Doppelter Haushalt

Inwieweit Unterkünfte im Auslandsstudium und
ungenutzte Wohnungen abzugsfähig sind


Helmut Lehr

Aufwendungen für eine beruflich veranlasste Zweitwohnung (doppelter Haushalt) können als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Allerdings sind hier verschiedene Fälle denkbar. Zwei neue Finanzgerichtsurteile sollten Sie kennen.

Kosten für die eigene Wohnung gehören zur privaten Lebensführung und sind deshalb steuerlich eigentlich nicht begünstigt. Eine aus beruflichen Gründen unterhaltene Zweitwohnung am Beschäftigungsort kann allerdings im Rahmen einer sogenannten „doppelten Haushaltsführung“ zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben führen.

Hinweis: Ein steuerlich begünstigter doppelter Haushalt liegt nach dem Gesetzeswortlaut dann vor, wenn der Steuerpflichtige außerhalb des Orts seiner ersten Tätigkeitsstätte („regelmäßige Arbeitsstätte“) einen eigenen Hausstand unterhält und zusätzlich am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz).

Auslandsstudium ohne eigene inländische Wohnung

Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium können unter besonderen Voraussetzungen zu (vorzeitigen) Werbungskosten führen. Deshalb erscheint es sogar möglich, Unterkunftskosten für ein weiterführendes Studium im Ausland als Werbungskosten abzusetzen.

Das Finanzgericht Münster hat allerdings entschieden, dass eine an einer deutschen Hochschule eingeschriebene Studentin für Zeiträume von Auslandssemestern keine Kosten für die dortige Unterkunft im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend machen kann, wenn sie im Inland keinen eigenen Hausstand unterhält (Urteil vom 24.01.2018, Aktenzeichen: 7 K 1007/17).

Zum Hintergrund: Nach Ansicht des Gerichts ist die Hochschule im Ausland quasi als erste Tätigkeitsstätte einzustufen, sodass ein Werbungskostenabzug nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung möglich wäre. Weil die Studentin aber noch zu Hause bei den Eltern wohnte, ohne sich nennenswert an den Kosten zu beteiligen, konnte sie keinen (eigenen) Hausstand im Inland vorweisen – und damit auch keine doppelte Haushaltsführung im Ausland.

Hinweis: Ob eine ausländische Hochschule nach neuerer Rechtslage tatsächlich als erste Tätigkeitsstätte einzustufen ist, wurde – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschieden. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof im nun anhängigen Revisionsverfahren (Aktenzeichen: VI R 3/18) entscheidet. Bis dahin sollten Werbungskostenkürzungen in vergleichbaren Fällen nicht hingenommen werden. Denkbar ist nämlich auch, dass die Kosten für die Unterkunft im Ausland nach „Dienstreisegrundsätzen“ begünstigt sind, ohne dass ein doppelter Haushalt vorliegen muss.

Kosten für das Vorhalten einer Wohnung

Wer in einem Ballungszentrum mit akutem Wohnungsmangel eine Wohnung besitzt, wird diese nicht so schnell aufgeben wollen – selbst wenn sie nicht durchgehend genutzt wird. So verhielt es sich auch in dem Streitfall, den das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hatte (Urteil vom 01.06.2017, Aktenzeichen: 3 K 3278/14).

Die Klägerin arbeitete bereits viele Jahre in einer Großstadt und unterhielt dort eine Wohnung im Rahmen einer steuerbegünstigten doppelten Haushaltsführung. Nach der Geburt ihrer Tochter beantragte sie Elternzeit und zog zu ihrem Lebensgefährten in eine andere Stadt. Ihre Wohnung behielt sie bei, da Auszug, spätere Wohnungssuche und erneuter Einzug mit erheblichem finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden gewesen wären. Ein Zimmer vermietete sie unter, um die Kosten gering zu halten.

Im Jahr 2012 gab sie ihren ursprünglichen Plan auf, wieder für ihren bisherigen Arbeitgeber tätig zu sein. Stattdessen orientierte sie sich beruflich neu. In diesem Zuge kündigte sie die Wohnung. Für das Jahr 2011 machte sie allerdings noch die Kosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend.

Das Finanzamt spielte dabei „erwartungsgemäß“ nicht mit. Es war der Auffassung, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht vorlag, weil die Steuerpflichtige im Streitjahr in der Zweitwohnung gar keinen Haushalt geführt hatte.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hingegen hat den Werbungskostenabzug für die Wohnungskosten zugelassen. Der Grund: Es sah einen klaren (beruflichen) Zusammenhang zwischen dem Vorhalten der größtenteils ungenutzten Wohnung und der beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Offenbar war es davon überzeugt, dass die Arbeitnehmerin nach ihrer Elternzeit wieder an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren wollte. Dass die Entscheidung dann tatsächlich anders ausfiel, war für das Gericht ohne Belang, da es insoweit auf den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang ankäme.

In diesem Fall gab sich das Finanzamt nicht mit dem Urteil zufrieden. Das Verfahren ist zwischenzeitlich beim Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen: VI R 1/18). Dieser hat nun konkret über folgende Rechtsfrage zu entscheiden: „Sind Aufwendungen für die Anmietung einer Wohnung als Werbungskosten abzugsfähig, wenn zwar die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen, die Wohnung aber aus ausschließlich beruflichen Gründen vorgehalten wird?“

Hinweis: Bis eine Entscheidung vorliegt, sollten Sie vergleichbare Werbungskostenkürzungen, die ausschließlich mit einer fehlenden doppelten Haushaltsführung begründet werden, nicht ohne Weiteres akzeptieren.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(13):16-16