Finanzierungen

Teurer Dispositionskredit


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Geht es um Guthabenzinsen, geben sich Banken und Sparkassen zugeknöpft: 0,5% bis 1,5% vergüten sie auf längerfristige Anlageformen, Sparkunden werden oft mit 0,1% abgespeist. Beim Dispokredit wird indes kräftig kassiert, bis zu 20% können hier anfallen. Etwas Planung lohnt sich.

Schnelle Zusagen

Kein Wunder, dass Bankkunden diese Kreditaufnahme von den Instituten besonders leicht gemacht wird. „Schnell und diskret“ – so die Devise einer deutschen Großbank – wird der Disposi­tionskredit auf dem Girokonto eingeräumt. Maßgeblich für die Höhe der Überziehungsmöglichkeit ist der monatliche Geldeingang, ob dieser nun aus Gehaltszahlungen oder anderen Einnahmen stammt. Mindestens einen Monatseingang können Hausfrauen, Auszubildende und Studenten ihr Konto überziehen, mindestens drei Monatseingänge sind bei Angestellten selbstverständlich, mindestens vier bis sechs Monatseingänge erhalten Beamte und bonitätsstarke Selbstständige eingeräumt. Keineswegs selten sind aber auch Fälle, in denen der Bankcomputer automatisch bis zu zehn Monatseingänge anbietet.

Der Weg in die Schuldenfalle ist damit vorprogrammiert. Studien belegen, dass immer mehr Kontoinhaber den Dispositionskredit nicht als Darlehensaufnahme betrachten, sondern als „erweitertes Guthaben“. Die Folge: Der Kreditrahmen wird stets aus­gereizt, manchmal sogar über­zogen. Auch die Zinsbelastung wird in ihrer effektiven Höhe kaum wahrgenommen, schließlich erfolgt die Kostenberechnung – „kundenverträglich“ – in Form von monatlichen oder allenfalls vierteljährlichen Abrechnungen. Zudem mindern Tage mit größeren Zahlungseingängen die Höhe der Überziehungszinsen.

Für Banken und Sparkassen ist dies ein gutes und vor allem bequemes Geschäft. Denn während sie bei jedem kleinen Festgeld mit dem Kunden um die Kondi­tionen verhandeln müssen, sind Kundenanfragen zur Kontoüberziehung die große Ausnahme. Dabei lohnt sich gerade hier das Verhandeln mit dem zuständigen Mitarbeiter von Sparkasse oder Bank. Dies beginnt bei der Höhe des vereinbarten Dispositionskredits, bei der – entgegen landläufiger Meinung – durchaus Spielräume bestehen: Selbst wenn das Konto überwiegend auf Guthabenbasis geführt wird, sollte ein ausreichend hoher Kreditrahmen vorgesehen werden, um so die unliebsame und teure Überraschung eines Überziehungsaufschlags zu vermeiden. Dabei sollte man sogar weiter gehen als erforderlich: Zum einen ist die Einräumung eines Kreditlimits mit keinen Kosten verbunden. Zum anderen sagt ein altes Sprichwort „Kredit bekommt nur, wer eigentlich keinen braucht“. Sollte man eines Tages in die Lage kommen, auf einen Dispositionskredit tatsächlich dringend angewiesen zu sein, ist man in einer wesentlich schlechteren Verhandlungsposition als in Fällen, in denen der Kreditrahmen lediglich vorsorglich vereinbart wird.

Achten sollte man in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Kreditspielraum nicht nur mündlich zugesagt bzw. gebilligt, sondern schriftlich fixiert wird. Nur dann, wenn der Computer die tatsächliche Höhe des Dispositionskredits „kennt“, entspricht die Zinsbelastung den geltenden Sätzen. Hingegen führt die „stillschweigende Duldung“ stets zu teuren Überziehungskosten.

Ein weiterer Punkt ist der Zinssatz selbst. Gerade erfolgreiche Selbstständige mit hohem Einkommen und gesicherter Bonität sollten sich keinesfalls mit den Standardkonditionen abfinden. Unter Hinweis auf die Sicherheit des Darlehens lassen sich die Zinsen oftmals deutlich unter die 10%-Marke drücken. Können dann noch Sicherheiten ange­boten werden, sind Zinssätze im Bereich zwischen 6,5% und 8,5% durchaus realistisch.

Dennoch sollte ein Dispositionskredit keinesfalls zur Dauer­finanzierung des Lebensunterhalts oder des Konsums dienen. Denn selbst mit Zugeständnissen bei den Zinsen ist er immer noch teurer als die meisten anderen Finanzierungsformen. Sollte das Geld länger als ein Jahr benötigt werden, empfiehlt sich daher die Umschuldung in ein Bankdarlehen, das in der Regel feste monatliche Raten vorsieht.

Doch auch hier gibt es Unterschiede: Nur allzu gerne verkaufen Banken und Sparkassen „Allzweckdarlehen“ mit Laufzeiten zwischen 12 und 72 Monaten, die mit einer einmaligen Bearbeitungsgebühr von meist 2,0% und einem Monatszins von durchschnittlich 0,45% auf die gesamte Kreditsumme angeboten werden. Solche Darlehen sind mit einem oft zweistelligen Effektivzins aber immer noch teuer.

Gerade Selbstständige haben die Möglichkeit, ab gewissen Mindestbeträgen (je nach Institut zwischen 5.000€ und 10.000€) auch ein Tilgungsdarlehen aufzunehmen. Hier wird ein fester Jahreszinssatz vereinbart, Zins- und Tilgungsraten werden – ähnlich wie bei einer Immobilienfinanzierung – meist in Form monatlicher oder vierteljährlicher Raten geleistet. Möglich sind auch Festdarlehen, bei denen die Tilgung in einer Summe – etwa aus einer freien Kapital­lebensversicherung – erfolgt. Obwohl mit derartigen Darlehen für das Institut ein höherer Verwaltungsaufwand verbunden ist, liegen die Zinsen bei entsprechender Besicherung durchaus im Bereich zwischen 5,5% und 7,5%.

Sicherheiten drücken den Zins

Entscheidend für die Höhe des Zinses sind insbesondere die gebotenen Sicherheiten: Wird das Darlehen „blanko“ – also nur auf den „guten Namen“ des Kunden hin – gewährt, ist der Zinssatz hoch. Kann hingegen z.B. eine Lebensversicherungspolice oder eine andere werthaltige Geldanlage als Sicherheit gestellt werden, reduziert sich der Zins beträchtlich. Steht gar eine freie Grundschuld auf eine Immobilie zur Verfügung, sind zahlreiche Kreditinstitute sogar bereit, für das Darlehen die im Immobilienfinanzierungsbereich geltenden Konditionen anzuwenden.

Um steigende Belastungen frühzeitig zu vermeiden, lohnt sich auch eine gewisse „Darlehens­disziplin“. Bereits vor der Dar­lehensaufnahme ist zu prüfen, ob die erforderlichen Mittel nicht anderweitig, z.B. aus dem Verkauf von Wertpapieren, aufgebracht werden können. Denn hier liegt der erzielbare Ertrag stets niedriger als der Zins, den das Darlehen letztlich kostet. Zur „Darlehensdisziplin“ gehört aber auch, dass die persönlichen Ausgaben nach einer erfolgten Umschuldung von einem Disposi­tionskredit in ein Tilgungsdarlehen kontrolliert werden. Fälle, in denen ein Dispokredit umgeschuldet wird, die Zins- und Tilgungsraten für das neue Dar­lehen jedoch wiederum mittels neuem Dispokredit finanziert werden, sind keineswegs selten.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(22):16-16