, Aktenzeichen 5 K 286/03.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(01):17-17