Austritt aus der Kirche

Besonderes Kirchgeld statt Kirchensteuer


Helmut Lehr

Die Zahl der Kirchenaustritte ist schon seit Jahren hoch. Mit dem Austritt sind Steuerersparnisse verbunden, weil die Kirchensteuerpflicht endet. Ehegatten müssen allerdings in vielen Fällen eine Ersatzabgabe leisten – das sogenannte „besondere Kirchgeld“.

Verheiratete Steuerpflichtige spielen nicht selten mit dem Gedanken, dass zumindest der Besserverdienende von beiden aus der Kirche austritt, um die Kirchensteuerbelastung „abzumildern“. Immerhin beträgt diese Abgabe (vereinfacht) nochmals 8% oder 9% der Einkommensteuer. Dem Grunde nach funktioniert das „Steuersparmodell“. Allerdings möchte die jeweilige Kirchengemeinschaft auch nicht leer ausgehen. Deshalb wird mittlerweile in allen Bundesländern ein besonderes Kirchgeld von zusammen veranlagten „glaubensverschiedenen Ehegatten“ erhoben. „Glaubensverschieden“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nur ein Partner einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.

Hinweis: Zusammen veranlagte Ehegatten können die Belastung mit der Kirchensteuer deshalb nur dann vollständig vermeiden, wenn sie beide aus der Kirche austreten. Wer allein lebt, muss übrigens kein besonderes Kirchgeld zahlen, wenn er aus der Kirche austritt.

So „funktioniert“ das Kirchgeld

Steuerpflichtig wird nur derjenige, der einer Religionsgemeinschaft angehört. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf von einem Nichtkirchenmitglied auch kein Kirchenbeitrag erhoben werden. Das bedeutet: Das Kirchgeld zahlt der in der Kirche verbliebene Ehegatte. Bei seiner Bemessung werden jedoch die Einkünfte des anderen zumindest teilweise mitberücksichtigt. Dazu berechnet das Finanzamt zunächst, welche Kirchensteuer tatsächlich auf den Einkommensteil des Kirchenmitglieds entfallen würde, und vergleicht diesen Betrag mit dem Kirchgeld laut Tabelle 1. Ist das Kirchgeld höher, wird der entsprechende Betrag festgesetzt und mit einer eventuell bereits unterjährig gezahlten Kirchensteuer verrechnet.

Hinweis: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass die Erhebung des besonderen Kirchgelds insbesondere nicht gegen die Religionsfreiheit verstößt (Urteil vom 06.04.2017, Aktenzeichen: u.a. 10138/11).

Sparmöglichkeiten?

Das besondere Kirchgeld ist, genauso wie die reguläre Kirchensteuer, im Jahr der Zahlung als Sonderausgabe abzugsfähig. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten, dem Kirchgeld zu entgehen, gering. Natürlich könnten „glaubensverschiedene“ Ehegatten überlegen, sich jeweils einzeln veranlagen zu lassen, damit auf die Einkünfte des konfessionslosen Partners kein Kirchenbeitrag anfällt. In der Konstellation, dass ein Ehepartner deutlich mehr verdient als der andere, wird dies allerdings nahezu immer die deutlich ungünstigere Alternative sein, weil der Splittingtarif entfällt.

Hinweis: Trost spendet der Gedanke, dass das Kirchgeld in aller Regel deutlich niedriger ist als die Kirchensteuer, die die Ehepartner ohne Austritt aus der Kirche entrichten müssten.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(18):18-18