„Spekulationsgewinne“

Finanzamt geht wiederholt als Verlierer vom Platz


Helmut Lehr

Private Veräußerungsgeschäfte sind nur dann steuerpflichtig, wenn ein gewinnbringender Verkauf innerhalb bestimmter Fristen erfolgt. Die Rechtslage ist jedoch nicht immer eindeutig. Vor Gericht sind Steuerzahler häufig erfolgreich.

Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (sogenannte „Spekulationsgewinne“) unterliegen der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen An- und Verkauf des Wirtschaftsguts maximal ein Jahr beträgt. Bei Grundstücken bzw. Immobilien oder Erbbaurechten beträgt die Frist zehn Jahre. Drei „strittige“ Fälle stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibung

Bei Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um börsenfähige Wertpapiere in Form von nennwertlosen, in ihrer Laufzeit unbefristeten Inhaberanleihen. Jede Teilschuldverschreibung von Xetra-Gold gewährt dem Inhaber das Recht auf die Auslieferung eines Gramms Gold. Dieses Recht kann er jederzeit gegenüber der Hausbank geltend machen. Daneben besteht die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern.

Die Finanzverwaltung vertrat bislang die Auffassung, dass die Einlösung der Inhaberschuldverschreibung gegen „Lieferung von Gold“ innerhalb eines Jahres zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgeschäft führen kann – eine entsprechende Steigerung des Goldkurses vorausgesetzt. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist dieser Ansicht nun klar entgegengetreten (Urteil vom 06.02.2018, Aktenzeichen: IX R 33/17). Er hat entschieden, dass die Einlösung gegen Auslieferung des Goldes keine entgeltliche Veräußerung der Inhaberschuldverschreibung darstellt und somit keine „Spekulationssteuer“ auslöst. Schließlich beansprucht der Inhaber der Schuldverschreibung damit lediglich sein verbrieftes Recht auf Lieferung des Goldes.

Hinweis: Ein privates Veräußerungsgeschäft läge allerdings vor, wenn die Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibung innerhalb der einjährigen Haltefrist über die Börse veräußert würde.

Übrigens: Der Gewinn aus der Einlösung einer börsengehandelten Inhaberschuldverschreibung, die einen Anspruch auf die Lieferung von Gold verbrieft, zählt auch nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, da keine Kapitalforderung, sondern ein Anspruch auf eine Sachlieferung („Gold“) verbrieft ist (vgl. AWA 21/2015).

Verkauf eines Erbbaurechts

Der BFH hat außerdem entschieden, dass die Veräußerung eines unentgeltlich bestellten Erbbaurechts innerhalb von zehn Jahren kein privates Veräußerungsgeschäft ist (Urteil vom 08.11.2017, Aktenzeichen: IX R 25/15). Dies eröffnet im Einzelfall die Möglichkeit für ganz besondere „Gestaltungen“ mit hohem Steuersparpotenzial.

Im Streitfall hatte eine Grundstücks-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) der Ehefrau eines Gesellschafters im April 2009 ein Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück mit einer Laufzeit von 20 Jahren eingeräumt. Noch im gleichen Jahr errichtete die Ehefrau darauf ein Gebäude zum Betrieb eines Schnellrestaurants, das sie vermietete. Im Jahr 2015 verkauften die GbR sowie die Ehefrau den Grundbesitz für 1,8 Mio. €. Davon entfielen 1,5 Mio. € auf das Erbbaurecht mit dem Gebäude und 300.000 € auf den Grund und Boden. Das Finanzamt errechnete für die Ehefrau einen (steuerpflichtigen) Spekulationsgewinn von 700.000 €.

Nach Ansicht des BFH liegt hinsichtlich des Erbbaurechts überhaupt kein Spekulationsgeschäft vor, weil die Steuerpflicht nicht nur eine Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist, sondern zunächst auch eine entgeltliche Anschaffung voraussetzt. Das Erbbaurecht wurde der Erbbauberechtigten allerdings vom Grundstückseigentümer eingeräumt: Es ist somit erst mit der entsprechenden Eintragung entstanden und war vorher nicht existent – folglich konnte es auch nicht „angeschafft“ werden.

Hinweis: Diese feinsinnige Unterscheidung führt dazu, dass die Ehefrau im Streitfall den gesamten Gewinn aus dem Immobilienprojekt steuerfrei vereinnahmen konnte, obwohl er innerhalb der Spekulationsfrist realisiert worden war.

Veräußerung des „Eigenheims“

Dem Grunde nach liegt zwar ein Spekulationsgeschäft vor, wenn ein Gebäude innerhalb der Zehnjahresfrist angeschafft und auch wieder veräußert wird. Wurde das Objekt allerdings im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren während eines zusammenhängenden Zeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt, bleibt die Steuerfreiheit erhalten.

Aufgrund dieser Regelung ist es möglich, dass ein vormals vermietetes Objekt vor der Veräußerung lediglich „gut ein Jahr“ selbstgenutzt wird, um einer drohenden Spekulationssteuer zu entgehen. Dies hat das Finanzgericht Hamburg aktuell nochmals bestätigt (Beschluss vom 30.11.2017, Aktenzeichen: 3 V 194/17). Im Streitfall hatte der Antragsteller zwar aus anderen Gründen keinen Erfolg. Generell ist diese Aussage des Gerichts allerdings durchaus wertvoll, weil sich der Zeitraum der Selbstnutzung nicht über volle drei Kalenderjahre erstrecken muss.

Beispiel: Herr Bechtold nutzt ein vormals vermietetes Objekt in der Zeit vom 15. Dezember 2016 bis zum 10. Januar 2018 zu eigenen Wohnzwecken und veräußert es unmittelbar danach (innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist). Der erzielte Gewinn bleibt steuerfrei, weil Bechtold das Haus im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren während eines zusammenhängenden Zeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(15):16-16