Helmut Lehr
Bei Kurssprüngen von mehreren 100% bzw. Kurssteigerungen von über 1.000% in kurzer Zeit wird der Fiskus natürlich hellhörig. Auch wenn fraglich ist, ob steuerrelevante Gewinne/Umsätze im Bereich der Kryptowährungen derzeit überhaupt flächendeckend überprüft werden können, musste sich die Finanzverwaltung über kurz oder lang natürlich dazu äußern. Zwischenzeitlich liegen erste Verwaltungsanweisungen zu Bitcoins vor, sodass der steuerliche Rahmen zumindest grob abgesteckt werden kann.
Eine genaue Erklärung, wie die digitale Währung Bitcoin technisch funktioniert, würde hier den Rahmen sprengen. Dennoch zumindest so viel: Die Nutzer verfügen über ein persönliches „Konto“ („Wallet“), das auf dem Computer, Tablet oder Smartphone gespeichert wird. Wesentliches Element des Bitcoin ist die (Bitcoin-)Blockchain, eine dezentral organisierte Datenbank, die von mehreren Parteien betrieben wird. In einem klassischen (riesigen) Buchhaltungssystem wäre die Blockchain wohl das Hauptbuch – allerdings ohne dass man hier Daten zentral ablegt. Vielmehr werden in der Blockchain jeweils Transaktionsdaten miteinander verknüpft.
Sogenannte „Miner“ („Schürfer“) sichern und betreiben das zugehörige Netzwerk, in dem sie mehrere Transaktionen zusammenfassen und validieren. Sie „finanzieren“ sich u.a. durch Transaktionsgebühren, die derjenige entrichtet, der eine Bitcoin-Transaktion ausführt.
Spekulationsgewinne?
Nach Ansicht des Finanzministeriums Hamburg sind Bitcoins Spekulationsobjekte (Erlass vom 11.12.2017, Aktenzeichen: S 2256 – 2017/003 – S2). Die virtuelle Währung ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, weil es an einer Annahmepflicht fehlt.
Der Gewinn (oder Verlust) aus der Veräußerung von Bitcoins führt zu sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgeschäft!), sofern Erwerb und Veräußerung der „elektronischen Münzen“ innerhalb eines Jahres stattfinden. Ist die einjährige Spekulationsfrist beim Verkauf bereits verstrichen, darf der Fiskus nicht mehr zugreifen. Dies wird insbesondere die Bitcoinkäufer der „ersten Stunde“ erfreuen, die während der letztjährigen Hausse äußerst gewinnbringend veräußert haben.
Hinweis: Die Steuerpflicht von Spekulationsgewinnen aus Bitcoins innerhalb der Spekulationsfrist gilt nur, wenn das elektronische Geld nicht vom Verkäufer selbst generiert wurde. Andernfalls fehlt es nämlich am Tatbestandsmerkmal des „Erwerbs“.
Einsatz als Zahlungsmittel
Wer erworbene Bitcoins als Zahlungsmittel einsetzt (z.B. für die Bezahlung in einem Online-Warenhaus), wird steuerlich so behandelt, als ob er die Kryptowährung veräußert hätte. Das bedeutet: Liegt zwischen Anschaffung und Bezahlvorgang ein Zeitraum von weniger als einem Jahr, liegt ein Spekulationsgeschäft vor. Als Veräußerungspreis gilt dann nach Ansicht der Finanzverwaltung der Wert der im Gegenzug erhaltenen Waren oder Dienstleistungen. Gilt es nun, einen Gewinn (oder einen Verlust) zu ermitteln, werden die Anschaffungskosten natürlich vom „Veräußerungspreis“ abgezogen.
Hinweis: Wurden die Bitcoins in mehreren Tranchen angeschafft – und deshalb zwangsläufig auch zu unterschiedlichen „Kursen“ –, wendet die Finanzverwaltung die sogenannte Fifo-Methode (first in, first out) an. Dabei wird unterstellt, dass die zuerst gekauften „elektronischen Münzen“ auch zuerst verkauft bzw. zur Bezahlung eingesetzt wurden.
Gewerbliche Tätigkeit?
Offenbar will die Finanzverwaltung auch prüfen, ob es sich bei der Generierung von Bitcoins („Mining“) in Einzelfällen um eine gewerbliche Tätigkeit handelt (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 19/370, S. 21f.). In diesen Fällen ist gegebenenfalls zusätzlich Gewerbesteuer zu zahlen. Die Kosten für das Generieren (Hardware, Software, Strom etc.) sind dann als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Hinweis: Wer nur gelegentlich Bitcoins generiert, erzielt womöglich Einkünfte aus sonstigen Leistungen (§22 Nr.3 Einkommensteuergesetz). Diese sind ab einer Höhe von 256 €/Jahr einkommensteuerpflichtig.
Umsatzsteuerliche Behandlung
Der Europäische Gerichtshof hat bereits entschieden, dass es sich beim Umtausch konventioneller Währungen in Bitcoins und umgekehrt um umsatzsteuerbefreite Dienstleistungen handelt (Urteil vom 22.10.2015, Aktenzeichen: C-264/14). Mittlerweile hat auch das Bundesfinanzministerium erstmals ausführlicher zu der Thematik Stellung bezogen (Schreiben vom 27.02.2018, Aktenzeichen: III C 3 – S 7160-b/13/10001): Die Steuerbefreiung für den Umtausch wurde bestätigt und außerdem klargestellt, dass die Verwendung von Bitcoins als Zahlungsmittel („Entgeltsentrichtung“) umsatzsteuerlich wie die Verwendung eines konventionellen Zahlungsmittels zu beurteilen ist – sie unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer.
Hinweis: Die Leistungen der Miner, die durch Transaktionsgebühren oder den Erhalt neuer Bitcoins (vom System selbst) honoriert werden, sollen ebenfalls nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Dies ist zwar umstritten. Die Miner können sich aber selbstverständlich bis auf Weiteres auf die derzeitige Verwaltungsauffassung berufen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(08):16-16