Für den Fall der Fälle

Was Sie erbrechtlich beachten sollten


Dr. Britta Bradshaw

Nach dem Tod eines selbstständigen Apothekers müssen dessen Erben entscheiden, ob sie die Apotheke verkaufen oder behalten wollen. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, was rechtlich bei den Themen „Erbe“ und „Nachfolge“ wichtig ist.

Gemäß §1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geht mit dem Tod einer Person (Erblasser) deren Vermögen grundsätzlich als Ganzes auf die Erben über. Aus dieser „Universalsukzession“ folgt, dass die Erben in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers eintreten, sie erlangen die sogenannte „Erbenstellung“. Dadurch gehen neben materiellen Gütern auch schuldrechtliche Beziehungen des Erblassers, z.B. mit einem Arbeitnehmer oder einem Vermieter, automatisch auf die Erben über. Ein Erbe kann sich nur aktiv durch Ausschlagung der gesamten Erbschaft von den Pflichten des Erblassers entbinden lassen (§§1942 ff. BGB).

Erben mehrere Personen, so entsteht gemäß §2032 BGB mit dem Erbfall eine Erbengemeinschaft. Diese Erbengemeinschaft kann auf Verlangen eines Erben aufgelöst werden. Im Rahmen der sogenannten „Erbauseinandersetzung“ wird dann der Nachlass abgewickelt und aufgeteilt. Dafür ist die Einigung aller Miterben erforderlich. Einigen sie sich nicht, ist ein komplexes gerichtliches Verfahren die Folge.

Trifft der Erblasser für den Fall seines Todes keine Regelung, so greift die gesetzliche Erbfolge: Ist der Erblasser zur Zeit seines Todes z.B. verheiratet, lebt im gesetzlichen Güterstand („Zugewinngemeinschaft“) und hat zwei Kinder, so erben diese Kinder gemäß §1924 BGB zu je einem Viertel und die Ehefrau gemäß §1371 und §1932 BGB zur Hälfte. Ist der Erblasser nicht verheiratet und hat keine Kinder, kommen Eltern und/oder Geschwister als gesetzliche Erben in Betracht.

Möchte der Erblasser eine von der gesetzlichen Erbfolge abweichende Regelung treffen, muss er eine sogenannte „Verfügung von Todes wegen“ (Testament oder Erbvertrag) aufsetzen. Das Testament kann der Erblasser entweder vor dem Notar oder durch eine eigenhändig ge- und unterschriebene Erklärung erstellen. Ein Erbvertrag muss zwingend notariell beurkundet werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, z.B. mit dem Ehegatten oder dem eingetragenen Lebenspartner ein gemeinschaftliches Testament aufzusetzen oder einen Erbvertrag zu schließen.

Sollten Ehegatten, Abkömmlinge oder Eltern, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen würden, im Testament nicht als Erben eingesetzt sein, so haben sie einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser soll den engsten Angehörigen eine Mindestteilhabe am Nachlass sichern.

Durch eine testamentarische oder erbvertragliche Anordnung kann der Erblasser einer Person auch einzelne Vermögensvorteile, wie z.B. das Eigentum an einer Immobilie oder einer Schallplattensammlung, überlassen. In einem solchen Fall spricht man von einem „Vermächtnis“.

Wer einen Anspruch auf einen Pflichtteil oder ein Vermächtnis hat, tritt nicht in die Rechtsstellung des Erblassers ein: Der Pflichtteilsberechtigte kann (lediglich) die Auszahlung des Pflichtteils verlangen, der Vermächtnisnehmer die „Erfüllung“ des Vermächtnisses.

Welche Besonderheiten gibt es nun im Apothekenrecht?

Wird eine Person unmittelbarer Erbe eines selbstständigen Apothekers, so gehen grundsätzlich auch die mit der Apotheke im Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten auf sie über. Entgegen dem Grundsatz der Universalsukzession gilt dies jedoch nicht für die nach §1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) benötigte Betriebserlaubnis: Sie erlischt gemäß §3 Nr. 1 ApoG mit dem Tod des Inhabers. Unproblematisch weitergeführt werden kann die Apotheke daher nur, wenn derjenige, der sie als Erbe oder Vermächtnis erhält, selbst Inhaber einer Betriebserlaubnis ist.

Andernfalls hat der Erbe – hier sind Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer ausgeschlossen – die Möglichkeit, die Apotheke für einen Zeitraum von maximal zwölf Monaten nach dem Erbfall durch einen approbierten Apotheker verwalten zu lassen. Dieser besitzt die fachliche Selbstständigkeit, steht jedoch in einem Anstellungsverhältnis zum Erben und arbeitet in dessen Namen und für dessen Rechnung [1].

Nach diesen zwölf Monaten können bestimmte Erben, die keine eigene Betriebserlaubnis haben, die Apotheke gemäß §9 Abs. 1 Nrn. 2–3 ApoG verpachten: Berechtigt dazu sind der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner des Erblassers, bis wieder geheiratet oder eine neue Lebenspartnerschaft eingegangen wird, sowie die Kinder des Erblassers, bis das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat. Auf Antrag ist eine Verpachtung durch die Kinder auch darüber hinaus noch möglich, wenn eines der Kinder vor der Vollendung des 23. Lebensjahres den Apothekerberuf ergreift, einen vorbereitenden Studienplatz beantragt oder sein vorbereitendes Studium bereits begonnen hat [2]. Dies gilt ausdrücklich nur für die Kinder des Erblassers, nicht jedoch für die Enkel.

Die Verpächter müssen unmittelbare Erben sein. Hat der erblassende Apothekenleiter z.B. mit seinem Ehepartner ein sogenanntes „Berliner Testament“ geschlossen und verstirbt, wird der Ehepartner zunächst Alleinerbe. Erst nach seinem Tod geht der Nachlass auf die Kinder über. Diese sind als sogenannte „Schlusserben“ somit keine unmittelbaren Erben.

Erwirbt ein zur Verpachtung berechtigter Miterbe von den anderen Miterben weitere Anteile an der Apotheke nach §2040 BGB oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung, so entfällt die Berechtigung zur Verpachtung bei diesen anderen Miterben dadurch nicht [3] – es sei denn, die Erbauseinandersetzung wird nötig, weil ein Miterbe der Erbengemeinschaft die Voraussetzungen zur Verpachtung gemäß §9 ApoG nicht mehr erfüllt (z.B. wegen erneuter Heirat des Ehegatten) [4].

Wie sieht es mit Verträgen aus?

Unabhängig davon, ob die Apotheke von den Erben weiterveräußert, geschlossen, verwaltet oder verpachtet wird, gehen die durch den Erblasser geschlossenen Verträge auf die Erben über. Dazu zählen insbesondere die Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern der Apotheke und der Mietvertrag, sofern sich die Apotheke in angemieteten Räumen befindet.

Sowohl der Vermieter also auch die Erben können einen Mietvertrag gemäß §580 BGB außerordentlich innerhalb eines Monats nach der Kenntnis vom Tod bzw. der Erbenstellung kündigen. Sollte der Apothekenleiter dies nicht wünschen, weil z.B. eines seiner Kinder die Apotheke übernehmen möchte, so kann dieses Kündigungsrecht im Mietvertrag auch für beide Seiten ausgeschlossen werden.

Im Gegensatz dazu begründet der Tod des Apothekenleiters in aller Regel keine außerordentliche Kündigung von Arbeitsverträgen. Wenn die Erben dennoch Arbeitsverträge kündigen wollen, sollten sie dies unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen schnellstmöglich tun. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Möglichkeit, gute Angestellte zu übernehmen, bei einem Apothekenverkauf durchaus preissteigernd auswirken kann.

Wie können Sie vorsorgen?

Diese Regelungen sind sehr komplex. Insofern ist es für Sie als Apothekenleiter wichtig, dafür zu sorgen, dass Ihre Erben im Fall der Fälle möglichst schnell Entscheidungen im Zusammenhang mit der Apotheke treffen können. Als hilfreich erweist es sich, stets eine aktuelle Aufstellung über die wirtschaftliche Lage der Apotheke, die bestehenden Konten und die laufenden Verträge parat zu haben. Damit die Erben z.B. zeitnah einen Verwalter bestimmen können, ist es sinnvoll, ein notarielles Testament aufzusetzen: So kann etwa das länger andauernde sogenannte „Erbscheinsverfahren“ – also das gerichtliche Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins – zumeist vermieden werden.

Literatur

[1] Bergmann, K.O., Pauge, B., Steinmeyer, H.D., Gesamtes Medizinrecht, 3. Auflage, Baden-Baden: Nomos 2018 (Bergmann/Pauge/Steinmeyer), ApoG §13 Randnummer (Rn.) 1

[2] Bergmann/Pauge/Steinmeyer, ApoG §9 Rn. 3

[3] Rohner, M., Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (ZEV) 1/2003, S.15–17

[4] Fröhler, O., Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (BWNotZ) 1/2010, S. 12–23

Dr. Britta Bradshaw, Rechtsanwältin, Kanzlei Winterstein, 22926 Ahrensburg, E-Mail: bradshaw@kanzlei-winterstein.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(17):14-14