Prof. Dr. Reinhard Herzog
Hohe Schwankungen bei Nebenwerten
Noch größer waren die Ausschläge beim Nebenwerteindex MDAX, der sich bei einer Jahresperformance von +35% insgesamt jedoch weitgehend analog zum DAX entwickelte. Hier waren die Spitzenreiter die Aktien des Bezahl-Fernsehanbieters Sky Deutschland (+188%), des Wohnungsbaukonzerns Gagfah (+123%) sowie des Industriekonzerns KUKA (+96%), den wir in der AWA-Ausgabe Nr. 6 vom 15. März 2011 als Wertpapier im Test präsentiert hatten und der seitdem eine hervorragende Performance erreichen konnte. Auch auf der Verliererliste finden sich jedoch bekannte Namen: Hier ist u.a. der unter der Solarproblematik leidende Wacker Chemiekonzern mit einem Minus von fast 19% zu nennen, aber auch bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (–21%) sowie bei SGL Carbon (–21%) waren die zunehmenden Konjunktursorgen in Deutschland erkennbar.
Neben der Deutschen Börse entwickelten sich auch andere europäische Börsen im Jahresverlauf 2012 unter Schwankungen überaus positiv. Besonders erfolgreich waren etwa Dänemark mit einem Wachstum von 28% sowie Österreich (+27%) und Polen (+25%). Unter den großen internationalen Börsen legte der Hongkonger Aktienmarkt ebenso wie die Börse in Tokio 23% zu. Im Mittelfeld rangierten indes Australien mit einem Wertzuwachs von 15% und der amerikanische Dow-Jones-Index, der lediglich 6% zulegen konnte. Auf der Verliererseite finden sich auch für 2012 der südafrikanische Goldminenindex mit einem Rückgang von 18%, aber auch der slowakische SAX gab um 12% nach.
Charttechnischer Widerstand
Kernfrage ist jetzt die mögliche weitere Entwicklung. Beim DAX ist der Aufschwung aus charttechnischer Sicht vorerst noch ungebrochen, auch der Gleitende 200-Tage-Durchschnitt ist nach oben gerichtet. Zum Problem könnte sich die Marke von 8.000 Punkten entwickeln, die nunmehr bereits zweimal erreicht, aber noch nicht nachhaltig überschritten wurde. Gelingt dem Index auch diesmal kein stärkerer Anstieg, droht möglicherweise ein neuerlicher Rückschlag. Anderenfalls würde eine Erholung über 8.000 Punkte den Weg frei machen für neue Höchststände, die von Optimisten auf bis zu 10.000 Punkte taxiert werden.
Aus fundamentaler Sicht ist das Bild zweigeteilt. Die meisten Analysten erwarten derzeit einen zumindest leichten wirtschaftlichen Abschwung, der erstmals auch den deutschen Markt stärker erfassen könnte. Sinkende Unternehmensgewinne würden jedoch auch an der Kursentwicklung nicht spurlos vorübergehen. Weitere Belastungsfaktoren sind die anhaltenden Probleme aus der Schuldenkrise, wobei sich hier in den vergangenen Monaten doch eine gewisse Erleichterung abgezeichnet hat.
Dem steht als positiver Indikator die anhaltend hohe Liquidität gegenüber, für die es derzeit kaum „vernünftige“ Anlagealternativen im Zinsbereich gibt. Denn schließlich erzielen Aktien oftmals eine überaus attraktive Dividendenrendite, was sie unabhängiger von marktbedingten Kursschwankungen machen kann. Manche Analysten sprechen mittlerweile sogar von einem „goldenen Börsenjahrzehnt“, aus dem Sachwerte wie etwa die Aktie mit hohen Gewinnen hervorgehen könnten.
Bei der Titelauswahl sollte das Augenmerk in erster Linie auf solide, konjunkturresistente Unternehmen gelegt werden, insbesondere aus dem Deutschen Aktienindex DAX. Als eher spekulative Elemente können „gefallene Engel“ beigemischt werden, die in den vergangenen Monaten hohe Kursverluste verzeichnet haben, aber dennoch relativ solide aufgestellt sind. Vergleichbares gilt auch für Nebenwerte, wobei jedoch hier die größere Konjunkturanfälligkeit zu beachten ist.
Interessanter als deutsche Papiere könnten im Jahr 2013 europäische Titel werden, die in den vergangenen beiden Jahren aufgrund der zunehmenden Konjunkturängste eine deutliche Unterperformance erzielt haben. Insbesondere dann, wenn die Gewinnsituation eines Unternehmens weiterhin positiv ist, bieten sich hier oftmals interessante Einstiegschancen. Ohne konkrete Titelauswahl kommt daneben ein Investment in den EuroStoxx50-Index in Betracht. Allerdings ist – wie auch beim deutschen Markt – im Jahr 2013 mit möglicherweise erheblichen Schwankungen zu rechnen. Insbesondere im zweiten Quartal, wenn die Unternehmenserwartungen publiziert werden, kommt es häufig zu einer schwächeren Börsentendenz.
US-Aktien als Depotbeimischung
Außerhalb Europas richten Anleger zunehmend ihren Fokus auf den amerikanischen Markt. Nachdem im Jahr 2012 eine eher gemischte Performance erreicht wurde, werden für 2013 wieder höhere Zuwachsraten erwartet. Profitieren könnte ein Investment zudem zumindest vorerst noch von einem möglichen Anstieg des US-Dollars.
Sehr unterschiedlich sind die Meinungen schließlich zur japanischen Börse, die sich praktisch seit 1990 tendenziell auf Talfahrt befindet. Nachdem die Wirtschaft weiter unter zahlreichen Problemen – u.a. dem starken japanischen Yen und der abnehmenden Attraktivität japanischer Produkte an den internationalen Märkten – leidet, werden für 2013 kaum spekulative Gewinne erwartet. Insbesondere die Konkurrenz durch China dürfte dem Markt auch in den kommenden Jahren zu schaffen machen. Kaum eine Alternative ist allerdings ein Investment an der Börse in Shanghai, denn auch hier geben die Notierungen seit mehreren Jahren unter Schwankungen nach. Belastet wird die Lage zum einen durch eine bisher nie gesehene Flut von Neuemissionen, die das ausreichend vorhandene Kapital schnell aufzehrt, zum anderen durch zunehmende Ängste vor einem möglicherweise massiven Konjunktureinbruch. Günstiger positioniert ist hingegen die Börse in Hongkong, die nach einer mehrjährigen Pendelbewegung 2013 durchaus Potenzial für einen zumindest temporären Anstieg haben sollte.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(03):12-12