Telematik im Gesundheitswesen

Gesundheitskarte im Test


Roman Schaal

Zwei Jahre nach dem gesetzlich festgelegten Einführungstermin ist die Gesundheitskarte selbst in den Testregionen noch ein Exot. Und für 2008 zeichnet sich ein massiver Konflikt zwischen Politik und Selbstverwaltung über den Start der Kartenausgabe ab.

Die Tests in den Modellregionen verlaufen alles andere als plangemäß. Nach den Planungen der gematik – der Organisation der Selbstverwaltung, die mit der Einführung der Gesundheitskarte beauftragt ist – sollten im Juni 2007 in sieben Modellregionen die Tests beginnen. In jeder Modellregion sollten 10.000 Versicherte ihre Gesundheitskarte bei Arztbesuchen und für elektronische Rezepte nutzen.

Anzahl ausgegebener Karten noch zu gering

Die Realität in den Modellregionen sieht allerdings deutlich anders aus. Von den geplanten 70.000 Gesundheitskarten sind derzeit mit 40.000 erst gut die Hälfte ausgegeben. Nur eine Modellregion konnte die geforderten 10.000 Karten verteilen. In allen an-deren Regionen wurden bisher zwischen 2.000 und knapp 7.000 Karten ausgehändigt.

Die Bereitschaft von Versicherten, sich eine Gesundheitskarte ausstellen zu lassen, ist teilweise geringer als erwartet. Es ist nicht auszuschließen, dass die immer wieder auf­geworfene Frage nach dem Datenschutz und der Sicherheit der gespeicherten Informationen hier viele vorsichtig werden lässt.

Aber auch die Krankenkassen geben die Gesundheitskarten nur sehr vorsichtig aus. Immerhin mussten größere Kartenkontingente wieder eingezogen und neu erstellt werden, weil sie nicht den techni­schen Spezifikationen entsprachen und somit nur eingeschränkt einsetzbar waren. Das ist zwar an sich bei Tests nicht ungewöhnlich, es ist aber verständlich, dass die daraus entstehenden Zusatzkos­ten gern vermieden werden.

Die Anzahl der Gesundheitskarten ist aber nur ein Teil­aspekt für die Durchführung der Tests. Nutzbar wird die Gesundheitskarte erst, wenn die Systeme der Arztpraxen und der Apotheken in der Lage sind, diese zu verarbeiten.

Systeme der Leistungserbringer

Während die am Test teilnehmenden Apotheken nahezu al­le ein von der gematik zugelassenes Softwaresystem installiert haben, ist die Situation bei den Ärzten wesentlich schwieriger. Nur etwa 60% der Arztpraxen verfügen derzeit über ein Softwaresystem, mit dem die Gesundheitskarte gelesen werden kann. Anders als die Apothekensoftwarehäuser haben die Hersteller von Arztsoftware die erforderlichen Softwareanpassungen eher zögerlich vorgenommen.

So ist es nicht überraschend, dass derzeit von den ausgegebenen Karten nur 15% bis 20% in der Arztpraxis gesteckt wer­den. Und elektronische Rezepte, die in den teilnehmen­den Apotheken eingelöst werden sollen, kommen im Test­alltag praktisch gar nicht vor. Hier sind also wesentliche Inhalte der Tests noch gar nicht erprobt worden.

Unterschiedliche Einführungstermine

Die Planungen der gematik für die weiteren Teststufen und hier vor allem für die Onlineverarbeitung von Versichertendaten und elektronischen Rezepten reichen dementsprechend inzwischen bis in das Jahr 2010. Im Bundes­ministerium für Gesundheit plant man dagegen, die Ausgabe der Gesundheitskarte an 70 Millionen Versicherte im April 2008 zu beginnen. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen gematik und BMG birgt also erhebliches Konfliktpotenzial.

Roman Schaal, Projektleiter

elektronisches Rezept

VSA Unternehmensgruppe,

81673 München, E-Mail: Roman.Schaal@vsa.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(02):8-8