Ute Jürgens
Ein Team orientiert sich grundsätzlich am Chef – er hat Vorbildfunktion. Wenn er den Kunden nur selten Zusatzangebote macht, verunsichert das die Angestellten, die Orientierung fehlt. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, so gewinnt das Ganze an Selbstverständlichkeit und kann zur Normalität werden.
Natürlich ist dem Apothekenteam klar, dass die Apotheke einen höheren Umsatz gut gebrauchen kann – nicht zuletzt, um die Gehälter zu sichern.Oft genug ist auch der Wille da – bei Drängen der Apothekenleitung entstehen jedoch automatisch innere Blockaden. Lust und Freude, die wichtigsten Antriebsmotoren, sind auf einen Schlag „abgestellt“. Erinnern Sie sich an eigene Erlebnisse: Wenn bestimmte Arbeiten erledigt werden müssen und Sie sich selbst unter Druck setzen oder ein anderer Druck auf Sie ausübt, ist der freie Wille, mit dem alles viel einfacher und müheloser geht, nicht mehr spürbar.
Ein Chef, der sein Team also immer wieder bedrängt, Einzelne beobachtet und zur Rede stellt, wieso sie beim letzten Kunden die Chance zum Zusatzverkauf verstreichen ließen, ist ein Meister der Demotivation. Denn die meisten Menschen sind erheblich sensibler für jede Form der Geringschätzung und Abwertung als für Zeichen der Aufwertung. Wenn Sie als Chef ungeschickt kritisieren, kostet es Sie viel Zeit und Mühe, das Zerstörte wieder aufzubauen.
Prämierung fördert Motivation
Ein grundsätzliches Gesetz beim Motivieren lautet: „Vorne locken ist besser als hinten schieben.“ Der Impuls zum Handeln entsteht eher durch lockende Ziele als durch die Angst im Nacken. In einigen Apotheken gibt es daher Umsatzbeteiligungen bei Zusatzangeboten. Hier gilt es jedoch, ein gerechtes System zu finden.
Die einfachste Möglichkeit ist die Prämie für das einzelne Teammitglied entsprechend seinen Verkäufen. Das empfinden Teilzeitkräfte oder Berufsanfänger eventuell als nachteilig, verteilt man aber eine Gesamtsumme gleichmäßig unter allen, murren die „Cracks“. Ein Tipp: Lassen Sie das Team doch gemeinsam über das Verteilersystem entscheiden. Es reicht, wenn Sie die Vorgabe machen, wie viel Prozent der Mehreinnahmen Sie zur Verfügung stellen. Eine besondere Lage entsteht allerdings für die PKAs, da diese wenig oder gar nicht im HV sind. Auch dies sollte berücksichtigt werden, vielleicht zeigt sich im kaufmännischen Arbeitsbereich eine völlig andere Zielsetzung für Prämien.
Statt oder zusätzlich zur Umsatzbeteiligung bietet sich die spezielle Gratifikation ab einer bestimmten hohen Abgabesumme pro Tag an. Der Bonus muss dabei nicht im-mer in barer Münze ausge-zahlt werden, sondern beispielsweise auch als Büchergutschein, Stundengutschrift oder kostenlose Hotelübernachtung im Zusammenhang mit einer Fortbildung.
Falls Sie insgesamt zufrieden mit dem Engagement Ihrer Mitarbeiter sind: Freude und erneute Motivation werden oft durch unerwartete Geschenke ausgelöst – das können neue Kittel sein, Farb- und Stilberatung etc. Nutzen Sie zudem das einfachste und gleichzeitig wirkungsvollste Mittel, das Ihnen zur Verfügung steht: Anerkennung. Loben Sie sofort, wenn Ihnen etwas angenehm auffällt. Nehmen Sie nicht alles für selbstverständlich.
Um das Ganze etwas abwechslungsreicher zu gestalten, kann die Apothekenleitung bestimmte „Produktgruppen des Monats“ ausloben, die beim Prämierungssystem höher als andere bepunktet werden. Dadurch gewöhnen sich alle – einschließlich der Führungskraft – daran, dass Zusatzangebote unspezifisch über das ganze Warenlager stattfinden können und gewinnen hohe Flexibilität.
Regen Sie zu einer Ideensammlung an, was außer den normalen Produkten an Service, Aktionen oder Seminaren für Kunden kostenpflichtig angeboten werden könnte. Beispiele wären die Internetrecherche zu einem Gesundheitsthema oder Aufwendigeres wie begleitete Ausflüge zum nächstgelegenen Arzneipflanzengarten.

Die Meinung der Mitarbeiter ist gefragt
Eine Personalumfrage zur Motivation – siehe Musterfragebogen oben – kann wertvollen Aufschluss für die Apothekenleitung bringen. Die Beantwortung sollte anonym erfolgen, damit keine Befangenheit entsteht. Sinnvoll ist diese aufwendige Aktion aber nur, wenn die Leitung konsequent an der Umsetzung der Ergebnisse arbeitet. Das erfordert Flexibilität im eigenen Verhalten, die Fähigkeit, Kritik an der eigenen Person zu akzeptieren und entsprechende Wünsche zu erfüllen. Voraussetzungen auf der Seite der Mitarbeiter sind die Fähigkeit zur realistischen Einschätzung ihrer selbst und die Bereitschaft zum auf Lösungen ausgerichteten Dialog untereinander und mit dem Chef sowie zur entsprechenden Umsetzung der neuen Aufgaben.
Bei der ersten und zweiten Frage spielen zwei verschiedene Ebenen eine Rolle: Die Beziehungsebene konzentriert sich auf das Miteinander, die Arbeitsplatzebene auf die Gegebenheiten am Arbeitsplatz wie Präsentation der Produkte in der Freiwahl oder Computertechnisches.
Die Auswertung der Umfrage kann anschließend gemeinsam mit den Mitarbeitern erfolgen oder aber der Chef nimmt alles zur Kenntnis und bietet danach entsprechende Hilfen an.
Ein ähnliches Vorgehen bietet sich im Übrigen auch für eine themengebundene Teamsitzung ohne Chef an. Hier können sich die Mitarbeiter zusammen über die entsprechenden Fragen Gedanken machen und dem Chef das Protokoll vorlegen.
Falls die Umfrage zu aufwendig ist, können Sie sich auch selbst die Frage beantworten, womit Sie Ihr Team am besten anspornen und womit Sie es am meisten demotivieren.
Ein wichtiger Punkt ist auch, wie stark Ihr Vertrauen bzw. Misstrauen in Bezug auf die einzelnen Mitarbeiter ausgeprägt ist. Wenn Sie Mitarbeiter für unselbstständig und unfähig halten, werden sie es auch. Ist Ihr Vertrauen jedoch hoch, fällt es leicht, einen weiteren motivierenden Faktor beizusteuern: das Über- bzw. Zulassen von viel Entscheidungsfreiheit. Das bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die komplette Beratung, also wem was und wann empfohlen wird. Es gibt Tage, an denen es besser und andere, an denen es etwas schlechter läuft. Die Mitarbeiter haben durchaus ein Gespür für sich und die Kunden, die ihnen gerade gegenüberstehen. Wenn Sie Ihren Angestellten mehr zutrauen, ohne sie vom Arbeitsquantum her zu überfordern, werden Sie sicher ein paar angenehme Überraschungen erleben.
Ute Jürgens, Kommunikations-
trainerin und Einzelcoach,
KomMed, 28865 Lilienthal,
E-Mail: KomMed@freenet.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(10):10-10