Wertpapier im Test

Rückblick auf 2007


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Erfolge bei der Aktienanlage sind nicht einfach: Einzelne Märkte entwickeln sich oft ganz anders als erwartet und Renditechancen werden von Anlegern nicht oder zu spät wahrgenommen. Unsere Serie „Wertpapier im Test“ soll Ihnen Entscheidungshilfen bieten.

Vor Jahresfrist waren sich die meisten Analysten von Banken und Sparkassen einig: Nach vier Jahren Hausse an den Aktienmärkten sei die Zeit reif für eine Korrektur. Die so genannten „Crash-Propheten“ – die schon seit Beginn der Hausse im Jahr 2003 vor massiven Rückschlägen warnen – prognostizierten sogar einen Rückgang des DAX auf 4.000 Punkte oder weniger.

Doch gerade der deutsche Aktienmarkt entwickelte sich erneut recht erfreulich: Der DAX kletterte von rund 6.600 Punkten zu Jah­resbeginn 2007 auf zuletzt knapp über 8.000 Punkte. In den Sommermonaten hatte das Frankfurter Börsenbarometer aber auch manche Rückschläge zu verkraften und bis heute ist es dem Index nicht gelungen, die psycho­logisch wichtige Marke von 8.000 Punkten nachhaltig zu überschreiten.

Prognosen sind selten zuverlässig

Dies zeigt, dass Prognosen in der Finanzwelt alles andere als zuverlässig sind. Die Märkte sind von zahlreichen Unsicherheiten geprägt. Faktoren, die heute kaum beachtet werden, gelten morgen schon als Auslöser für einen Börsencrash. Für private Anleger ist es daher besonders wichtig, sich selbst eine Meinung zu bilden:

  • Bei einer Aktiengesellschaft gilt es, die Unternehmensstrategie zu erkennen und – möglichst richtig – einzuschätzen,
  • bei einer Anleihe sollte man Kenntnisse über die Sicherheit sowie über mögliche Kursveränderungen im Fall von Zinsschwankungen haben und
  • bei einem Zertifikat oder Optionsschein die exakte Konstruktion kennen und – vor allem – verstehen.

Hilfestellung soll Ihnen dabei unsere Rubrik „Wertpapier im Test“ bieten, in der wir zur Auseinandersetzung mit einzelnen Wertpapieren anregen. Dabei legen wir besonderen Wert auf eine ausgewogene Titelauswahl, die sowohl zinsorientierte wie auch chancen- und risikoorientierte Anleger berücksichtigt, unterschiedliche Märkte behandelt und zeitliche Perspektiven nicht außer Acht lässt.

Entsprechend differenziert sind die Kriterien, nach denen wir eine Anlage auf den Prüfstand stellen:

  • Grundsätzlich infrage kommen Papiere, die entweder überzeugende fundamentale Daten oder aber in­teressante charttechnische Entwicklungen aufweisen.
  • Vorgestellt werden aber auch Papiere, für die be­sonders geworben wird oder die aktuell im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen – sei es nun im positiven oder negativen Sinn.
  • Nicht zuletzt legen wir auch einen Schwerpunkt bei Papieren aus dem Gesundheitswesen.

Keinesfalls darf die Vorstellung als „Wertpapier im Test“ jedoch als uneingeschränkte Kaufempfehlung verstanden werden. Im Gegenteil: Die Studien sollen Ihnen in erster Linie als neutrale Informationsquelle dienen, mit deren Hilfe Sie sich eine eigene Meinung bilden können. Im Übrigen müssen auch beim Kauf eines porträtierten Wertes stets die Grundregeln der Wertpapieranlage beachtet werden. Hierzu zählt die Streuung des Kapitals, aber auch die laufende Beobachtung des eigenen Depotbestands und gegebenenfalls schnelles Handeln. Nur so lassen sich Verluste ver­mei­den, von denen selbst grundsolide Werte erfasst wer­den können.

Wie jedes Jahr blicken wir auch diesmal wieder zurück auf die Empfehlungen der vergangenen Monate. So haben wir im November 2006 die Aktie der Deutschen Telekom unter die Lupe genommen. Unser damaliges Fazit lautete: „Frühere Höchstkurse liegen zwar in weiter Ferne, eine positive Entwicklung ist jedoch denkbar.“ Und in der Tat ließ sich mit dem ehe­maligen Staats­papier wieder etwas ver­dienen: Neben einem Kursanstieg von aktuell rund 15% winkten knapp 5% Dividendenrendite.

Im Dezember 2006 porträtierten wir bei einem aktuellen Kurs von rund 38 € die Aktie des Modeschneiders Hugo Boss. Unter relativ geringen Schwankungen kletterte das Papier in den folgenden Monaten zeitweise auf knapp 50 €. Im Herbst begann jedoch ein Kursrückgang, von dem sich das Papier bis heute nicht erholen konnte.

Nach dem Jahresrückblick im Januar 2007 nahmen wir im Februar 2007 die Aktie des expansiven Krankenhausbetreibers Rhön-Klinikum unter die Lupe. In den folgenden Wochen verbesserte sich der Kurs um rund 20% auf über 23 €, anschließend ging er jedoch, trotz der optimistischen Unternehmensprognosen, auf die vormalige Ausgangsbasis zurück. Gerade dies zeigt, dass es sich auch einmal lohnen kann, Gewinne rechtzeitig mitzunehmen.

Wenig spektakulär war die Kursentwicklung der im März 2007 als Depotbeimischung vorgestellten Fresenius Medical Care-Aktie: Der Kurs stieg per saldo jedoch von 34,50 € auf 37 € – mithin ein durchaus zufrieden stellendes Ergebnis.

Wie wichtig es ist, eingegangene Engagements laufend zu beobachten, hat die im April 2007 vorgestellte Aktie von Beru gezeigt. Das Papier des Autozulieferers hatte analog zur Unternehmensentwicklung jahrelang kontinuierlich zugelegt. Dann verunsicherten jedoch kritische Stimmen über den zunehmend harten Branchenwettbewerb die Analysten und das Papier gab in den folgenden Monaten knapp 10% nach. Allerdings hatten Anleger durchaus die Möglichkeit, noch rechtzeitig auszusteigen, als die charttechnischen Unterstützungsmarken nach unten geschnitten wurden.

Keine Probleme gab es hin­gegen bei den im Mai 2007 vorgestellten Finanzierungsschätzen des Bundes: Mit 3,65% / 3,8% Rendite für die ein- bzw. zweijährige Tranche erhielten Anleger einen zum Abschlusszeitpunkt marktgerechten Zins, mussten jedoch nicht unter den zeitweise heftigen Kursschwankungen am Rentenmarkt leiden.

Erst nach einem Kursrückschlag – so schrieben wir im Juni 2007 – werde die Bilfinger Berger-Aktie wieder interessant, und in der Tat gab die Notierung in den folgen­den Wochen deutlich nach. Im Bereich der von uns genannten Widerstandszone bei 52 € kam es dann jedoch wieder zu einer Stabilisierung, die das Papier erneut interessant gemacht hat.

Mittel- bis langfristig attraktiv – so lautete das Fazit über die comdirect Bank-Aktie, porträtiert im Juli 2007. Wenige Tage nach der Veröffentlichung setzte jedoch die IKB-Krise alle Bankwerte massiv unter Druck, allerdings hiel-ten sich die Verluste bei der von der US-Subprime-Krise nicht betroffenen comdirect bis heute in vergleichsweise engen Grenzen.

Ebenfalls als langfristigen Wachstumswert aus dem Freizeitsegment stellten wir im August 2007 die Hymer-Aktie vor. Trotz spätsommerlicher Börsenkrise konnte sich das Papier des Wohnmobilherstellers gut behaupten und in der Spitze bis zu 10% zulegen.

Krisengeschüttelt war in den vergangenen Monaten der Siemens-Konzern, dessen Aktie im September 2007 auf den Prüfstand kam. Inzwischen können Anleger zufrieden sein: Der Einstieg war zu 86 € möglich, heute notiert das Papier im Bereich von 109 €, was einem Plus von 27% in gera-de einmal drei Monaten entspricht.

Als Zinsanlage nahmen wie im Oktober 2007 eine Bundesobligation unter die Lupe, die unsere Erwartungen inzwischen mehr als erfüllt hat. Nicht nur die laufende Ver­zinsung von 4,2% p.a. war attraktiv, auch der Kurs ist in der kurzen Zeit bereits um rund einen Prozentpunkt gestiegen.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(02):13-13