Helmut Lehr
Gesetzesänderung bereits erfolgt
Entsprechend den richterlichen Vorgaben hat sich der Gesetzgeber beeilt und die Entscheidung bereits durch eine Änderung des Einkommensteuergesetzes umgesetzt2). Danach sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden – und zwar in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.
Hinweis: Damit ist im Einzelfall auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte rückwirkende Anwendung ab dem Jahr 2001 möglich – selbstverständlich aber nur, wenn die Lebenspartnerschaft bereits in den vergangenen Jahren eingegangen worden ist.
Automatisierte Umsetzung problematisch
Die Finanzverwaltung steht derzeit noch vor einer ganzen Reihe technischer Umsetzungsprobleme, deren Lösung/Abstimmung zwischen Bund und Ländern wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. So steht z.B. noch gar kein Anredeschlüssel für „Herr/Herr“ oder „Frau/Frau“ für die erstmalige Anlage des Steuerfalls zur Verfügung. Dennoch müssen schon jetzt gemeinsame Steuernummern vergeben und eingereichte Erklärungen bearbeitet werden.
Liegen dem Finanzamt für beide Lebenspartner bereits separate Steuererklärungen vor, sollen die Veranlagungsbeamten die Besteuerungsgrundlagen für die Zusammenveranlagung daraus entnehmen, ohne nochmals die Abgabe einer gesonderten Erklärung zu verlangen.
Hinweis: Liegt bislang nur die Erklärung eines Partners beim Finanzamt vor, soll es von der Behörde nicht beanstandet werden, wenn lediglich die fehlenden Besteuerungsgrundlagen des anderen auf amtlichen Vordrucken nachgereicht werden3).
Erstattungsanspruch und Nachzahlungen
Das steuerliche Verfahrensrecht kennt keine Gesamtgläubigerschaft eines Erstattungsanspruchs aus einer Zusammenveranlagung. Deshalb müssen die Finanzämter ermitteln, auf welche Bankverbindung gegenüber beiden Lebenspartnern schuldbefreiend überwiesen werden darf. Wurde in der gemeinsamen Steuererklärung bereits ein Konto benannt, wird das Finanzamt auf dieses Konto auszahlen.
Hinweis: Führt die Zusammenveranlagung zu einer Nachzahlung, gelten beide Partner als Gesamtschuldner. Das Finanzamt könnte die Leistung praktisch von jedem einfordern, insgesamt allerdings (natürlich) nur einmal.
Splittingvorteil womöglich niedriger als erwartet
Lebenspartner dürfen sich nicht zu früh auf eine üppige Steuererstattung freuen, weil diese in bestimmten Fällen noch deutlich gemindert werden kann. Waren nämlich bisher Unterhaltszahlungen an den anderen Lebenspartner unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung abziehbar, sind diese bei einer Zusammenveranlagung nicht mehr begünstigt. Der Splittingvorteil mindert sich daher ggf. um die bisherige Steuerentlastung für Unterhaltsleistungen nach §33a Absatz 1 Einkommensteuergesetz.
Lohnsteuerklassen
Eingetragene Lebenspartner können nunmehr wie Ehegatten zwischen den Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV (ggf. mit Faktor) wählen. Allerdings wird die Identifikationsnummer des Lebenspartners zurzeit mangels gesetzlicher Regelung u.a. im Melderechtsrahmengesetz offenbar noch nicht der ELStAM-Datenbank zur Verfügung gestellt. Aus diesem Grund bleibt der steuerliche Familienstand bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen bis auf Weiteres bei „ledig“. Bis hier eine entsprechende technische Umsetzung gewährleistet ist, muss die Vergabe der „Ehegatten-Steuerklassen“ III/V und IV/IV (ggf. mit Faktor) ausschließlich durch Ausstellung einer (besonderen) Bescheinigung für Lohnsteuerzwecke abgewickelt werden.
Hinweis: Arbeitgeber haben zu beachten, dass die Finanzverwaltung den ELStAM-Abruf der betroffenen Arbeitnehmerdaten zunächst offenbar voll sperren wird, deshalb muss insoweit bis auf Weiteres auf die manuelle Lohnsteuerbescheinigung zurückgegriffen werden.
Selbstverständlich können Lebenspartner nun nicht gegen ihren Willen in den Splittingtarif gedrängt werden, vielmehr steht es ihnen frei, zwischen einer Einzelveranlagung und einer Zusammenveranlagung (mit Splittingtarif) sowie weiteren besonderen Veranlagungsarten4) zu wählen.
Hinweis: Die Einzelveranlagung wird bereits dann durchgeführt, wenn nur einer der Lebenspartner dies beantragt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(18):18-18