Werbeflyer und Co. gesetzeskonform gestalten

Worauf Sie bei der Arzneimittelwerbung besonders achten sollten


Dr. Bettina Mecking

Es gibt kaum einen Apotheken-Werbeflyer, auf dem nicht neben Dienstleistungen auch für Arzneimittel geworben wird. Allerdings unterliegt Arzneimittelwerbung strengen Gesetzen, die verhindern sollen, dass Verbraucher zu einer unsachgemäßen Selbstmedikation verleitet werden.

Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf gemäß §10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ohnehin nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

Welche Anforderungen sich aus dem HWG ergeben

Wer indes für apothekenpflichtige Arzneimittel wirbt, muss verschiedene Regelungen einhalten, um nicht abgemahnt zu werden. Wenn Sie also z.B. einen Werbeflyer für entsprechende Produkte in Umlauf bringen möchten, gilt es, zahlreiche Besonderheiten des Heilmittelwerberechts zu berücksichtigen. So enthält §4 Abs. 1–5 HWG einen umfassenden Katalog von erforderlichen Pflichtangaben. Weiterhin ist geregelt, unter welchen Umständen es des Hinweistextes „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ bedarf.

Der Umfang der Pflichtangaben kann leicht jede Werbemaßnahme sprengen. Ein legitimes Schlupfloch bietet Ihnen da allerdings die sogenannte „Erinnerungswerbung“ gemäß §4 Abs. 6 HWG. Eine solche Form der Werbung liegt vor, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers bzw. dem Hinweis „Wirkstoff: XY“ geworben wird. Es darf kein medizinisch-gesundheitlicher Bezug in der Werbung für das konkrete Arzneimittel enthalten sein. Liegt eine „Erinnerungswerbung“ vor, dann müssen Sie z.B. auf Werbeflyern oder bei Werbeaufstellern der Apotheke keine zusätzlichen Angaben machen.

Für Ihre Werbemaßnahmen weiterhin bedeutsam ist die Neufassung von §7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG. Damit wurde klargestellt, dass Zuwendungen oder Werbegaben für Arzneimittel unzulässig sind, soweit sie den Preisvorschriften im Arzneimittelgesetz zuwiderlaufen. Als der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2016 die deutsche Preisbindung für europarechtswidrig erklärt hat, ist unklar geblieben, welche Auswirkungen das auf §7 HWG haben wird. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, inwieweit die Entscheidung des EuGH bei der Auslegung des §7 HWG zu berücksichtigen ist, noch nicht abschließend beantwortet. Spannenderweise erlangt §7 HWG übrigens gerade bei der Preisbildungsdebatte in Bezug auf den grenzüberschreitenden Versandhandel eine wichtige Bedeutung.

Dies sind nur Beispiele für die zahlreichen Vorschriften des HWG, die Sie bei der Apothekenwerbung beachten müssen. Kürzlich sind noch weitere Regelungen hinzugekommen. Denn am 1. Juli 2018 ist die Analgetika-Warnhinweis-Verordnung (AnalgetikaWarnHV) in Kraft getreten.

Welche Anforderungen kürzlich hinzugekommen sind

Studien zufolge wenden Verbraucher Over-the-Counter (OTC)-Analgetika zu oft und zu lange an. Packungsbeilagen, die enthaltenen Warn- und Dosierungshinweise sowie Kontraindikationen werden nicht hinreichend beachtet. Schwere Gesundheitsschäden können die Folgen von Überdosierung und längerfristigem Gebrauch sein. Daher dürfen nach §1 Abs. 1 AnalgetikaWarnHV

  • zur Anwendung beim Menschen bestimmte,
  • ausschließlich zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen oder von Fieber vorgesehene,
  • oral oder rektal anzuwendende,
  • nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel,
  • die die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon oder Propyphenazon enthalten,

nur noch in Packungen in den Verkehr gebracht werden, die mit Warnhinweisen nach §2 AnalgetikaWarnHV versehen sind (die Wortlaute der Warnhinweise finden Sie weiter unten). Vorgaben zu Farbe oder bestimmten Symbolen gibt es nicht. Erfasst sind alle zulassungspflichtigen oder von der Zulassung freigestellten Fertigarzneimittel sowie Rezeptur- und Defekturarzneimittel mit Ausnahme von Prüfpräparaten.

OTC-Kombinationsarzneimittelgegen Erkältungssymptome fallen nur dann unter die Analgetika-WarnHV, wenn ihr Anwendungsgebiet ausschließlich auf die Behandlung leichter bis mäßiger Schmerzen oder Fieber beschränkt ist. So besteht z.B. bei Thomapyrin® Classic eine Hinweispflicht. Bei allen OTC-Kombinationsarzneimitteln gegen Erkältungssymptome, die auch für weitere Indikationen neben den genannten zugelassen sind, bedarf es eines solchen Hinweises nicht. Das gilt beispielsweise für Boxagrippal® und für Wick Daymed® Erkältungskapseln.

§3 AnalgetikaWarnHV enthält eine Übergangsregelung, nach der zulassungspflichtige Fertigarzneimittel und Fertigarzneimittel, die eine Standardzulassung haben, noch bis zum 30. Juni 2020 ohne Warnhinweis in Verkehr gebracht werden dürfen. Großhändler und Apotheken dürfen diese Arzneimittel auch über diesen Zeitpunkt hinaus unbegrenzt abverkaufen. Defekturarzneimittel dürfen noch bis zum 30. Juni 2019 ohne Warnhinweis in Verkehr gebracht werden. Rezepturarzneimittel müssen den Warnhinweis ab Inkrafttreten der Verordnung aufweisen.

Sie als Apothekenleiter müssen beachten, dass die Vorgaben der AnalgetikaWarnHV auch bei der Werbung zu berücksichtigen sind. Hier kommt §4 Abs. 1 Satz 1 Nr.7 HWG ins Spiel: Er schreibt vor, dass Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen von Arzneimitteln vorgeschrieben sind, bei der Werbung wiedergegeben werden müssen. Nach §4 Abs. 3 Satz 3 HWG entfällt diese Hinweispflicht auch nicht bei der Öffentlichkeitswerbung.

Welche Warnhinweise anzugeben sind

Wenn Sie also etwa in Form von Angebotsflyern für die von der AnalgetikaWarnHV betroffenen Fertigarzneimittel werben möchten, ist z.B. der Warnhinweis „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als in der Packungsbeilage angegeben!“ aufzunehmen. Rezepturarzneimittel müssen Sie mit dem etwas modifizierten Hinweis „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker oder von der Apothekerin empfohlen!“ versehen.

Inzwischen ist davon auszugehen, dass Apotheker sich bei einem fehlenden Warnhinweis im Rahmen von Werbemaßnahmen voraussichtlich nicht mit Erfolg darauf berufen können, dass während der Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2020 auch das Inverkehrbringen von Packungen ohne Warnhinweis durch den pharmazeutischen Unternehmer noch immer zulässig ist. Denn es geht hier um den Schutz der Gesundheit; und auch wenn zum Abverkauf bereits hergestellter Verpackungen eine Übergangsfrist gewährt wird, lässt sich der Warnhinweis bereits jetzt ohne Weiteres in der Werbung verwenden.

Um das Risiko von wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen zu minimieren, empfiehlt es sich, die entsprechenden Warnhinweise nach AnalgetikaWarnHV bereits jetzt in der Werbung zu berücksichtigen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Regelung schon während der Übergangsfristen Gegenstand von kostspieligen Abmahnungen wird.

Übrigens: Auch hier gilt, dass ein Pflichthinweis gleichwohl unterbleiben kann, wenn es sich um eine reine Erinnerungswerbung handelt.

Das Wesentliche zur AnalgetikaWarnHV in Kürze

Die Faustformel ist einfach: Wenn ein Warnhinweis auf der Packung steht, muss er auch in der Werbung angegeben sein. Falls Sie also entsprechende Werbemaßnahmen planen, sollten Sie dabei entweder vollständig auf die betroffenen Produkte verzichten oder den Flyer sorgfältig selbst prüfen bzw. prüfen lassen.

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Fachanwältin für Medizinrecht, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(18):14-14