Wenn die nächste Krise ansteht

Wie Sie aus dem Motivationstief finden


Tatiana Dikta

Erinnern Sie sich noch, wie motiviert und voller Energie Sie waren, als Sie Ihre Apotheke/n übernommen haben? Und heute? Sind Sie es immer noch? Oder haben Sie vielleicht gerade einen Rückschlag hinnehmen müssen, der Sie zweifeln lässt? Was können Sie dann tun?

Als Apothekenleiter möchten Sie mit einem guten Beispiel vorangehen und Ihren Mitarbeitern ebenso wie Ihren Kunden zuversichtlich, vertrauenerweckend und belastbar entgegentreten. Doch stattdessen merken Sie, dass Ihre Stimmung zunehmend trüber wird und Sie für die Arbeit nicht mehr so brennen wie früher.

Hinzu kommt, dass Sie im dynamischen Arbeitsalltag immer wieder in neue Situationen geraten, auf die Sie keinen Einfluss haben, die Sie aber mental sehr belasten können, beispielsweise

  • konkrete Probleme mit den Mitarbeitern,
  • schlechte Einkaufs- bzw. Großhandelskonditionen,
  • starke Konkurrenz und zurückgehende Kundenzahlen,
  • Schlagzeilen in der Fachpresse, die „schlechte Zeiten“ für Apotheken prognostizieren (z.B. Debatten um das Rx-Versandverbot, zurückgehender Umsatz mit Rx- und OTC-Medikamenten, Apothekenschließungen), oder auch
  • ein subjektiv empfundener ausbleibender Erfolg.

Das kann leicht zu Stress führen sowie dazu, dass Sie sich überfordert und in der Folge auch demotiviert fühlen. Doch ob mit oder auch ohne Auslöser: Krisen gehören häufig zur Entwicklung dazu.

Den ersten Tiefpunkt überstehen

Bei Gründern wird eine psychologische U-Kurve beobachtet: Die erste Zeit gleicht dem „Honeymoon“, sie ist begleitet von Spaß, Begeisterung und Optimismus [1]. Später dann kommen erste Zweifel, und Probleme machen sich zunehmend bemerkbar. Aus diesen vermeintlich kleinen Hindernissen werden dann mitunter große Stolpersteine. Man erlebt einen ersten Tiefpunkt und weiß nicht mehr weiter. Die Überzeugung, dass ein einfaches Angestelltenverhältnis einfacher wäre, begleitet den mühsamen Alltag.

Diese Phase erweist sich als schwierig. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass Sie aufgeben. Doch kann solch eine Situation paradoxerweise auch einen Durchbruch für Sie als Apothekenleiter bedeuten, ja, Ihnen sogar die Chancen für ein neues Wachstum eröffnen. Wichtig ist dabei, dass Sie Ihre anfänglichen Fehler identifizieren, alte Muster ablegen und sich bewusst werden, dass der Weg nach oben schwer und manchmal ohne externe (oder interne!) Unterstützung nicht zu bewältigen ist.

Wer dabei als professioneller Helfer infrage kommt, ist individuell sehr unterschiedlich. Eine fertige Patentlösung zu erwarten erweist sich als utopisch. Achten Sie bei der Wahl eines Beraters oder Coaches insbesondere darauf, was Ihnen versprochen wird: Seriöse arbeitspsychologische Berater werden nicht mit einer Erfolgsgarantie um Sie werben. Sie werden Ihr Problem vielmehr grundlegend und individuell analysieren, um Sie in der Folge professionell als Ansprechpartner auf dem Weg aus dem Tief begleiten (vgl. auch AWA 3/2018).

Krisen durch „Nicht-Ereignisse“?

Treten kritische Ereignisse (z.B. der Tod eines nahe stehenden Menschen, ein wirtschaftlicher Verlust, eine schwere Krankheit oder eine zerbrochene Beziehung) auf, zeigt die Gesellschaft in der Regel Mitgefühl. Anders hingegen kann es bei sogenannten „Nicht-Ereignissen“ aussehen: So stößt man selten auf Verständnis in der Gesellschaft, wenn einen z.B. das Ausbleiben des erhofften (Karriere-)Traumes gerade „mitten im Leben“ in eine tiefe Enttäuschung oder existenzielle Krise stürzt (zur „Midlife Crisis“ vgl. Kasten unten). Denn schließlich definiert jeder von uns seine persönlichen Ziele und Träume individuell. Werden sie nicht erfüllt, ist das somit nicht für jeden nachvollziehbar [3].

Krisen als Chance sehen

Wenn Sie es schaffen, eine erste Krise erfolgreich und optimistisch zu bewältigen, stärkt dies gegen alles, was später vielleicht noch kommen mag, und baut das Selbstvertrauen auf. Die Arbeit ergibt langsam wieder Sinn und macht auch wieder Spaß. Die eigene Biografie mit Erfolgen, Niederlagen und neuen Wegen kann zu einer spannenden und unverwechselbaren Erfolgsgeschichte werden. In diesem Zusammenhang ist der Begriff „Resilienz“ von Bedeutung (vgl. dazu Kasten unten).

Natürlich: Die gesamte Wirtschaft unterliegt zyklischen Veränderungen, und Apotheken sind ein Teil davon. Das nächste Tief wird demzufolge vermutlich kommen. Aber mit jeder guten und mit jeder schlechten Phase gewinnen Sie neue Erfahrungen hinzu, auf die Sie im Ernstfall zurückgreifen können.

Trotz Krise bei Laune bleiben?

Lassen Sie Ihren Mut nicht sinken und nehmen Sie die kleinen Widrigkeiten des Alltags nicht zu ernst. Sich über Tatsachen zu sorgen, die man nicht (mehr) ändern kann, beansprucht Ihre kostbare Energie. Behalten Sie deshalb Ihre gute Stimmung bei: Humor ist eine kostbare sozioemotionale Ressource, die zunächst nicht in einem ökonomischen, sondern in einem zwischenmenschlichen Sinne wirkt. Diese Ressource trägt zu einem positiven Betriebsklima bei. Dies wiederum führt dazu, dass Ihre Angestellten – und Sie selbst vielleicht auch – motivierter sind und deswegen effektiver arbeiten [6].

Personen, die einen ausgeprägten Sinn für Humor haben, betrachten krisenhafte Ereignisse eher als Herausforderung denn als Belastung, sie sind offen für Neues, extrovertiert, emotional stabil und besser sozial eingebunden als ernsthafte Personen [4]. Die Komik der Situation zu erkennen und darüber lachen zu können, mag manchmal schwerfallen. Doch gute Laune ist ansteckend – wie übrigens auch schlechte! Beugen Sie als Vorgesetzter also auch einem Motivationstief Ihrer Mitarbeiter vor und sorgen Sie trotz Schwierigkeiten für gute Laune im Team. Dann kommt eine Krisenstimmung in Ihrer Apotheke vielleicht gar nicht erst auf – oder wird zumindest keine großen Wellen schlagen.

Literatur

[1] Negri, C. (Hrsg.): Psychologie des Unternehmertums. Von der Gründung bis Nachfolgeregelung, Berlin: Springer-Verlag 2018

[2] Lachman, M.E., Research in Human Development 2015, 12:327–334

[3] Auth, A., et al., Report Psychologie 2003, 10:584–593

[4] Aymanns, P., Filipp, S.H.: Kritische Lebensereignisse und Lebenskrisen. Vom Umgang mit den Schattenseiten des Lebens, 1. Aufl., Stuttgart: Kohlhammer 2009

[5] Leipold, B., Loidl, B., Report Psychologie 2017, 1:10–18

[6] Cooper, C.D. et al., Academy of Management Journal 2018, 61:769–796

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(18):10-10