Steuer-Spartipp

Erstmalige Berufsausbildung/Erststudium: Kosten weiterhin voll geltend machen


Helmut Lehr

Sonderausgabenabzug „täuscht“ oftmals

Steuerpflichtige sollten sich nicht von dem eigentlich recht ordentlichen Höchstbetrag von 6.000€ blenden lassen. Ein Sonderausgabenabzug wirkt sich nämlich tatsächlich nur steuergünstig aus, wenn auch entsprechend hohe „reguläre“ Einkünfte versteuert werden, was bei vielen Studenten gar nicht der Fall ist. Somit geht die Abzugsmöglichkeit nicht selten verloren. Schließlich profitieren Studenten mit Ferienjobs in besonderem Maße vom steuerlichen Grundfreibetrag und Einnahmen aus Minijobs sind in der persönlichen Einkommensteuererklärung gar nicht zu erfassen.

Hinweis: Könnten die Aufwendungen hingegen stets als vorweggenommene Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Hinblick auf die nach dem Studium angestrebte Tätigkeit geltend gemacht werden, käme die Feststellung eines steuerlichen Verlusts in Betracht, der in späteren Jahren mit entsprechenden Einkünften steuerwirksam verrechenbar wäre.

Bereits eine Woche nach Verabschiedung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes wurde ein erstes „Musterverfahren“ gegen die Neuregelung beim Finanzgericht Baden-Württemberg3) anhängig. Geklagt hat ein Pilot, der die Aufwendungen für seine äußerst kostspielige Ausbildung in voller Höhe als Werbungskosten geltend macht und eine frühzeitige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht wünscht4).

Hinweis: Generell ist daher anzuraten, nach wie vor die vollen Kosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzusetzen, ablehnende Bescheide mittels Einspruch anzufechten und ein Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf die Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg zu beantragen.

Unterschiedliche Fallgestaltungen beachten

Steuerpflichtige sollten allerdings berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Ausbildungs­kosten verschiedene Fälle vorliegen können, die auch durchaus differenziert zu betrachten sind:

  • Wie oben erwähnt, ist bei der „klassischen Lehre“ oder (z.B.) dem Studium eines Beamtenan­wärters nach wie vor der volle Werbungskostenabzug mög­lich, da die Neuregelungen für Ausbildungsdienstverhältnisse keine negativen Auswirkungen haben.
  • Wer neben seiner Ausbildung bzw. seinem Studium nennenswerte Einkünfte erzielt (ggf. zusammen mit seinem Ehegatten) und Kosten von maximal 6.000€ bzw. – bis 2011 – maximal 4.000€ vorweisen kann, braucht unter Umständen ebenfalls nichts zu veranlassen. Wirkt sich der Sonderausgabenabzug bereits in voller Höhe steuermindernd aus, bringt ein Einspruch zwecks Berücksichtigung der Aufwendungen als Betriebsausgaben/Werbungskosten keine weiteren Vorteile. Mangels „Beschwer“ würde er sogar vermutlich als unzulässig zurückgewiesen werden.
  • Werden hingegen keine oder nur geringe steuerpflichtigen Einkünfte erzielt, sodass der Sonderausgabenabzug zumindest teilweise ins Leere geht, sollten die Aufwendungen als Werbungskosten (ggf. als Betriebsausgaben) geltend gemacht und eine Verlustfeststellung beantragt werden.
  • Die Ausgaben sollten natürlich auch dann als Werbungskosten/Betriebsausgaben angesetzt werden, wenn sie höher sind/waren als der jeweils gültige Höchstbetrag für den Sonderausgabenabzug (6.000€/4.000€).


Hinweis: Generell wird es in vielen Fällen sinnvoll sein, vorab ein klärendes Gespräch mit dem steuerlichen Berater zu führen, um später keine Rechtsnachteile zu erleiden. Wer die Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend macht, sollte dem Finanzamt bereits mög­lichst konkret die später beabsichtigte gewerbliche/selbstständige Tätigkeit darlegen können.

Übrigens: Mit Urteil vom 3. November 20115) hat das Finanz­gericht Niedersachsen Aufwendungen für ein Erststudium der Slawistik und Kunstpädagogik in Höhe von 10.700€ als vor­weggenommene Betriebsausgaben anerkannt.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(03):18-18