Mosaiksteine für das Apotheken-Marketingkonzept

Wie Sie Duft und Musik richtig einsetzen


Emanuel Winklhofer

Haben Sie große Lust, hochwertige Kleidung zu kaufen, wenn es in der Umkleidekabine noch nach dem Körperschweiß Ihres Vorgängers riecht? Und wie schaut es mit Ihrer Kaufbereitschaft aus, wenn Sie an das nervige Gedudel zur Vorweihnachtszeit in Kaufhäusern denken?

Aus diesen Fragen ergibt sich gleich eine Erkenntnis fürs Marketing: Düfte und Musik können uns – wie in den Beispielen – negativ, aber auch positiv beeinflussen. Denn sie gelangen direkt in unser limbisches System.

Was wir von anderen lernen können

Wir Apotheker haben – wie der stationäre Einzelhandel allgemein – ein Problem: Uns laufen die Kunden weg. Warum? Bereitet es ihnen zu wenig Freude, bei uns einzukaufen? Sind wir zu unfreundlich? Bieten wir die falschen Öffnungszeiten an? Ist es für die Kunden zu umständlich, zu uns zu kommen? Wenn wir nicht mit (unbeduftet) wehenden Fahnen untergehen wollen, müssen wir uns all diese Fragen stellen und uns dorthin bewegen, wo unsere Kunden abgeblieben sind.

Eine kleine Hilfe auf dem Weg zu einem angenehmen Einkaufsgefühl kann der Einsatz von Duft und Musik sein. Zwar handelt es sich dabei um "Add-ons": Allein beeinflussen weder Duft noch Musik entscheidend, ob Kunden etwas kaufen. So gibt es beispielsweise keinen "Kaufe-eine-Waschmaschine-Duft". Allerdings verweilen Menschen dort, wo sie sich wohlfühlen, länger. Und je länger sie verweilen, desto eher bzw. mehr kaufen sie auch.

Wie so häufig, können wir auch hier von anderen Branchen lernen. So etwa haben inzwischen bestimmte "Edeka"-Filialen zusammen mit einer Schweizer Firma ein neues Konzept in die Praxis umgesetzt: Dort, wo es im Supermarkt nicht gut riecht – in der Leergutannahme, in der Fischabteilung und bei den Molkereiprodukten –, werden die unangenehmen Gerüche abgesaugt. Man reinigt die Luft und aromatisiert sie dann neu.

In der Hotelbranche ist dieses Vorgehen bereits Standard, und viele Hotelketten, wie z.B. "Le Meridien" oder "Sheraton", haben bereits ihre eigene Duft-Corporate-Identity (Duft-CI). Diverse Zahnarztpraxen arbeiten ebenfalls bereits mit Raumdüften. Denn der dort ansonsten vorherrschende Geruch trägt nicht unbedingt dazu bei, dass sich die Patienten gut entspannen können. Und in der Automobilindustrie gibt es sogar Geruchsdesigner, die exakt festlegen, wie es zu riechen hat, wenn man den Kofferraum öffnet oder ins Auto einsteigt.

Eigene Erfahrungen sammeln

Sicherlich beeinflussen und verführen uns Düfte überall im Alltag. Nehmen Sie sich wenigstens für vier Wochen vor, die Gerüche in Ihrem Umfeld bewusst wahrzunehmen: Was bewirken die Gerüche in Ihnen, wenn Sie beim Bäcker einkaufen, eine Pizzeria betreten, einen Festgottesdienst mit Weihrauch (dem "CI-Duft" der katholischen Kirche) feiern, vor dem Training in die Umkleide des Fitnessstudios kommen oder in einem alten Dorfwirtshaus die Toilette besuchen?

Und wie riecht es eigentlich, wenn man Ihre Apotheke betritt? Fragen Sie doch einmal gezielt Ihre Kunden! Wir selbst nehmen den Geruch nämlich nicht mehr wahr, wenn wir jeden Tag hinter dem HV-Tisch stehen. Die pharmazeutischen Substanzen und die Teedrogen haben aber etwas "Eigenes". Es ist also durchaus zu überlegen, ob Sie mit diesem apothekentypischen Geruch nicht zu einem Fachgeschäft für Gesundheit werden können, in dem sich die Menschen wohlfühlen?

Auf die Dosis kommt es an

Denn dieses "Wohlfühlen" ist ja das grundsätzliche Ziel des Duftmarketings: Es geht nicht darum, jemanden zu einer Handlung oder zu einem Kauf zu verführen, sondern darum, eine angenehme Atmosphäre zu zaubern.

Wichtig dafür ist die Konzentration. Wenn ein Kunde den Verkaufsraum betritt und sagt: "Oh, nach was riecht es denn da?", war es in der Regel wohl zu viel des Guten (außer natürlich, Sie wollen bestimmte Düfte verkaufen, wie z.B. Weihnachtsdüfte in der Weihnachtszeit).

Die Konzentration der eingesetzten Düfte muss also am Rande der Wahrnehmungsschwelle liegen. Diverse Unternehmen bieten dazu auch für Apotheken professionelle Systeme an. An der Duftauswahl mangelt es dabei nicht: "Spring Power", "Summer Dream", "Orient Express" und "Toskana" gibt es beispielsweise, zudem auch "Kaffee" oder "Schokolade" – wenngleich sich sicherlich nicht alle Düfte für die Apotheke eignen.

Wenn Sie zu der Überzeugung gelangen, dass Sie Düfte in der Apotheke gezielt als Wohlfühlfaktoren einsetzen möchten, sollten Sie sich an einen Spezialisten werden. Fangen Sie nur bitte nicht selbst an, mit Duftlampen herumzuexperimentieren, nur weil es billiger ist und wir als Fachleute die Düfte ja ohnehin entweder vor Ort haben oder zusammenmischen können.

Die Wirkung von Musik

Ebenso wie mit Düften verhält es sich mit der Musik. Ist eine Beschallung in der Apotheke also sinnvoll? Generell kann Hintergrundmusik anregend sein – oder auch schrecklich nervig. Beeinflusst werden wir von ihr auf jeden Fall.

Werbepsychologen stellen sich heute spannende Fragen zum Kundenverhalten. Hier nur ein Beispiel: Im Weinhandel und auch im Supermarkt wurde mit entsprechender musikalischer Untermalung eine Weinverkaufsaktion durchgeführt. Zur Auswahl standen ein Regal mit deutschem und eines mit französischem Wein. Das Ergebnis: Lief im Hintergrund deutsche Musik, wurde wesentlich mehr deutscher Wein verkauft, spielte man französische Musik, fand französischer Wein einen erheblich höheren Absatz.

In einem guten Restaurant würden wir uns sicherlich nicht wohl fühlen, wenn außer dem Klappern des Bestecks auf dem Geschirr absolut nichts zu hören wäre. Leichte Hintergrundmusik und der angenehme Grundlärm einer diffusen Unterhaltung geben uns hier ein besseres Gefühl. So kann Musik auch in der Apotheke positive Empfindungen an den HV-Tischen herbeiführen – und sogar eine diskretere Beratung ermöglichen, weil das Besprochene durch den Klangteppich rechts und links nicht mehr so gut verständlich ist.

Komplett ungeeignet sind Radiosender, da hier zu viele Kommentare der Moderatoren und – noch viel schlimmer – im Halbstundenrhythmus die Nachrichten zu hören sind.

Experten sagen zwar, dass Musik mit 60 bis 70 Beats per Minute (bpm) dem Ruhepuls des Menschen entspricht und dadurch beruhigend wirkt. Eigenen Erfahrungen zufolge schlafen da allerdings bereits am Mittag die Füße ein. Bessere Ergebnisse erzielen Sie, wenn Sie professionell zusammengestellte Musik nutzen, die auf die Tageszeit abgestimmt ist: Das können beispielsweise beschwingte Klänge am Morgen sein und etwas Ruhigeres am Nachmittag oder Abend. Wichtig ist eine sehr dezente Lautstärke knapp an der Wahrnehmungsschwelle. Wegschauen können Ihre Kunden – aber nicht weghören.

Denken Sie natürlich auch an Ihre Mitarbeiter. Deren Unterbewusstsein nimmt die akustische Kulisse schließlich den ganzen Tag über auf. Da dürfte es kein Wunder sein, wenn das gesamte Team bei einer falschen Beschallung nach ein paar Stunden emotional am Ende ist.

Wenden Sie sich auch zwecks musikalischer Untermalung wieder an einen spezialisierten Dienstleister, der Ihnen lizenzfreie Musik über den Internetanschluss ins Haus liefert. Die Kosten dafür sind durchaus tragbar. Und es gibt bereits für die verschiedensten Branchen professionelle Zusammenstellungen, um unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen.

Wie in der Kunst

Bei Kaufentscheidungen kommt es nicht auf einen Sinn allein, sondern immer auf die Summe aller Sinne an. Wie bei einem Mosaik ergibt sich aus einer Vielzahl von Reizen im Gehirn erst das Gesamtbild. Fühlt sich ein Kunde bei Ihnen in der Apotheke besonders wohl – wozu natürlich Duft und Musik beitragen können –, wird er sicherlich länger verweilen und auch mehr kaufen. Denn die meisten Kaufentscheidungen im Handel werden schließlich direkt am Point-of-Sale getroffen!

Emanuel Winklhofer, Apotheker, 93197 Zeitlarn, E-Mail: coaching@winklho.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(04):12-12