Steuerfalle Arbeitszimmer

Verkauf des Eigenheims: Besteuerung der „stillen Reserven“


Helmut Lehr

Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind in sehr vielen Fällen nur beschränkt abzugsfähig. Wird das Eigenheim verkauft, langt der Fiskus allerdings (voll) zu. Neue Rechtsprechung gibt nun aber Anlass zur Hoffnung.

Aufwendungen für ein beruflich oder betrieblich genutztes Arbeitszimmer gehören grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben. Allerdings können Steuerpflichtige, denen für ihre (Büro-)Arbeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Kosten von bis zu 1.250 €/Jahr für das häusliche Arbeitszimmer steuerlich geltend machen. Ein voller Kostenabzug ist nur möglich, wenn der Raum den Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Betätigung bildet.

Hinweis: Sofern Sie als Apothekeninhaber in Ihrer Apotheke kein geeignetes Büro besitzen, sollten Sie zumindest einen begrenzten Betriebsausgabenabzug für das häusliche Arbeitszimmer erreichen können.

„Spekulationssteuer“ auf das Arbeitszimmer

Wer sein Eigenheim veräußert, muss einen etwaigen im Privatvermögen erzielten Veräußerungsgewinn u.a. dann nicht versteuern, wenn er das Objekt zuvor ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat – das gilt auch für Veräußerungen innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist (vgl. AWA 15/2018).

Nach Ansicht der Finanzverwaltung zählen Räume, die als Arbeitszimmer genutzt werden, nicht zu den „Wohnräumen“ – auch wenn sie sich ausdrücklich im Privatvermögen befinden und damit kein Betriebsvermögen darstellen. Daraus folgt: Wird das Eigenheim innerhalb der Spekulationsfrist verkauft und dabei ein Veräußerungsgewinn erzielt, ist ein Teil des Gewinns, nämlich der prozentual auf das Arbeitszimmer entfallende Teil, zu versteuern!

Hinweis: Das gilt nach Ansicht der Finanzverwaltung ausdrücklich auch in solchen Fällen, in denen die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer zuvor gar nicht oder nur beschränkt steuerlich abzugsfähig waren.

Finanzgericht Köln prescht vor

Eine bemerkenswerte Entscheidung hat in diesem Zusammenhang kürzlich das Finanzgericht Köln getroffen (Urteil vom 20.03.2018, Aktenzeichen: 8 K 1160/15). Danach schadet ein häusliches Arbeitszimmer der eigenen Nutzung zu Wohnzwecken nicht. Soll heißen: Wird das Eigenheim weit überwiegend zu eigenen Wohnzwecken genutzt und später innerhalb der Spekulationsfrist veräußert, greift die Steuerfreiheit für die gesamte Wohnung – und damit auch für ein beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer. Insoweit hält das Finanzgericht die jahrelang geübte Besteuerungspraxis für unzulässig.

Hinweis: Die Finanzverwaltung hat die zunächst eingelegte Revision zwischenzeitlich zurückgenommen (Einstellungsbeschluss des Bundesfinanzhofs vom 02.07.2018, Aktenzeichen: IX R 11/18). Ein solches Vorgehen ist insbesondere dann zu beobachten, wenn aus fiskalischer Sicht unliebsame Entscheidungen „unter den Tisch gekehrt“ werden sollen.

Bedeutung für Apotheker

Apotheker müssen zunächst beachten, dass ihr häusliches Arbeitszimmer aufgrund einer überwiegend betrieblichen Nutzung in sehr vielen Fällen (notwendiges) Betriebsvermögen sein wird. Damit gelten etwas andere Spielregeln als im Bereich des Privatvermögens, zu dem beispielsweise das häusliche Arbeitszimmer eines angestellten Lehrers gehört. Befindet sich ein überwiegend betrieblich genutztes Arbeitszimmer in der ansonsten privat genutzten Wohnung, wird dieses steuerlich quasi als eigenes Wirtschaftsgut behandelt. Daraus folgt wiederum, dass bei einer Veräußerung die „stillen Reserven“ (Differenz zwischen anteiligem Veräußerungspreis und dem Buchwert des Arbeitszimmers) ganz grundsätzlich versteuert werden müssen. Gleiches gilt auch bei der „Entnahme“ des Arbeitszimmers, z.B. aufgrund einer „Umnutzung“ als Kinderzimmer.

Und es kommt noch dicker: Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wird der erzielte (anteilige) Veräußerungspreis um den Buchwert für das Arbeitszimmer gemindert. Diese Berechnung wird auch in solchen Fällen vorgenommen, in denen die Abschreibungen für das Arbeitszimmer, die ja bereits den Buchwert gemindert haben, steuerlich nicht oder nur begrenzt als Betriebsausgaben abzugsfähig waren. Hier kann man durchaus von einer „fragwürdigen Doppelbesteuerung“ sprechen.

Durch das Urteil des Finanzgerichts Köln scheint jetzt allerdings Bewegung in die generelle Diskussion darüber zu kommen, wie Veräußerungsgewinne, die auf Arbeitszimmer entfallen, steuerlich zu behandeln sind – das zeigen erste Stellungnahmen in der Fachliteratur (vgl. Kanzler, H.J., Neue Wirtschaftsbriefe 31/2018, S. 2249ff.).

Unabhängig davon muss der Bundesfinanzhof in einem anderen aktuellen Revisionsverfahren nochmals konkret darüber entscheiden, ob die Abschreibungen auf das Arbeitszimmer den Veräußerungsgewinn im Ergebnis auch dann erhöhen dürfen, wenn sie zuvor steuerlich gar nicht abzugsfähig waren (Aktenzeichen: VIII R 15/17). Auf dieses Verfahren sollten Sie sich gegebenenfalls auch als Apotheker berufen, wenn Sie die Arbeitszimmerkosten nur beschränkt (1.250 €/Jahr) als Betriebsausgaben geltend machen konnten.

Hinweis: Ein Arbeitszimmer muss dann nicht als Betriebsvermögen behandelt werden, wenn es nur einen untergeordneten Wert hat. Das ist der Fall, wenn sein anteiliger Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 € beträgt.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(17):16-16