Steuerermäßigung für alternative Heilmethoden

Bestätigung des Amtsarztes genügt


Helmut Lehr

Krankheitskosten sind außergewöhnliche Belastungen. Ist die Heilmethode allerdings wissenschaftlich nicht anerkannt, fordert der Gesetzgeber besondere Nachweise. Dass es die Finanzverwaltung dabei nicht übertreiben darf, zeigt ein aktuelles Urteil.

Aufwendungen für medizinische Behandlungen können Sie als außergewöhnliche Belastungen nur dann problemlos geltend machen, wenn die Behandlungen zuvor ärztlich verordnet wurden.

Handelt es sich um Heilmethoden, die wissenschaftlich (noch) nicht anerkannt sind, müssen Sie besondere Nachweise erbringen, damit das Finanzamt die Kosten berücksichtigt. So ist nach §64 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung vor Beginn der Behandlung ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen (vgl. AWA 5/2018).

Kleinkarierte Auslegung der Finanzverwaltung

Dass es die Finanzämter mit formalen Nachweisen sehr genau nehmen, ist hinlänglich bekannt. Manchmal wird der Bogen allerdings überspannt, wie ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz eindrucksvoll bestätigt (Urteil vom 04.07.2018, Aktenzeichen: 1 K 1480/16).

Die Kläger ließen ihre Tochter, die wegen Komplikationen bei der Geburt schwerbehindert war, in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen "Naturheilzentrum" behandeln. Dabei wurden Einzelleistungen wie

  • Akupunktur,
  • eine Ganzkörperregulationsbehandlung,
  • eine Ernährungsberatung,
  • medico-mechanische Behandlungen,
  • klangtherapeutische Anwendungen,
  • Aromaöl-Inhalationen,
  • eine Atemtherapie,
  • Pflanzen- und Kräuterinfusionen,
  • Applikationen von Pflanzensamen und von Edelstahlkugeln zur Stimulation
  • sowie eine Farblichttherapie erbracht.

Eine Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde hatte zuvor durch ein privatärztliches Attest bestätigt, dass "bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig (...) und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen ist (...)." Deshalb empfehle sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: "Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt."

Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen an, weil die knappe Äußerung des Amtsarztes kein "Gutachten" darstelle.

Auf den Zeitpunkt kommt es an

Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts muss der Amtsarzt kein ausführliches Gutachten im klassischen Sinn erstellen – die im Streitfall vorgenommene Bestätigung reiche aus: Dass eine Behandlung und die damit verbundenen Aufwendungen notwendig seien, könne eben nicht nur durch ein amtsärztliches Gutachten, sondern auch durch eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung belegt werden. Vor diesem Hintergrund seien an das "Gutachten" des Amtsarztes in Bezug auf Form und Inhalt keine höheren Anforderungen als an eine "Bescheinigung" zu stellen.

Hinweis: Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig und kann daher in geeigneten Fällen der Finanzverwaltung entgegengehalten werden. Sie müssen allerdings nach wie vor beachten, dass das Gutachten bzw. die Bescheinigungrechtzeitig vor Beginn der Behandlung ausgestellt wird – das hat auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz nochmals ausdrücklich bestätigt.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(04):18-18