Prof. Dr. Reinhard Herzog
Kein Kursrisiko
Genossenschaftsanteile haben einen Nennwert zwischen 52€ und 2.000€ (Deutsche Apotheker- und Ärztebank: 1.500€), vielfach sind auch anteilige Einzahlungen zulässig. Einen Börsenhandel gibt es ebenso wenig wie einen Zweitmarkt, d.h., Anteile werden von der jeweiligen Genossenschaft zum Nennwert ausgegeben und auch wieder zurückgenommen. Ein Kursrisiko wie etwa bei Aktien scheidet somit aus. Um eine Überfremdung oder unliebsame Einflussnahmen zu vermeiden, ist allerdings die Zahl der Genossenschaftsanteile je Anleger üblicherweise auf einige wenige bis maximal ca. 250 Anteile begrenzt.
Mitspracherecht der Anteilseigner
Mit der Mitgliedschaft ist eine ganze Reihe von Vorteilen verbunden. So haben die Anteilseigner einer Genossenschaftsbank ein Mitspracherecht bei der jährlichen Mitgliederversammlung: Sie können also – zumindest ansatzweise – über die Geschicke „ihrer“ Bank bestimmen und auch über die Ausschüttung sowie die Besetzung des Aufsichtsrats entscheiden. Lediglich bei größeren Genossenschaftsbanken ist die Mitbestimmung eingeschränkt, erfolgt hier doch lediglich eine Wahl der Vertreter für die Teilnahme an der Versammlung. Im Übrigen gilt bei Genossenschaftsbanken immer noch die Regel, dass jedes Mitglied eine Stimme hat. Die Zahl der Anteile spielt mithin keine Rolle.
Besondere Konditionen und Leistungen für Mitglieder
Einige Genossenschaftsbanken bieten ihren Mitgliedern aber auch Vorzugskonditionen etwa bei der Darlehensaufnahme oder beim Versicherungsabschluss. Oftmals werden am Ende eines Geschäftsjahres zudem Rückvergütungen gezahlt, die sich beispielsweise nach der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Instituts richten oder aber nach dem Zinsaufkommen des Instituts bemessen sind. Diese Rückvergütungen werden häufig automatisch wieder in langfristigen, meist allerdings nur sehr niedrig verzinsten Genussrechten angelegt, die Auszahlung erfolgt also nur auf ausdrücklichen Wunsch.
Einer der wichtigsten Vorteile ist jedoch die ausgeschüttete Dividende: Die meisten Genossenschaftsbanken zahlen heute zwischen 4,0% und 6,5% Dividende, im Durchschnitt wur-den zuletzt immer noch 5,45% überwiesen. Darüber hinaus erhalten die Genossen oftmals auch noch eine „Naturaldividende“: Bei der meist jährlichen Mitgliederversammlung – die in kleineren Orten noch eine besondere gesellschaftspolitische Bedeutung hat – bekommen die Teilnehmer in der Regel ein mehr oder minder opulentes Essen, das regelmäßig mehr wert ist als die Dividendenzahlung beispielsweise auf einen Genossenschaftsanteil.
Allerdings ist zu bedenken, dass ein Genossenschaftsanteil letztlich eine Unternehmensbeteiligung darstellt. So gibt es – das haben Mitglieder der Deutschen Apotheker- und Ärztebank bereits zu spüren bekommen – keine Garantie für die Dividendenzahlung: Sollte das Unternehmen schlecht wirtschaften, kann die Dividende gesenkt oder gar ganz gestrichen werden.
Dass dies jedoch bei den regionalen Banken die große Ausnahme ist, hat etwa die Berliner Volksbank bewiesen, die in ihrem Krisenjahr 1999 trotz eines hohen Bilanzverlusts und einer finanziellen Schieflage nach der Fusion mit der Grundkreditbank eG – Köpenicker Bank immerhin noch 2,5% Dividende ausgeschüttet hat. Allein schon aus Imagegründen hatte sich die Sicherungseinrichtung der Genossenschaftsbanken entschlossen, die Zahlung ebenso wie den Verlust des Instituts abzudecken, sodass kein Kunde zu Schaden gekommen ist.
Nachschussverpflichtung für die Genossen
In jedem Fall sollten sich Anleger jedoch darüber im Klaren sein, dass derartige Leistungen allein auf Kulanz beruhen, man sich also nicht darauf berufen kann. Im Gegenteil: Bei vielen Instituten haften Anleger im Fall einer Schieflage „ihrer“ Bank nicht nur mit ihrer Einlage, sondern müssen – zumindest theoretisch – sogar eine Nachschussverpflichtung erfüllen. Diese kann bis zum Dreifachen des Nominalwerts des Anteils reichen, also bei 500€ Nominalwert bis zu 1.500€.
Schwieriger als der Beitritt zu einer Genossenschaftsbank ist der Verkauf von Anteilen – der im Übrigen auch vergleichsweise selten ist. Eine Kündigung der Geschäftsanteile ist zwar jederzeit möglich, sie wird aber erst am Ende des Geschäftsjahres gültig. Zudem wird das Guthaben aus den gekündigten Genossenschaftsanteilen erst nach der nächsten Generalversammlung ausgezahlt, sodass im Einzelfall mehr als 18 Monate bis zur Kapitalrückzahlung vergehen können. Beim Tod eines Genossen geht die Mitgliedschaft auf die Erben über und endet mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Ausgezahlt wird generell nur das ursprüngliche Geschäftsguthaben, nicht ein eventuell höherer Anteil am aktuellen Eigenkapital der Bank.
Beteiligung als „Imagefaktor“
Bei einer Beteiligung an einer Genossenschaftsbank wird mithin der Geldanlagecharakter nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Dividende in Form der Ausschüttung und des Essens ist zwar in den meisten Fällen attraktiv, allein schon die Begrenzung der Zahl der Anteile, aber auch die Nachschusspflicht und die schwierigen Verkaufsmöglichkeiten erlauben jedoch keine umfangreicheren Vermögensdispositionen.
Durchaus interessant ist die Beteiligung hingegen aus Imagegründen. Nicht zuletzt ermöglicht sie zumindest ansatzweise einen Blick „hinter die Kulissen“ des ansonsten meist anonymen Bankenapparates.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(06):15-15