Personalstrategie

Auswahl und Einsatz von Verkaufspersonal


Karin Wahl

Neben dem Schaufenster ist das Apothekenteam die Visitenkarte der Apotheke und bestimmt, ob sich ein Kunde wohlfühlt und gerne wiederkommt. Insbesondere hinsichtlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im HV gilt es dabei, gewisse Aspekte zu berücksichtigen.

Aufgabe des Apothekenleiters oder des Filialleiters mit Personalkompetenz ist es, die richtigen Mitarbeiter zu finden und diese entsprechend des speziellen Bedarfs der Apotheke zu „formen“. Nicht überall werden dabei die gleichen Strategien verfolgt. In einigen Apotheken etwa wird den Kunden ein Moment Zeit gelassen, um sich umzuschauen. In anderen Apotheken wiederum sollen die Kunden sofort angesprochen und bedient werden.Neue Mitarbeiter müssen sich daher immer wieder umstellen. Denn bei allen Mitarbeitern mit Kundenkontakt haben die wesentlichen Vorgänge gleich abzulaufen. Dies sollte im QMS-Ordner festgehalten werden, damit sich neue Mitarbeiter daran orientieren können.

Als Chef Vorbild sein

Es gibt das Sprichwort „Der Fisch stinkt vom Kopf“. Leider trifft dies auch immer wieder auf Apothekenleiter zu. Das Problem ist, dass diese als Vorbild angesehen werden. Somit werden „schlechte Eigenschaften“ schnellvon den Mitarbeitern übernommen, beispielsweise Unfreundlichkeit, die Angewohnheit, Kunden stehen zu lassen, weil man gerade „Wichtigeres“ zu tun hat oder das laut vernehmbare Führen von langen Privatgesprächen mit Kunden bei voller Offizin. Dann darf man sich nicht wundern, wenn die Apotheke den Ruf bekommt, dass man dort unfreundlich und unlustig bedient wird.

Junge Apothekenleiter sind dabei recht anfällig für diese „Chef-Allüren“. Deshalb der Rat: Seien Sie Vorturner für Ihr Team! Bedienen Sie die Kunden so, wie Sie wünschen, selbst von Ihren Mitarbeitern bedient zu werden. Zeigen Sie, dass Sie nicht nur Chef, sondern auch eine gute HV-Kraft sind! Dabei reicht es, wenn Sie stundenweise im Handverkauf sind, damit für die wichtigen Führungsaufgaben noch genügend Zeit bleibt.

Personalauswahl

Bei der Personalauswahl sollte man berücksichtigen, dass jede Apotheke ihre ganz eigenen Merkmale hat. Dies betrifft u.a.

  • den Auftritt,
  • den Anspruch,
  • die Kundenstruktur,
  • die Kundenfrequenz,
  • die technische Ausrüstung im Bereich der EDV und Logistik,
  • die Altersstruktur der Kunden und Mitarbeiter sowie
  • die Teilsortimente.

Somit sollten die Bewerber auf Herz und Nieren geprüft werden, bevor man sie einstellt. Denn sie müssen zur Apotheke passen! Der Spruch „Man kann alles lernen“, mag dabei für einige Mitarbeiter zutreffen, er gilt jedoch nicht generell, wie einige Beispiele verdeutlichen:

Beispiel 1: Eine PKA, die sich seit zehn Jahren nur um ihre Kinder gekümmert hat und nun wieder in den Beruf einsteigen möchte, sollte nicht gleich als hauptverantwortliche Person in der Warenbewirtschaftung benannt werden. Vielmehr ist es sinnvoll, sie zunächst durch EDV-Schulungen „fit“ zu machen. Sind die Kinder noch sehr klein, muss garantiert werden, dass diese in einer Kita oder bei einer Tagesmutter gut versorgt sind. Das kann man als Chef durchaus auch finanziell fördern. Aber die Erfahrung lehrt, dass Mütter sofort ausfallen, sobald die Kleinen krank werden! Deshalb sollte man diesen Wiedereinsteigern Chancen bieten, aber keine Hauptverantwortung übertragen! Das gilt übrigens für alle Apothekenberufe.

Beispiel 2: Eine PTA hat sehr gute Zeugnisse, ist aber eher zurückhaltend und ein sehr natürlicher Typ. Sie wird sich voraussichtlich in einer Lauflagen- Apotheke mit hohem Anteil an Kosmetik im Handverkauf nicht wohlfühlen und bei den Kunden als wenig glaubwürdig empfunden, wenn sie selbst erkennbar keine Kosmetik verwendet. Eher wird sie hier im Bereich Rezeptur, Labor, Heimbelieferung, Verblisterung oder als QMS-Zuständige ihren Platz finden. Natürlich muss sie auch im Handverkauf mitarbeiten – aber eben erst als nachrangig eingesetzte HV-Kraft.

Beispiel 3: Eine sehr kompetente Approbierte mit viel Erfahrung im Bereich Komplementärmedizin kann ihr Wissen und ihre Kompetenz nur in einer Apotheke ausspielen, die dieses Sortiment auch mit Überzeugung anbietet. Die Kunden merken sehr schnell, ob Bediener hinter Produkten stehen oder nicht. Will ein Kunde ein Präparat nachkaufen, das ihm diese Approbierte empfohlen hat und gerät er nun an einen anderen Bediener, der dies kommentiert mit „Naja, man hat dazu noch keine wissenschaftlichen Beweise, aber wenn Sie daran glauben und es geholfen hat, ist es die Hauptsache!“, ahnt man, welche Konflikte sich aufbauen...

Besonderheiten bei Berufsanfängern

Berufsanfänger sind häufig unsicher und fühlen sich mit der Vielzahl an Vorgängen schnell überfordert. Das erhöht die Fehleranfälligkeit! Da die Komplexität in der Apotheke mit all ihren gesetzlichen Vorschriften, Formalien, technischen Hilfsmitteln und immer anspruchsvolleren Kunden zunimmt, muss man einem jungen Menschen die Dinge peu à peu nahebringen, damit er nicht gleich frustriert ist. Dabei bietet es sich an, wie folgt vorzugehen:

  • Der neue Mitarbeiter wird zuerst im Backoffice eingesetzt, um ihn mit dem Warensortiment und der Logistik vertraut zu machen.
  • Beim Wegpacken von Waren darf ihm kein „Zacken aus der Krone brechen“, das gehört zur Orientierung im HV dazu und erleichtert ihm später das Finden der Produkte.
  • Ordnen Sie ihm einen persönlichen Tutor aus dem Team zu, der Geduld und Kompetenz hat und Dinge richtig erklären kann.
  • Sprechen Sie mit dem neuen Mitarbeiter als „Trockenübung“ die Kassenrezepte durch, etwa welches Medikament ist gegen welche Krankheit, wie wird es angewendet und was ist sonst zu beachten.
  • Lassen Sie ihn im Handverkauf zuerst als „Zuhörer und Zuschauer“ mitwirken und zuarbeiten, ehe Sie ihn dann selbst agieren lassen.
  • Eilen Sie ihm bei schwierigen Verkaufssituationen zu Hilfe und übernehmen Sie ggf. den Kunden.
  • Problemsituationen sollten sofort nachbesprochen und dabei sollte gemeinsam überlegt werden, wie man es künftig besser machen kann.
  • Üben Sie konstruktive Kritik und loben Sie, wenn der Neuling etwas gut gemacht hat.

So wird jeder neue Mitarbeiter in seine Aufgaben hineinwachsen und den Beruf mit Freude ausüben. Das früher oftmals recht gerne praktizierte „Ins- kalte-Wasser-werfen“ ist eine schlechte Strategie. Denn sie stresst den Neuling und kostet im schlimmsten Fall sogar Stammkunden, sollten Dinge aus dem Ruder laufen.

Abschließend noch eine Liste an erwünschten Zusatzeigenschaften der Verkaufskräfte – eine hervorragende fachliche Qualifikation, die laufend auf dem aktuellen Stand gehalten wird, natürlich vorausgesetzt:

  • persönliche Eignung und Neigung für das Einsatzgebiet,
  • hohe soziale und emotionale Kompetenz,
  • glaubwürdiger Auftritt,
  • Verhandlungsgeschick,
  • Geduld und die Fähigkeit, zuhören zu können,
  • rhetorische Fähigkeiten, richtige Fragetechniken,
  • gute Umgangsformen,
  • gepflegtes Äußeres,
  • hohe psychische Belastbarkeit (Resilienz),
  • Freude am Umgang mit Menschen jeder sozialen und ethnischen Herkunft,
  • Leistungsbereitschaft,
  • Teamfähigkeit,
  • Sensibilität für Menschen und Situationen,
  • Respektieren kultureller Unterschiede,
  • Sprachkenntnisse, zusätzlich zu den Standardsprachen auch in weniger traditionellen Sprachen,
  • schnelles Erkennen des Kundenbedarfs.

In wenigen Branchen neben der Apotheke muss man fast innerhalb von Sekunden erkennen, was für ein Mensch mit welchen Bedürfnissen vor einem steht. Der erste Kontakt mit dem Kunden ist daher entscheidend für die zukünftige Beziehung zu ihm. Dabei gilt: „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Unternehmensberatung e.K., 70195 Stuttgart, E-Mail: karin.wahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(19):9-9