Wenn die Personaldecke zu dünn wird

Welche Vertretungsregeln zu beachten sind


Dr. Britta Bradshaw

Als Apothekenleiter können Sie vermutlich nicht immer in der Apotheke sein, möchten auch einmal Urlaub machen oder werden krank. Gleiches gilt für Ihr Personal. Wann wird dann eine Vertretung nötig, und wer darf sie übernehmen? Mehr dazu erfahren Sie in diesem Beitrag.

Da der Apothekenleiter die Apotheke persönlich und in eigener Verantwortung zu leiten hat, sind an seine Vertretung besonders strenge Voraussetzungen geknüpft. Diese lassen sich vor allem in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und dem Apothekengesetz (ApoG) finden. Darüber hinaus sind sowohl für die Vertretung des Apothekenleiters als auch für die seines Personals bestimmte Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) zu beachten.

Wer darf wie lange vertreten?

Grundsätzlich muss die Vertretung eines Apothekenleiters durch einen anderen approbierten Apotheker erfolgen. Der Apothekenleiter darf sich pro Jahr insgesamt drei Monate vertreten lassen. In Ausnahmefällen ist die Vertretung bis zu einem Jahr möglich, wenn die zuständige Behörde dies zugelassen hat. Dazu muss nach §2 Abs. 5 ApBetrO „in der Person des Apothekenleiters“ jedoch ein wichtiger Grund für die lange Abwesenheit gegeben sein, so z.B. eine lange Krankheit.

Gemäß §2 Abs. 6 ApBetrO kann die Vertretung eines Apothekenleiters jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch von einem Apothekerassistenten oder einem Pharmazieingenieur übernommen werden – jedoch nicht länger als vier Wochen pro Jahr. Diese vier Wochen müssen nicht zusammenhängen, sondern können auch in kürzere Phasen aufgeteilt werden.

Der Apothekerassistent oder der Pharmazieingenieur muss insbesondere durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Vertretung geeignet sein. Zudem muss er bereits vor Vertretungsbeginn Berufserfahrung gesammelt haben, indem er mindestens sechs Monate hauptberuflich in einer öffentlichen oder in einer Krankenhaus-Apotheke beschäftigt war.

Apothekenleiter dürfen sich nicht durch andere Personen als Apotheker vertreten lassen, wenn

  • mehrere Apotheken betrieben werden,
  • es sich um krankenhausversorgende Apotheken oder
  • um Apotheken handelt, die nach §34 ApBetrO Arzneimittel stellen oder verblistern, bzw. solche, die nach §35 ApBetrO Arzneimittel zur parenteralen Anwendung herstellen.

Sofern sich ein Apothekenleiter durch einen Apothekerassistenten oder Pharmazieingenieur vertreten lassen möchte, muss er dies der zuständigen Behörde vor Beginn der Vertretung unter Angabe des Vertreter-Namens anzeigen. Grundsätzlich gilt diese Anzeigepflicht ausnahmslos, so z.B. auch dann, wenn der Apothekenleiter nur für ein langes Wochenende von Freitag bis Montag verreist. Lediglich wenn es sich um eine Vertretung von wenigen Stunden handelt, kann eine solche Anzeige unterbleiben.

Ausgestaltung der Vertretung

Während der Vertretungszeit hat der Vertreter die Pflichten des Apothekenleiters. Er tritt jedoch nicht an seine Stelle. Der Apothekenleiter ist ihm gegenüber vielmehr weiterhin weisungsbefugt (vgl. AWA 11/2018).

Mit dem Thema „Weisungsgebundenheit“ haben sich in diesem Zusammenhang auch das Landgericht (LG) und in nächster Instanz das Oberlandesgericht (OLG) München beschäftigt. Es ging um eine freiberuflich tätige Approbierte, die eine Vertretung übernahm, ohne in der entsprechenden Apotheke angestellt zu sein. Das LG München vertrat die Ansicht, dass die Approbierte keinen Weisungen des Apothekenleiters insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeiten unterliegen könne, wenn sie die Vertretung als freiberufliche Tätigkeit ausübe. Dadurch sei eine derart ausgestaltete Vertretung unzulässig (Urteil vom 21.03.2012, Aktenzeichen: BG-Ap 15/10).

In der nächsten Instanz ging das OLG München zwar nicht vollumfänglich auf die Frage ein, welche Anforderungen an den Vertretungsvertrag zu stellen sind, erwähnte jedoch, dass es – unabhängig von der steuerlichen Einordnung der Einkünfte der Vertretung – ganz allein von der vertraglichen Ausgestaltung des Vertretungsverhältnisses abhänge, ob der Apothekenleiter weiterhin seine Weisungsbefugnis hinsichtlich aller übertragenen Betriebsabläufe ausüben könne (Urteil vom 12.12.2012, Aktenzeichen: LBG-Ap 002/12).

Durch diese Entscheidung wird deutlich, wie wichtig es ist, einen (schriftlichen) Vertretungsvertrag abzuschließen. Sollte darin z.B. das Weisungsrecht nicht korrekt ausgestaltet sein, haftet im Zweifelsfall nicht der Vertreter, sondern der Apothekenleiter.

Wie lange darf die Abwesenheit sein?

Die Abwesenheit des Apothekenleiters ohne eine Vertretung ist nur sehr beschränkt zulässig. So hat das OLG Bamberg entschieden, dass die zirka vierzigminütige Abwesenheit des Apothekenleiters zum Zwecke eines Arztbesuchs bereits eine ordnungsgemäße Vertretung erfordere, wenn ansonsten kein vertretungsberechtigtes Personal anwesend sei (Beschluss vom 12.07.2007, Aktenzeichen: 3 Ss OWi 170/07).

Vertretung des übrigen Apothekenpersonals

Fällt übriges Apothekenpersonal durch Urlaub oder Krankheit aus, kann dies häufig durch andere Mitarbeiter ausgeglichen werden, die die gleichen Tätigkeiten ausführen dürfen. Sollte dies ausnahmsweise nicht möglich sein und muss eine externe Vertretung einspringen, sollten Sie auch hier auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag achten. Insbesondere muss die Befristung gemäß §14 TzBfG festgehalten werden, da der Vertrag sonst als unbefristet geschlossen gilt (vgl. AWA 6/2018).

Um der Gefahr vorzubeugen, die Vertretung im Falle der vorzeitigen Rückkehr z.B. eines erkrankten Mitarbeiters weiterhin beschäftigen zu müssen, sollten Sie im Vertretungsvertrag sowohl eine Zeit- als auch eine Zweckbefristung festlegen. Dann endet der Vertrag spätestens zum festgelegten Datum oder dann, wenn der Grund für die Befristung nicht mehr besteht, also z.B. wenn der zu vertretende Mitarbeiter genesen ist. Die Vertretung muss dann unverzüglich informiert werden.

Und wenn alle Stricke reißen?

Schlimmstenfalls – wenn sich also keine Vertretung finden lässt – muss der Apothekenleiter die Apotheke schließen. Er ist auch dafür verantwortlich, dass seiner Anweisung, die Apotheke zu schließen, tatsächlich Folge geleistet wird (Spickhoff, A., Medizinrecht: ApoG §7, Randnummern 4–6, München: C.H. Beck 2014). Ansonsten würde der Apothekenleiter einer Vorschrift über seine Vertretung zuwiderhandeln. Damit beginge er nach §36 Nr. 2a ApBetrO eine Ordnungswidrigkeit, die gemäß §25 Abs. 2 ApoG mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 € geahndet werden kann.

Gemäß §23 ApBetrO trifft den Apothekenleiter die Pflicht zur ständigen Dienstbereitschaft. Grundsätzlich muss deswegen während der Mindestöffnungszeiten ein berechtigter Grund vorliegen, um die Apotheke zu schließen. In diesem Fall ist außerdem ein Hinweis auf die nächstgelegene dienstbereite Apotheke an deutlich sichtbarer Stelle anzubringen. Mögliche Befreiungen von der Dienstbereitschaft werden von der zuständigen Apothekerkammer durch eine sogenannte „Allgemeinverfügung“ geregelt.

Während des ebenfalls von den Apothekerkammern zu regelnden Notdienstes außerhalb der regulären Öffnungszeiten ist die ständige Anwesenheit des Apothekers oder seiner Vertretung nicht nötig. Es reicht aus, wenn man sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Betriebsräumen aufhält und jederzeit erreichbar ist.

Dr. Britta Bradshaw, Rechtsanwältin, Kanzlei Winterstein, 22926 Ahrensburg, E-Mail: bradshaw@kanzlei-winterstein.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(15):14-14