Ausscheiden eines Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis

Rückforderung des Weihnachtsgeldes


Jasmin Theuringer

Scheidet ein Mitarbeiter bis zum 31. März eines Jahres aus, muss er das Weihnachtsgeld zurückzahlen – so ist es in den Köpfen vieler Arbeitgeber verankert. Dies gilt jedoch nicht generell, sind doch u.a. die Voraussetzungen, unter denen die Zahlung erfolgte, zu berücksichtigen.

Die Rückzahlung kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn es sich bei der Zahlung um eine echte Gratifikation gehandelt hat. Jede Form der Arbeitsvergütung, die als Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit gezahlt wurde, kann aufgrund der Be­endigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückverlangt werden. Es ist also stets zwischen Vergütung und Gratifikation zu unterscheiden.

13. Gehalt oder Weihnachtsgeld?

Ob es sich tatsächlich um eine Gratifikation handelt, ist nicht allein aufgrund der Bezeichnung der Zahlung zu entscheiden. Wesentlicher sind die Voraussetzungen, unter denen die Zahlung geleistet wird bzw. gekürzt oder zurückverlangt werden kann. Teil der Vergütung eines Mitarbeiters, und damit keine Gratifikation, ist insbesondere das sog. 13. Gehalt. Ein 13. Gehalt ist Bestandteil des Jahreseinkommens, es ist nur hinsichtlich der Fälligkeit auf das Jahres­ende verschoben. Heißt es im Arbeitsvertrag zum Beispiel „Der Arbeitnehmer erhält eine jährliche Bruttovergütung in Höhe von 26.000 €, zahlbar in 13 monatlichen Raten“, so ist die im November ausgezahlte Sondervergütung ein 13. Gehalt, auch wenn sie in der Gehaltsabrechnung als Weihnachtsgeld bezeichnet wird. Ebenso spricht für ein 13. Gehalt und gegen die Annahme einer Gratifikation, wenn bei einem Ausscheiden des Mit­arbeiters während des laufenden Jahres das 13. Gehalt anteilig auszuzahlen ist.

Ebenfalls Teil des Entgelts für geleistete Arbeit ist jede Art der leistungsbezogenen Vergütung, auch wenn diese erst am Jahresende fällig wird. Erhält der Mitarbeiter also eine Tantieme, die beispielsweise vom Erfolg der Apotheke abhängig ist, so kann diese im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht zurückverlangt werden.

Mit der Bezeichnung „Weihnachtsgeld“ ist meist eine Gra­tifikation im klassischen Sinne gemeint, die nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung gezahlt wird, sondern in erster Linie die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen und ihn insbesondere auch zu weiterer Betriebstreue anhalten soll. Eine Gratifikation ist zudem weder von der Arbeitsleistung noch vom Unternehmenserfolg abhängig. Nur diese klassische Gratifikation darf im Arbeitsvertrag mit einer Rückzahlungsverpflichtung für den Fall verbunden werden, dass der Arbeitnehmer bis zu einem bestimmten Termin ausscheidet.

Regelung im BRTV

Der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) sieht in §18 eine spätestens im November fällige Sonderzahlung in Höhe eines tariflichen Monatsgehalts vor. Bei dieser Sonderzahlung handelt es sich nicht um eine klassische Gratifikation, sondern um eine Zahlung mit überwiegendem Vergütungs­charakter. So gibt §18 Ziffer 3 BRTV ausscheidenden Mitarbeitern in der Regel einen Anspruch auf anteilige Zahlung. Auch enthält der BRTV keine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel würde die Rechte des Arbeitnehmers aus dem Tarifvertrag beschneiden und wäre somit bei beiderseitiger Tarifbindung unzulässig.

Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln

Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Weihnachtsgel­des muss ausdrücklich vereinbart werden. Zahlt der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld ohne jede vertragliche Grundlage, so kann selbst derjenige, der am Tag nach der Auszahlung kündigt und zur Konkurrenzapotheke wechselt, das Weihnachtsgeld behalten. Es empfiehlt sich daher, im Arbeitsvertrag stets konkrete Regelungen zum Weihnachtsgeld zu treffen.

Die Gestaltung von Rückzahlungsklauseln unterliegt in mehrfacher Hinsicht den strengen Anforderungen der Rechtsprechung. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund von Rückzahlungs­klauseln nicht zu sehr an den Betrieb „gefesselt“ werden darf, da dies schließlich das Grundrecht auf Berufsfreiheit beschneidet. Die Dauer der zulässigen Bindungsfrist hängt von der Höhe der gezahlten Gratifikation ab. So entspricht es herrschender Rechtsprechung, dass eine Gratifikation in Höhe von bis zu 100 € in keinem Fall zurückverlangt werden darf. Bei Gratifikationen bis zur Höhe eines Monatsgehalts dürfen Mitarbeiter bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Jahres gebunden werden, bei höheren Gratifikationen bis längstens zum 30. Juni des Folgejahres.

Die Rückzahlungsklausel muss weiterhin die konkreten Beendigungsgründe berücksichtigen. So kann z.B. das Weihnachtsgeld nicht zurückverlangt werden, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung endet. In diesem Fall hatte der Mitarbeiter keine Gelegenheit, seine Betriebs­treue zu beweisen, er kann also auch nicht mit der Rückzahlung der Gratifikation bestraft werden. Der Mitar­beiter ist nur dann nicht betriebstreu und zur Rückzahlung verpflichtet, wenn er selbst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat. Dies kann etwa aufgrund einer Eigenkündigung oder einer verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung der Fall sein. Diese Unterscheidung zwischen verschulde-tem und unverschuldetem Ausscheiden muss aus der Formulierung der Rückzah­lungsklausel hervorgehen.

Weihnachtsgeld als freiwillige Leistung

Viele Arbeitgeber haben sich damit beholfen, die Zahlung des Weihnachtsgeldes als freiwillige Leistung zu bezeichnen, um ggf. die Zahlung aussetzen bzw. kürzen zu können oder diejenigen, deren Arbeitsverhältnis zum Fällig­keitszeitpunkt gekündigt ist, von der Zahlung auszunehmen. Ein Freiwilligkeitsvor­behalt kann jedoch nicht dazu genutzt werden, einzelnen Mit­arbeitern kein Weihnachtsgeld zu zahlen. Möglich ist allenfalls, die Zahlung für alle Mitarbeiter auszusetzen.

Besonders gründlich wollte ein Arbeitgeber vorgehen, der das Weihnachtsgeld als „freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung“ bezeichnet hatte. Darüber hinaus sollte es „jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar“ sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Klausel unlängst als unklar und damit unwirksam bezeichnet (Urteil vom 8. Dezember 2010, 10 AZR 671/09). Das Urteil überrascht, da im Grunde kein Arbeitnehmer mit einer solchen Formulierung im Arbeitsvertrag auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes vertrauen würde. Der Arbeitgeber hat durch die Formulierung „freiwillig“, „ohne jede rechtliche Verpflichtung“ und „widerrufbar“ klar zum Ausdruck gebracht, dass ein durchsetzbarer Anspruch auf diese Leistung in Zukunft gerade nicht bestehen soll. Das Bundesarbeitsgericht wiederholte jedoch seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Widerruf voraussetze, dass ein Anspruch zunächst einmal entstanden sei. Die Zahlung könne daher nicht freiwillig sein. Zudem könne „die Klausel auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbrin­gung der Leistung verpflichten wollte“. Damit sei die Klausel nicht klar und verständlich, somit also unwirksam.

Die bislang nur als Presse­mitteilung vorliegende Urteilsbegründung ist wenig nachvollziehbar. Als Konsequenz hieraus sollte jedoch ein Freiwilligkeitsvorbehalt so klar und verständlich wie möglich formuliert und auf einen Widerrufsvorbehalt verzichtet werden.

Jasmin Theuringer, Rechts­anwältin,
Bellinger Rechts­anwälte und Steuerberater,
40212 Düsseldorf,
E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(06):10-10