Zukunft des Gesundheitswesens

Drei Fragen an Dr. Markus Söder


Dr. Christine Ahlheim

Dr. Markus Söder ist Staatsminister im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit.

? Welche Rolle werden die freien Heilberufe und insbesondere die Apotheker aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung in den kommenden Jahren spielen?

Wir wissen den großen Wert der unabhängigen Apotheken vor Ort zu schätzen. Sie bieten eine sichere und patienten­nahe Arzneimittelversorgung. Die Patienten erhalten in den Apotheken vor Ort eine kompetente und persönliche Beratung. Internetapotheken können dies ebenso wenig leisten wie Wochenend- und Notdienste.

Die Bayerische Staatsregierung steht weiterhin zu den freien Heilberufen. Die Freiberuflichkeit muss gestärkt werden. So brauchen wir unabhängige und fachkompetente Apotheker, die Patienten vor Ort beraten und auf indi­viduell vorhandene Risiken achten.

Eine verlässliche Arzneimittelversorgung ist eine der tragenden Säulen in unserem Gesundheitssystem. Deshalb wollen wir ein Verbot des Ver-sandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Das vom Europäischen Gerichtshof bestätigte Fremdbesitzverbot darf nicht untergraben werden. Zudem muss die ausufernde, zentralistische Bürokratie abgebaut werden.

? Warum wäre es nicht gerechter, wenn zum Solidarausgleich in der Krankenversicherung – wie bei der Gesundheitsprämie vorgesehen – auch „Besserverdienende“ und Beamte beitragen würden?

Die Kopfpauschale ist nicht gerecht. Sie verletzt das grundlegende Prinzip des Sozialstaats! Danach gibt der Starke etwas mehr, damit der Schwache genauso gut be­handelt werden kann.

Mit der Kopfpauschale würden wir eine gigantische bürokratische Umverteilung in Gang setzen. Rund 40% der Kassenmitglieder würde man zu Sozialempfängern machen. Die milliardenschweren Kosten der Pauschale können realistischerweise nicht aus der Einkommensteuer erwirtschaftet werden. Es würde zu enormen Belastungen für Bürger und mittelständische Unternehmen kommen. Der Bundesfinanzminister hat doch ausgerechnet, dass es einen Spitzensteuersatz von 73% braucht, um die Kopfpauschale zu finanzieren.

? Wie könnte die Preisgestaltung bei Arzneimitteln zukünftig vereinfacht werden?

Wir wollen den einheitlichen Abgabepreis in allen Apotheken bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und den Apothekenfestzuschlag beibehalten. Das gilt auch für ausländische Versandapotheken. Für den Patienten hat das nur Vorteile: Er muss keinen zeitaufwändigen Preisvergleich zwischen einzelnen Apotheken anstellen, bevor er ein Rezept einlöst.

Grundsätzlich ist ein sofortiges Preismoratorium für Arzneimittel notwendig. Zudem brauchen die Krankenkassen ein Verhandlungsmandat gegenüber der Pharma­industrie. Dabei ist es wichtig, dass die Kassen gemeinsam über die Preise innovativer Arzneimittel verhandeln. Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin. Innovationen müssen den Versicherten aller Kassen zugutekommen – unabhängig von Alter, Einkommen, sozia­ler Herkunft.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(07):3-3