Ab in den Urlaub

Wie Sie sich wirklich erholen können


Tatiana Dikta

Um die berufliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, ist Erholung wichtig. Doch was sollten Sie vor dem Urlaub regeln, um die Apotheke unbesorgt „zurückzulassen“? Und wie können Sie im Urlaub selbst wirklich „abschalten“?

Die meisten Führungskräfte und Selbstständigen genießen ihre Arbeit und sind dabei intrinsisch motiviert: Sie erleben während ihrer Arbeit den „Flow“. Dabei vergessen sie den Raum und die Zeit – aber auch leider nicht selten sich selbst. Sich selbst eine Auszeit zu gönnen, ist jedoch kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um die Gesundheit zu erhalten. Weil die Arbeit in der Apotheke Sie häufig psychisch beansprucht, sollten Sie gerade auch der mentalen Regeneration Aufmerksamkeit schenken.

Wie wichtig ist der mentale Abstand vom Alltag?

Viele Menschen gehen davon aus, dass der „freie Kopf“ und das gänzliche Abschalten vom Alltag notwendige Voraussetzungen für die Erholung und die guten Leistungen nach dem Urlaub sind. Doch oftmals gelingt der mentale Abstand von der Arbeit nicht „auf Knopfdruck“ – und vor allem nicht erzwungen. Denn je mehr Sie sich bestimmte mentale Bilder verbieten wollen, desto stärker sind diese vor Ihrem geistigen Auge präsent – und desto weniger gelingt Ihnen die psychologische Distanz.

Dazu eine kleine Übung: Stellen Sie sich vor, Sie dürfen nicht an eine „blaue Giraffe“ denken! Haben Sie das geschafft? Vermutlich nicht! Dies macht deutlich, dass unerwünschte Gedanken nur bedingt unterdrückt werden können. Aber: Eine unschöne Situation in der Vergangenheit können Sie durch dauerhaftes Grübeln nicht verändern. Ebenso bleiben die Zukunft ungewiss und irrationale Träume unerfüllt – auch wenn Sie ständig darüber nachdenken. Je stärker Sie sich aber damit beschäftigen, desto negativer wirkt sich das auf Ihre Stimmung aus. Wie Sie solche ineffektiven Denkprozesse steuern und unterbrechen können, lernen Sie in einem sogenannten „metakognitiven Training“ (vgl. Service am Ende dieses Beitrags). Im Ergebnis sind Sie entspannt und damit leistungsfähiger wie auch kreativer.

Zudem gibt es auch eine gute Nachricht für alle, die nicht gut abschalten können: Positive Gedanken an die Arbeit in der Freizeit können die Kreativität im Job und die Bindung an den Arbeitsplatz positiv beeinflussen. Und sogar problemorientierte negative Gedanken erleichtern es mitunter, berufliche Aufgaben zu bewältigen [1]. Für Sie als Arbeitgeber ist es deshalb wichtig, ein angenehmes und vertrauensvolles Betriebsklima zu etablieren: Wenn Sie sich auf Ihr Team verlassen können, werden Sie keinen Stress empfinden, sobald Sie im Urlaub an den Job denken. Vielmehr wird hierdurch Ihre Kreativität gefördert, und Sie freuen sich sogar vielleicht auf die Rückkehr.

Welche Kompetenzen Sie Ihrer Vertretung übertragen sollten

Angefangene Arbeiten und Projekte sollten Sie noch vor dem Urlaub erledigen. Andernfalls wird Ihnen die mentale Entspannung nicht gut gelingen. Schaffen Sie das dennoch nicht vollständig, empfiehlt es sich, die komplette Verantwortung für diese Tätigkeiten an Ihre Vertretung zu übergeben. Daraus ergeben sich wesentliche Vorteile:

  • Ihre Vertretung erhält eine erweiterte Verantwortungsbefugnis und eine höhere Autonomie. Hierdurch ist sie besonders motiviert, nach optimalen Lösungen zu suchen und richtige Entscheidungen zu treffen – viel mehr, als wenn Sie ihr nur formal die Aufsicht übertragen.
  • Ihre Mitarbeiter können Ihre Arbeiten effizient fortsetzen: Sie müssen nicht warten, bis Sie aus dem Urlaub zurückkommen.
  • Konflikte im Team müssen nicht auf Eis gelegt, sondern können mit Ihrer Vertretung geklärt werden. Damit lässt sich eine Eskalation vermeiden, die häufig bei subjektiv empfundener Führungslosigkeit droht.

Wenn Sie nach einer Vertretung suchen, sollten Sie übrigens – wie bei der Mitarbeiterauswahl – darauf achten, dass die entsprechende Person alle Anforderungen, die Ihnen wichtig sind, möglichst gut erfüllt. Ist dies der Fall, können Sie sich umso mehr darauf verlassen, dass die Abläufe im Betrieb während Ihrer Abwesenheit Ihren Vorstellungen und Werten entsprechen. Auch Entscheidungen sollten somit in Ihrem Sinne getroffen werden.

Im Urlaub offline sein?

Sie sollten selbst entscheiden, ob Sie Ihr Smartphone im Urlaub ausschalten oder ob Sie Ihre E-Mails checken und Ihre WhatsApp-Nachrichten abrufen. Wenn in der Apotheke aktuell Unruhe herrscht, kann es für Sie als Inhaber allerdings beruhigend sein zu wissen, dass Sie im „Notfall“ benachrichtigt werden. Klären Sie mit Ihrer Vertretung konkret ab, was in Ihren Augen solch ein „Notfall“ ist. Denken Sie nur daran, dass die „Dosis das Gift macht“ – und bleiben Sie während des Urlaubs in Sachen „Online“ lieber bei einer homöopathischen Dosierung.

Energie für das ganze Jahr auftanken?

Leider ist es nicht möglich, den „Akku“ in der kurzen Zeit des Urlaubs derart aufzuladen, dass man über alle darauffolgenden Wochen oder sogar Monate fit und leistungsfähig bleibt. Nicht selten passiert es, dass man bereits kurz nach dem Urlaub wieder „urlaubsreif“ ist. Der Urlaub soll Ihnen deshalb vor allem die Möglichkeit bieten, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten, kreativer zu werden und sich um die Familie bzw. die Beziehung zu kümmern [2].

Sind Sie sehr überlastet in den Urlaub gestartet und erwarten Sie danach den gleichen Stress, wird sich Ihr Wohlbefinden nicht nachhaltig verbessern. Sorgen Sie deshalb rechtzeitig für Stressprävention im Alltag. So können Sie z.B. an einem psychologischen Stressmanagementtraining teilnehmen, in dem Sie lernen, wie Sie Ihre in der Freizeit aufkommenden Gedanken rund um die Apotheke besser steuern. Außerdem sollten Sie auch Ihre Familie sowie Ihren Freundes- und Bekanntenkreis nicht vergessen. Das hilft Ihnen nicht nur, Ihren „Akku“ gerade an anstrengenden Arbeitstagen aufzuladen, sondern auch, nach dem Urlaub wieder „weich“ zu fallen.

Aktivitäten im Urlaub?

Sommerurlaub wird nicht selten mit „Nichtstun“ assoziiert. Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass physische Aktivitäten im Freien und die damit verbundenen angenehmen Erlebnisse einen deutlich positiveren Einfluss auf das Wohlbefinden haben als passive Aktivitäten [2].

Doch viel wichtiger als die Frage, ob Sie Ihren Urlaub aktiv oder passiv verbringen, ist es, dass Sie psychologische Distanz zum Alltag gewinnen und die Autonomie erleben, das tun zu können, was Sie tun wollen [2]. Denn wenn Sie das tun, was Sie begeistert, verbessert sich Ihr mentales Wohlbefinden entscheidend. Und hierauf kommt es besonders an, da emotionale Erlebnisse für ein erfülltes Leben genauso große Bedeutung haben wie rationale Erfolge.

Sorgen Sie für die perfekte Erholung im Jahr

Jeder von uns ist individuell – auch in Bezug auf die Regenerationsbedürfnisse. Während die einen lieber einen beruflichen Marathon laufen und sich dabei etwas Zeit lassen, bevorzugen die anderen einen kürzeren Sprint bei schnellem Tempo. Doch wie in vielen anderen Fällen ist die Mitte häufig der Königsweg. Gönnen Sie sich daher lieber öfter eine kürzere Auszeit als einmal jährlich einen langen Urlaub: Die stärksten Erholungseffekte sind nämlich in den ersten acht Tagen des Urlaubs zu verzeichnen, danach nimmt das Wohlbefinden sogar ab [3]. Setzen Sie bei Ihrer Urlaubsplanung deshalb auch nicht ausschließlich auf den Sommer, sondern sorgen Sie durch das ganze Jahr hindurch für eine effektive mentale und körperliche Regeneration.

Service

Literatur:

[1] Binnewies, C. et al., Journal of Occupational Health Psychology 2009, 14:243–256

[2] Sonnentag, S. et al., Journal of Occupational Health Psychology 2017, 22:365–380

[3] de Bloom, J. et al., Journal of Happiness Studies 2013, 14:613–633

Außerdem gut zu wissen:

Ein metakognitives Training bietet z.B. die gemeinnützige GmbH addisca an: https://www.addisca.org/.

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(13):14-14