Prof. Dr. Reinhard Herzog
Ein Hypothekendarlehen ist vom Konzept her recht einfach: Der Darlehensnehmer erhält den gewünschten Betrag, die Rückzahlung erfolgt in regelmäßigen Raten, in der Fachsprache auch als „Annuität“ bezeichnet. Diese Raten setzen sich aus den Zinsen und einem Tilgungsanteil zusammen. Bei einem 100.000-€-Darlehen mit einem Zinssatz von z.B. 5,5% und einem anfänglichen Tilgungssatz von z.B. 1,5% hat der Darlehensnehmer also jährlich 7,0% der Darlehenssumme oder 7.000 € zu bezahlen. Dieser Betrag bleibt – zumindest während der Dauer der Zinsfestschreibung – unverändert: Zwar sinkt die Zinsbelastung infolge der vorgenommenen Tilgung, jedoch wird im Gegenzug der Tilgungsanteil erhöht.
Anders ist die Situation bei den verschiedenen Koppelungsmodellen, die insbesondere von freien Finanzvermittlern aufgrund der höheren Provisionen gerne angeboten werden. Die Nummer eins war hier lange Zeit die Koppelung mit einer Kapitallebensversicherung. Dabei wurde das Darlehen lediglich verzinst, jedoch nicht getilgt. Die Tilgungsraten flossen indes in einen Lebensversicherungsvertrag. Bei Fälligkeit der Lebensversicherung sollte das Darlehen in einer Summe abgelöst werden. Als Werbeargumente dienten
- bei selbst genutzten Immobilien insbesondere Prognosen, nach denen die Lebensversicherung einen höheren Ertrag bringen sollte, als das Darlehen letztlich kostete,
- bei vermieteten Immobilien und gewerblichen Finanzierungen der Vorteil, dass einerseits die – kompletten – Darlehenszinsen steuerlich geltend gemacht werden konnten, andererseits der Ertrag aus der Lebensversicherung bei Einhaltung bestimmter Regeln steuerfrei blieb.
Magere Renditen
Mittlerweile hat diese Koppelung jedoch an Bedeutung verloren. Zum einen haben die Versicherungsgesellschaften die Gewinnbeteiligung der Policen in den vergangenen Jahren derart massiv nach unten geschraubt, dass die Versicherungsanlage kaum noch mit den Darlehenskonditionen konkurrieren kann. Zum anderen hat der Gesetzgeber die Steuerbegünstigung von Kapitallebensversicherungen erheblich eingeschränkt bzw. ganz abgeschafft, sodass auch dieser Vorteil nicht mehr zum Tragen kommt.
Als Alternative haben in den vergangenen Jahren Koppelungsmodelle mit Investmentfondsanteilen an Bedeutung gewonnen. Hier wird der Tilgungsanteil z.B. in Aktienfonds angelegt, die – zumindest gemäß Rückrechnung – mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 8,0% bis 10,0% deutlich mehr Ertrag bringen sollen, als das Darlehen den Häuslebauer kostet.
Nur allzu gerne verschwiegen wird dabei allerdings die Tatsache, dass die Renditeprognosen langfristig zwar durchaus zutreffen, kurzfristig jedoch erhebliche Probleme auftreten können. Liegt der Fälligkeitstermin des Darlehens in einer Aktienbaisse, bleibt dem Anleger möglicherweise eine beträchtliche Finanzierungslücke. Wie schnell sich bei einer solchen Kombination das Bild wandeln kann, zeigt etwa das Beispiel eines zum 1. Juli 2008 fälligen Darlehensvertrags über 100.000 € mit Tilgung über einen Fondssparplan mit Schwerpunkt in deutschen Standardaktien. Zum 1. Januar 2008 hatte der Darlehensschuld von 100.000 € ein Investmentguthaben von rund 96.000 € gegenübergestanden – eine bis dahin planmäßige Wertentwicklung des Fondssparplans vorausgesetzt. Bei weiterhin planmäßigem Verlauf wäre der Wert der Fondsanteile bis zum 1. Juli 2008 auf 100.000 € geklettert, sodass einer vollständigen Darlehensablösung nichts im Wege gestanden hätte. Nun verlor jedoch der deutsche Aktienmarkt im ersten Halbjahr 2008 rund 20%, sodass sich das Fondsguthaben auf rund 77.000 € reduzierte. Da jedoch die Laufzeit des Darlehens in der Regel verbindlich festgeschrieben ist, musste der Kunde sich selbst um die Abdeckung der Finanzierungslücke von rund 23.000 € kümmern – und dies, obwohl zu Jahresbeginn alles noch problemlos erschienen war.
Kostengünstig nur in der Hausse
Zugutehalten muss man einer Fondsfinanzierung allerdings, dass die Fondsanteile in „guten Börsenzeiten“ eine durchaus attraktive Rendite erwirtschaften können. Gerade im Rückblick auf die vergangenen Jahre erzielten Darlehensnehmer oftmals einen überdurchschnittlichen Ertrag, wenn sie in Baissephasen – etwa zwischen 2000 und 2003 – investiert hatten und das Koppelungsmodell in einer Haussephase – etwa im Jahr 2007 – fällig wurde.
Mit der Abgeltungssteuer kommt jetzt weiteres Ungemach auf Darlehensnehmer zu: Bisher unterliegen nur Zinseinnahmen eines Fonds in voller Höhe sowie Dividendeneinnahmen zur Hälfte dem persönlichen Steuersatz des Anlegers (Halbeinkünfteverfahren). Kursgewinne, die insbesondere bei aktienorientierten Fonds einen erheblichen Teil der Wertentwicklung ausmachen, bleiben jedoch regelmäßig weitgehend steuerfrei, da beim Großteil des Anlagebetrags die einjährige Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Darlehensfälligkeit bzw. Umschuldung bereits abgelaufen ist. Lediglich bei den Anteilen, die sich noch innerhalb der 1-Jahres-Frist befinden, muss der Anleger eventuell erzielte Kursgewinne versteuern.
Erwirtschaftet der Fonds eine Rendite von durchschnittlich 7,5%, muss der Anleger davon üblicherweise nur 2,0 bis 3,0 Prozentpunkte tatsächlich versteuern. Legt man wiederum ein Darlehen von 100.000 € und eine 20-jährige Laufzeit zugrunde, genügt bislang eine monatliche Investment-Ansparrate von rund 205 €, um bei einer erwarteten Wertentwicklung des Fonds von 7,5% p.a. die Tilgung auch unter Berücksichtigung der Steuern auf Zinsen und Dividenden nach 20 Jahren sicherzustellen.
Anders ist die Lage für alle Fondsanteile, die ab dem 1. Januar 2009 im Rahmen eines Koppelungsmodells erworben werden. Hier unterliegen auch Kursgewinne in den meisten Fällen dem Steuerabzug von rund 28%, der sich aus der Abgeltungssteuer (25%), dem Solidaritätszuschlag (5,5% der Abgeltungssteuer) sowie eventuell der Kirchensteuer zusammensetzt. Bei dem genannten Modell hat dies eine zusätzliche Steuerbelastung von immerhin rund 14.000 € zur Folge, die letztlich bei der Tilgung fehlen. Um die vollständige Tilgung des Darlehens sicherzustellen, müssen daher monatlich mindestens rund 230 € angespart werden – wobei auch dies noch nicht die Problematik schwankender Börsenkurse berücksichtigt.
Finanzierung mit zahlreichen Fragezeichen
Koppelungsmodelle mit Investmentfonds können also durchaus interessant sein, wenn sich die Börsenlage günstig entwickelt. Sie bergen allerdings eine Vielzahl von Risiken, angefangen von der steuerlichen Problematik bis hin zur Frage nach der Wertentwicklung. Hinzu kommt, dass manche Vermittler die anfallenden Nebenkosten wie etwa den Ausgabeaufschlag gerne in ihren Musterrechnungen „vergessen“, sodass sich weitere Nachteile ergeben können.
Fondsfinanzierungen sollten Sie daher nur dann wählen, wenn Sie mögliche Finanzierungslücken entweder durch deutlich höhere Ansparraten oder durch andere Vermögenswerte abdecken können. Bei knapp bemessenem finanziellen Spielraum sollten Sie sich für die herkömmliche Bankfinanzierung mittels Annuitätendarlehen entscheiden. Im Übrigen haben Sie auch dabei stets die Möglichkeit, zusätzlich freie Gelder anderweitig – etwa in Form von Fondsanteilen oder Aktien – anzusparen und so ein Polster für eine schnellere Darlehensrückführung aufzubauen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(17):15-15