Anleitung für den erfolgreichen Zusatzverkauf (Teil 1)

Wo Optimierungspotenzial besteht


Emanuel Winklhofer

Über Zusatzverkäufe in Form sinnvoller Therapieergänzungen können Apotheken ihren Kunden einen echten Nutzen bieten – und zusätzlich ihre eigene Ertragssituation verbessern. Allerdings wird hier Vieles oftmals noch recht unprofessionell angegangen.

Die Ertragssituation in den Apotheken hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert:

  • Der Ertrag pro Barverkauf liegt nur bei zirka 3,00 € bis 3,50 €.
  • Der Over-the-Counter (OTC)-Absatz ist leider rückläufig.
  • Andere Vertriebskanäle nehmen der Apotheke viel Umsatz weg.

Woran Zusatzverkäufe oft scheitern

Insofern bieten sich Zusatzverkäufe an, um den Ertrag zu steigern. Oft erweisen sie sich jedoch aus den folgenden, alltäglichen Gründen als problematisch:

  • Die Personaldecke in Apotheken ist so dünn, dass im Verkaufsvorgang (vermeintlich) keine Zeit bleibt, um dem Kunden noch etwas zusätzlich anzubieten.
  • Oft fehlt der Mut, in den Zusatzverkauf „einzusteigen“ und die richtigen Fragen zu stellen.
  • Um das bisherige Verhalten zu verändern und langfristig beizubehalten, ist viel Motivation nötig.

Als Apothekenleiter haben Sie die Aufgabe, Ihrem Personal immer wieder die Wichtigkeit von Zusatzverkäufen zu vermitteln. Dabei geht es auch um das „Geheimnis der großen Zahl“: Wenn Sie bei nur 20% der Kunden einen zusätzlichen Umsatz von 5 € erzielen, dann ergibt sich – bei 200 Kunden am Tag – hochgerechnet auf das ganze Jahr eine Summe von über 50.000 €.

Neue Herausforderungen durch den Wandel des Berufsbildes

Das Berufsbild „Apotheker“ hat sich in der jüngeren Vergangenheit vor allem auch im Handverkauf enorm gewandelt. Wenn Sie vor einigen Jahren ein Rezept entgegengenommen und den Kunden zu den darauf verschriebenen Medikamenten beraten haben, war insbesondere das notwendige Fachwissen zu diesen Medikamenten gefragt – sowie natürlich der freundliche Umgang mit den Patienten.

Heute kann das nicht mehr ausreichen. Denn allein schon die Kommunikation mit den Kunden hat sich verändert. So etwa sind hier auch andere Aspekte in den Vordergrund getreten und müssen zusätzlich bewältigt werden – denken Sie insbesondere an das Thema „Rabattverträge“.

Des Weiteren sind sehr viele wichtige, gut wirksame Medikamente (z.B. Erkältungs- oder Schmerzmittel) durch den Zwang zu finanziellen Einsparungen bei den Krankenkassen nicht mehr auf den Rezepten zu finden. So werden Antibiotika zwar noch verordnet – begleitende Therapieergänzungen jedoch oftmals nicht mehr. Die Medikamente, die heutzutage nicht mehr verordnet werden dürfen, haben dennoch nichts von ihrer Wirksamkeit eingebüßt – lediglich müssen die Patienten nun selbst für deren gesundheitsfördernde Wirkung aufkommen.

Erfreulicherweise sind die Patienten jedoch mittlerweile eher bereit, wichtige OTC-Arzneimittel selbst zu bezahlen. Natürlich möchten sie dabei aber nicht mehr Geld als unbedingt erforderlich ausgeben – und bestellen zum Teil auch im Internet, weil das manches Mal doch günstiger ist. Wenn Sie allerdings in der Lage sind, den Kunden sowohl auf fachlicher als auch auf zwischenmenschlicher Ebene einen echten Nutzen zu bieten – und wenn Sie vielleicht überdies den einen oder anderen Artikel günstiger als die Konkurrenz anbieten –, dann haben Sie trotzdem die reelle Chance, Ihre Kunden dauerhaft zu binden.

Eine zentrale Lösung für uns Apotheker lautet somit: „Therapeutische Verantwortung“. Denn die Verantwortung, dem Patienten unterstützende Präparate zu empfehlen, liegt mittlerweile eben nicht mehr nur vor allem beim Arzt, sondern viel stärker als früher auch beim Apotheker. Diese Verantwortung ist groß. Denn Sie müssen über ein hohes fachliches Wissen verfügen und abwägen können, welche Medikamente eventuell für eine optimale Therapie erforderlich sein können.

Die positive Grundeinstellung

Der erste Schritt, um erfolgreich Zusatzverkäufe generieren zu können, ist, eine positive Grundeinstellung zu entwickeln: Verkaufen ist nichts Negatives! Gerade in der Apotheke geht es keinesfalls darum, nur mal eben ein Produkt „über den Ladentisch zu schieben“. Vielmehr können Sie die Lebensqualität Ihrer Kunden – gerade wenn es um eine sinnvolle Therapieergänzung geht – positiv beeinflussen. „Verkaufen“ sollte – ethisch korrekt verstanden – also vielmehr heißen, dass Sie und Ihr Team fachlich und kommunikativ bereit sind, dem Kunden einen ehrlichen Nutzen zu bieten. Genau daran sollten Sie sich um der positiven Grundeinstellung willen immer erinnern! Behalten Sie hierbei stets auch im Hinterkopf: Ein Kunde kauft dann generell gerne, wenn der Nutzen eines Produktes größer ist als der damit verbundene Aufwand (z.B. in Form von Geld, Weg, Zeit etc.).

Natürlich werden Sie nicht jedes Mal Erfolg haben: Von fünf bis sechs Präparaten, die Sie zusätzlich anbieten, können Sie meist nur eines erfolgreich verkaufen. Das heißt aber: Sie sollten keine Angst vor dem „Nein“ haben, denn Sie brauchen zirka fünf „Neins“ für ein „Ja“. Wer sich folglich vor dem „Nein“ fürchtet, wird auch nie ein „Ja“ bekommen – weil er gar nicht erst fragt.

Natürlich ist es im Alltagsstress schwer, sich das immer wieder positiv ins Gedächtnis zu rufen. Nur: Wenn Sie sich verbessern wollen, dann müssen Sie sich verändern. Mit dem gleichen Verhalten werden Sie keine anderen Ergebnisse als zuvor erzielen können.

„Worte sind wie Drogen“

„Worte sind wie Drogen, nur schneller und zuverlässiger in der Wirkung!“ Das sagte einmal Walter Zieglgänsberger, Emeritus am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Und damit hat er sicherlich recht, denn Worte können bei anderen Menschen Interesse wecken – oder aber zu Langeweile und Ermüdung führen. Das gilt auch für das Verkaufsgespräch.

Wenn wir Kunden im Verkaufsgespräch überzeugen wollen, dann brauchen wir folglich professionelle Verkaufs-Argumente. Das nur erweist sich leider als ein großes Manko in vielen Apotheken: Denn so gut wir über Inhaltsstoffe und Wirkungen Bescheid wissen, so wenig haben wir gelernt, Argumente zu formulieren, die persönlich auf den Kunden abgestimmt sind.

Demzufolge lässt sich leider in Apotheken beobachten, dass die Verkaufs-Argumente im Kundengespräch zu wenig griffig („Dieses Produkt wird gerne genommen!“) oder zu sehr in pharmazeutischer Fachsprache („Ihnen wurde ein retardiertes Antiphlogistikum verschrieben!“) formuliert sind. Hier wird der Kunde in der Regel keinen Nutzen erkennen, zumal er vielleicht gar nicht erst versteht, was Sie sagen. Das aber wirkt in der Regel wenig vertrauensbildend – und oftmals auch nicht kompetent.

Erfahrungsgemäß wird die Gesprächsführung, um Zusatzverkäufe zu realisieren, in Apotheken zudem nicht ausreichend trainiert. Stattdessen überlässt man Vieles dem Zufall. In anderen Branchen sieht das ganz anders aus: Dort wurden bereits vor Jahrzehnten absolut präzise Nutzen-Argumente für jedes zu verkaufende Produkt entwickelt. Alle Mitarbeiter mussten trainieren, diese Argumente so einzusetzen, dass sie absolut sicher beim Kunden ankamen.

Genau an dieser Stelle ist es nämlich wichtig, dass der Kunde dem verkaufenden Experten sein Vertrauen schenkt – das gilt in der Apotheke noch viel mehr als in jenen anderen Branchen. Denn der Kunde soll merken, dass wir uns Gedanken um seine Gesundheit machen und ihm die beste Lösung anbieten wollen.

Ausblick

Wie aber schaffen Sie es, dass der Kunde Ihnen sein Vertrauen schenkt? Wie führen Sie ihn erfolgreich durch das Zusatzverkaufsgespräch? Und wie formulieren Sie überzeugende Nutzen-Argumente? Diese Fragen beantworten wir Ihnen im zweiten Teil dieses Beitrags.

Emanuel Winklhofer, Apotheker, 93197 Zeitlarn, E-Mail: coaching@winklho.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(18):6-6