Lebensversicherungen

Der Zweitmarkt steckt voller Risiken


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die niedrigen Zinsen haben ihre Spuren am Zweitmarkt für Kapitallebensversicherungen hinterlassen: Der Handel „gebrauchter“ Policen ist praktisch zum Erliegen gekommen. Hin­gegen mehren sich unseriöse Angebote, an denen allein der Aufkäufer verdient.

Kaum noch Ankäufe

Während altgediente Firmen wie Cashlife jetzt auf Ankaufswünsche sehr restriktiv reagieren, mehrt sich jedoch die Zahl der als problematisch einzustufenden Aufkäufer. So findet man immer häufiger Offerten mit Ratenzahlung: Der Versicherte erhält anfangs nur einen Teil der Ankaufssumme, der Rest wird entweder in regelmäßigen Raten oder nach einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren ausgezahlt. Und dabei wird meist nicht einmal die Gesamtsumme festgeschrieben, sondern die Zahlungen werden in Abhängigkeit zur Wert­entwicklung der Police gesetzt. Der Aufkäufer entledigt sich damit jeden Risikos: Zahlt der Versicherer weniger als zunächst erwartet, geht dies allein zulasten des Kunden. Im Übrigen sind die Vertragsbedingungen oft sehr einseitig zugunsten des Auf­käufers gehalten. Nicht selten kommt das böse Erwachen, wenn die Police dann wesentlich weniger bringt als zunächst in Aussicht gestellt.

Keineswegs selten sind auch Fälle, in denen die Erlöse gar nicht ausgezahlt werden, sondern direkt in andere Anlageobjekte investiert werden sollen. Hier sind die Kosten jedoch so hoch, dass der Anleger in jedem Fall einen Verlust erleidet – selbst wenn er zunächst etwas mehr Geld gutgeschrieben bekommt als beim Sofortankauf durch den Zweitmarkthändler. Und auch steuerlich finden sich manche Tricks: So wird oft – erkennbar erst bei der Abrechnung – eine Summe als Äquivalent für die Kapitalertragsteuer abgezogen, die sich der Kunde aber nicht auf seine persönliche Steuer anrechnen lassen kann.

Ein Ausstieg aus einer bestehenden Kapitallebensversicherung erfordert daher eine sorgfältige Planung. Zu prüfen ist insbesondere der von der Gesellschaft gebotene Rückkaufswert, aber auch Alternativen – z.B. Beleihung, Beitragsfreistellung oder Umwandlung in eine Risikolebensversicherung – sind in Betracht zu ziehen. Findet sich ein potenzieller Aufkäufer, sollte der vereinbarte Betrag in einer Summe zur Auszahlung kommen und frei von weiteren Abzügen sein. Auch bei der Übertragung ist Zurückhaltung geboten: Wer vor der Zahlung bereits Vollmachten erteilt, läuft Gefahr, dass ein unseriöser Aufkäufer die Police auflöst und dann von der Bildfläche verschwindet.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(21):16-16