"Früher war es hier besser!"

Wann ein Standortwechsel sinnvoll ist


Bernd Schubert

Wenn sich die Bedingungen an Ihrem derzeitigen Standort ändern, kann es sinnvoll sein, die Apotheke zu verlegen. Dabei gibt es einige Aspekte zu beachten. Welche das sind, erklären wir Ihnen im folgenden Beitrag.

Der Erfolg einer Apotheke hängt von vielen Faktoren ab, so auch vom Standort. Besonders hohe Umsätze lassen sich erzielen, wenn es in unmittelbarer Umgebung Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Banken, öffentliche Einrichtungen und Parkplätze gibt. Auch eine gute Erreichbarkeit durch Bus, Straßen- und U-Bahn zieht potenzielle Kundschaft an.

Verlegen – aber wohin?

Wer an einem entsprechenden "Hot Spot" seine Apotheke führt, kann sich also glücklich schätzen. Doch was, wenn sich der Schwerpunkt des Geschehens auf einmal von der Apotheke weg bewegt und Ihr Umsatz zu stagnieren oder zurückzugehen droht? Schnell keimen Existenzängste auf sowie der Gedanke, die Apotheke zu schließen und frühzeitig in den Ruhestand zu gehen. Abhängig von der Situation ist es aber vielleicht auch sinnvoll, die Apotheke zu verlegen.

Wenn sich der Schwerpunkt des Geschehens nur innerhalb des eigenen Viertels verlagert, können Sie – sofern es die Konkurrenzsituation zulässt – "hinterherziehen". Bisherige Stammkunden bleiben oft weiterhin treu, und gleichzeitig können Sie neue Kunden hinzugewinnen.

Wenn das eigene Viertel aber nicht dazu einlädt, bleibt nur, die Apotheke über eine etwas größere Distanz zu verlegen. Um dennoch langjährige (private) Beziehungen zu erhalten, entscheiden sich Apothekeninhaber oft für ein anderes Stadtviertel, eine nahe gelegene Stadt oder den nächsten Landkreis.

Natürlich wird manch eine Apotheke auch über eine deutlich größere Entfernung verlegt, z.B. wenn Sie in Ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren möchten.

Gerade wenn Sie nicht in der Nähe bleiben und keine eigenen Kunden "mitnehmen", ist es unter Umständen sinnvoll, eine bereits bestehende Apotheke mitsamt Umsatz und Stammkunden zu übernehmen, statt eine neue zu gründen. Zuvor jedoch sollten Sie deren Attraktivität und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen genau analysieren.

Wie die Standortverlegung ablaufen kann

Ein Beispiel soll zeigen, wie eine solche Standortverlegung (hier innerhalb des Viertels) ablaufen kann: Der Standort einer Apotheke in einem Stadtteil mit 4.500 Einwohnern war früher perfekt. In unmittelbarer Nähe gab es Arztpraxen und weitere Frequenzbringer. Mit der Zeit jedoch zogen die meisten Ärzte weg, Geschäfte und andere Einrichtungen schlossen nach und nach. Der Nettoumsatz der Apotheke sank auf nur noch rund 900.000 €. Der Inhaber dachte über einen Verkauf nach.

Wenige hundert Meter entfernt entstand ein Neubau. Eine internistische Doppelarztpraxis hatte darin bereits Räume angemietet. Zudem verlegten zwei Allgemeinärzte ihre Praxen in die unmittelbare Nähe, und nebenan wurde ein Supermarkt mit großem Parkplatz gebaut.

In das Erdgeschoss des Neubaus sollte laut Bebauungsplan eine Apotheke einziehen: Eine Standortanalyse ergab ein Umsatzpotenzial von knapp zwei Mio. €. In der Folge verlegte der Inhaber seine Apotheke dorthin. Das Ergebnis: Bereits im ersten Jahr nach dem Standortwechsel nahm der Nettoumsatz um 63% auf 1,47 Mio. € zu.

In derartigen Fällen bieten sich übrigens gute Chancen, den neuen Standort weiter zu "tunen" – vor allem wenn es sich um ein neueres Gebäude mit weiteren Leerflächen handelt. Denn viele Arztpraxen befinden sich in älteren, nicht barrierefreien Gebäuden. Die Ärzte finden deshalb oft keinen Nachfolger und lassen sich häufig gerne von einem Umzug überzeugen. Dadurch lässt sich der Apotheken-Nettoumsatz gewöhnlich nochmals um mehrere 100.000 € erhöhen.

Verkauf der alten Apotheke als Option?

Entscheiden Sie sich für einen Wechsel an einen weiter entfernten Standort, können Sie die eigene Apotheke mit etwas Verhandlungsgeschick an einen Nachfolger verkaufen. Läuft es perfekt, übernimmt der Käufer auch die laufenden Verträge, sodass Ihnen hierbei keine entsprechenden Kosten entstehen. Teurer wird es, wenn ein Verkauf nicht gelingt. Dann allerdings können Sie mit einer oder mehreren der unmittelbaren Nachbarapotheken eine "Schließungsprämie" vereinbaren. Denn immerhin profitieren die Kollegen davon, dass Sie Ihre bisherige Apotheke aufgeben.

Verlegen Sie die Apotheke lediglich im eigenen Umkreis, werden Ihnen die Kollegen indes keine Schließungsprämie zahlen. Und auch die Option "Apothekenverkauf" fällt weg, da vermutlich niemand eine Apotheke an einem Standort ohne Potenzial kaufen will – und Sie sich überdies keinen Wettbewerber in die Nachbarschaft holen möchten.

Die Kernfrage: Lohnt sich der Standortwechsel?

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, ob sich ein Standortwechsel lohnt, sollten Sie in allen aufgezeigten Fällen eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchführen. Grundlage dafür ist eine Standortpotenzialanalyse. Da der hier ermittelte potenzielle Umsatz anfänglich zumeist (noch) nicht erreicht wird, sollten Sie (zumindest) für das erste Jahr einen Sicherheitsabschlag vornehmen. Bei der Übernahme einer Bestandsapotheke können Sie Ihrer Kalkulation auch die Bilanzen oder betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWAs) Ihres Vorgängers zugrunde legen.

Gerade wenn Sie Ihre bisherige Apotheke nicht verkaufen (können), fallen zusätzliche Kosten für den Standortwechsel an. Diese können zwischen 0 und mehreren 100.000 € liegen. Besonders sorgfältig sollten Sie daher die folgenden Punkte prüfen:

  • Ist ein Rückbau der bisherigen Räume nötig?
  • Wie lange läuft der bestehende Mietvertrag noch?
  • Welche Einrichtungsgegenstände können Sie mitnehmen? Welche müssen Sie neu kaufen?
  • Welche Umbaumaßnahmen sind am neuen Standort erforderlich?

Welche Rechnungen anschließend durchzuführen sind, ist exemplarisch in Tabelle 1 dargestellt. Die Personalkosten können Sie ausgehend von Ihren derzeitigen Mitarbeitern auf den Bedarf am neuen Standort hoch- oder runterrechnen. Gleiches gilt auch für den Wareneinsatz. Die Mietkosten lassen sich selbstverständlich dem Mietvertrag entnehmen. Alle weiteren Kosten müssen Sie individuell überprüfen und gegebenenfalls an die Bedingungen am neuen Standort anpassen.

Am Ende steht dann der Cashflow nach Tilgungen. Wenn er – wie im Rechenbeispiel – für den neuen Standort höher als für den bisherigen ist, spricht dies dafür, die Apotheke zu verlegen.

Bernd Schubert, Geschäftsführender Gesellschafter, s.s.p. Wirtschaftsberatung für medizinische Heilberufe, 90762 Fürth, E-Mail: bernd.schubert@ssp-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(04):10-10