Die Konditionen mit dem Großhandel richtig verhandeln (Teil 3)

Der Non-Rx-Bereich und was sonst wichtig ist


Joachim Ullrich

In diesem letzten Teil unserer Reihe über die Verhandlungen mit dem Großhandel (vgl. AWA 3/2018 und AWA 9/2018) wollen wir die Non-Rx-Artikel beleuchten. Außerdem geben wir Ihnen einige grundsätzliche Hinweise für die Verhandlungen mit auf den Weg.

Zu den Non-Rx-Artikeln zählen sowohl die Over-the-Counter (OTC)-Arzneimittel als auch die Freiwahlartikel. In den Verhandlungen mit dem Großhandel kommt es auch hier darauf an, einen möglichst guten Einkaufspreis zu erzielen. Denn nur so lassen sich ein im Vergleich zum Wettbewerb attraktiver Verkaufspreis kalkulieren und trotzdem noch genügend Rohertrag erzielen. Wir wissen alle, dass die großen Versandapotheken gerne mit sehr aggressiven Verkaufspreisen werben, um den Kunden zu zeigen, dass die Apotheken vor Ort zu teuer sind – dem können Sie auf diese Art und Weise entgegenwirken!

Was bei Modellen mit Pauschalen zu beachten ist

Sie können sich von Ihren Großhändlern deren Angebote in Ihr Warenwirtschaftssystem (WWS) einspielen lassen. Damit wird es möglich, die unterschiedlichen Einkaufspreise zu vergleichen und anschließend den Großhandel mit dem besten Angebot auszuwählen. Da aber nicht jeder Großhandel die gleichen Artikel im Angebot haben muss, sind Vergleiche manchmal sehr schwierig. Zudem kann es vorkommen, dass ein bestimmter Artikel bei keinem Ihrer aktuellen Großhändler im Angebot ist. Als Folge müssen Sie diesen Artikel zum Listen-Einkaufspreis beziehen und sind gezwungen, diesen Listen-Einkaufspreis als Basis für die Kalkulation Ihres Verkaufspreises zu nehmen. Dass der dann nicht marktgerecht sein wird, dürfte selbstverständlich sein.

Deswegen sollten Sie mit dem Großhandel einen pauschalen Gesamtrabattsatz auf den Non-Rx-Einkauf vereinbaren. Nehmen wir beispielhaft an, dieser Satz läge bei 18,0%. Summieren wir nun alle Rabatte auf und ergäbe sich dabei ein Rabatt von insgesamt nur 17,0% auf die Non-Rx-Artikel, dann müsste der Großhandel 1,0% nachrabattieren. Diese Vorgehensweise verlagert das Risiko der sich verändernden Angebotspreise teilweise auf den Großhandel.

Bei einem pauschalen Gesamtrabattsatz müssen Sie allerdings zwei Varianten unterscheiden: Vereinbaren Sie eine Pauschale mit Kappung, erhalten Sie immer einen Rabatt von genau 18,0%. Denn Rabatte von mehr als 18,0% werden mit Rabatten von weniger als 18,0% gegengerechnet. Hier können Sie sich im Zweifel sogar um einiges schlechter stellen als bei einem Einkauf ohne pauschalen Gesamtrabattsatz.

Deswegen ist die zweite Variante besser – die Pauschale ohne Kappung: Rabatte von mehr als 18,0% bleiben erhalten, und nur bei Rabatten von weniger als 18,0% muss der Großhandel den Differenzbetrag nachrabattieren. Der durchschnittliche Rabatt über alle Non-Rx-Artikel liegt somit mindestens bei 18,0%, in der Regel jedoch wahrscheinlich eher bei 19,0% oder 19,5%. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich über die genaue Wirkweise der angebotenen Vereinbarung im Klaren zu sein.

Es gibt auch Apotheken, die mit dem Großhandel eine sogenannte „Flatrate“ vereinbaren – eine Pauschale, die allerdings für jeden einzelnen Artikel gilt und somit im WWS bei allen Pharmazentralnummern (PZN) des Non-Rx-Bereichs hinterlegt wird. Die genauen Angebotspreise müssen Sie sich dann nicht mehr in Ihr WWS einspielen lassen. Mit dieser Vorgehensweise beugen Sie dem eventuellen Problem von Preisdifferenzen zwischen WWS und Lieferschein vor. Bei den Großhändlern ist diese Variante der Rabattgewährung allerdings nicht gerne gesehen, lässt sie doch die Rabattierung auf den Einzelartikel sehr transparent werden.

Was Sie über weitere Modelle wissen sollten

Um die Apotheken enger an sich zu binden, bieten alle Großhändler spezielle Einkaufsmodelle an, in deren Rahmen sie für die Artikel ausgesuchter Hersteller einen zusätzlichen (höheren) Rabatt gewähren. Damit erhoffen sich die Großhändler ihres Zeichens, eine höhere Rückvergütung oder einen besseren Bonus von ihren Lieferanten zu erzielen. Oftmals sind derartige Modelle ein großes Nullsummenspiel für die Apotheke; sie können sich je nach Einkaufsverhalten aber auch rechnen. Ob das der Fall ist, hängt sehr stark von den entsprechenden Artikeln bzw. dem „Herstellermix“ der einzelnen Modelle ab. Außerdem sind diese Modelle für die Apotheke selten kostenfrei. Sie müssen also die gezahlte Gebühr gegen den Mehrertrag rechnen und dann mit dem Ergebnis vergleichen, das Sie ohne das Modell erzielen könnten.

Ein in den letzten Monaten immer häufiger eingesetztes Mittel, um die Rabatte im OTC-Bereich zu begrenzen, sind die sogenannten „Minderspannenartikel“ oder „Minderspannenlieferanten“. Hierbei erhält der Großhandel auf bestimmte Artikel bzw. die Artikel bestimmter Hersteller („Lieferanten“) eine niedrigere Spanne als normal. Diese gibt er dann in Form schlechterer Angebote an die Apotheke weiter. Rabattsätze von 7,0% oder 10,0% auf die gesamten Sortimente mancher Hersteller können einen Gesamtrabatt von 18,0% auf den Non-Rx-Einkauf schnell auf zirka 16,5% oder noch darunter absinken lassen. Da die Minderspannenartikel möglicherweise variieren, lassen sich die entsprechenden Rabatte für die Apotheke nur sehr schwer kalkulieren. Das Risiko, das sich für Sie ergibt, ist somit hoch.

Großhandels- oder Direktbezug?

Nicht vergessen dürfen wir auch die Frage, wann sich ein Direktbezug über den Hersteller gegenüber dem Großhandelsbezug lohnt: Die Hersteller bieten gerne größere Mengen mit fixen Lieferterminen, guten Rabatten und längeren Zahlungszielen (Valuta) als der Großhandel an. Für die Apotheke entstehen hierbei aber auch zusätzliche Handlingkosten und das Risiko, auf der Ware sitzen zu bleiben, wenn die Saison schlechter als prognostiziert läuft. Deswegen ein hilfreicher Richtwert: Unterschiedlichen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge muss ein Rabatt beim Direktbezug um rund 10,0% höher sein als beim Großhandelsbezug, um das gleiche Ergebnis zu erzielen.

Ob und in welcher Größe Sie direkt einkaufen, können nur Sie selbst – in Abhängigkeit von Ihrer Einstellung zur Rabattoptimierung – entscheiden. Denken Sie aber immer daran: Um einen echten Mehrwert im Direktgeschäft zu erzielen, sind zusätzliche Arbeit notwendig und Mitarbeiter, die die Mechanismen dieses Vertriebswegs genau kennen.

Was Sie noch beachten sollten

Neben den Konditionen für die Rx- und die Non-Rx-Artikel gilt es, weitere Parameter zu verhandeln. Dazu zählen:

  • die Zahlungsmodalitäten,
  • die Retourenquote,
  • die Anzahl der Touren,
  • die Tourenzeiten,
  • die Kosten für die Lieferungen,
  • Obergrenzen für eine Defektquote,
  • die Teilnahme an eventuell vom Großhandel angebotenen Kooperationen sowie
  • die Laufzeit der Vereinbarung.

Selbstverständlich sollten alle getroffenen Ergebnisse im Nachgang schriftlich bestätigt und von beiden Verhandlungsparteien gegengezeichnet werden. Es erweist sich als zielführend, immer eine aktuelle Vereinbarung auszufüllen – und nicht nur sich eventuell verändernde Punkte zu fixieren. Damit Sie das Ergebnis einer solch schwierigen und vielfältigen Verhandlung nochmals prüfen können, ist es empfehlenswert, die Vereinbarung erst am nächsten oder übernächsten Tag zu unterschreiben. Fehler, die in einer solchen Vereinbarung gemacht werden, sind immer mit Kosten für die Apotheke verbunden und sollten deshalb vermieden werden.

Berater für die Verhandlungen?

Wenn Sie einen Berater für die Verhandlungen engagieren, sollten Sie die Kosten vorher genau abklären. Modelle, die auf einer prozentualen Beteiligung an der Ergebnisverbesserung basieren, sind für die Apotheke unkalkulierbar und schwer nachzuvollziehen. Honorarvereinbarungen auf Stundenbasis oder ein Pauschalpreis hingegen erweisen sich als übersichtlich. Ob ein Berater sein Geld wert ist, sehen Sie aber leider erst nach Abschluss der Verhandlungen.

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, E-Mail: info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(16):6-6