Betriebliche Altersvorsorge

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz


Andreas Engeln

Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 01.01.2018 sollte die betriebliche Altersvorsorge für Arbeitnehmer attraktiver gestaltet werden. Zuerst beleuchten wir die frühere Situation anhand praktischer Beispiele, danach dann die Neuerungen ab 2018 bzw. 2019.

Das Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung ist in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gesunken. Daher ist die zusätzliche Altersvorsorge für jeden Arbeitnehmer eine wichtige Ergänzung zu den staatlichen Leistungen.

Altersvorsorge ist der Oberbegriff für alle Maßnahmen, die der Absicherung des Lebensstandards im Alter dienen. In Deutschland beruht die Altersvorsorge auf dem Drei-Säulen-Modell, welches sich aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersvorsorge (im folgenden bAV) bzw. der Zusatzvorsorge im öffentlichen Dienst und der privaten Vorsorge (Rürup- und Riester-Rente sowie private Rentenversicherungen) zusammensetzt.

Als Ergänzung zur gesetzlichen Rente stellen die Betriebsrenten eine wichtige Zusatzversorgung dar. Da in Deutschland nur rund 57% der Arbeitnehmer eine Anwartschaft auf die bAV haben, trat zum 01.01.2018 das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, die bAV auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu etablieren.

bAV vor dem Betriebsrentenstärkungsgesetz

Mitarbeiter hatten bereits durch den §1(a) Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vom 26.06.2001 einen Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge. Der Arbeitnehmer kann laut Gesetz vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze West (BBG) in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden.

Dieser generelle Anspruch auf Entgeltumwandlung gilt auch für Mitarbeiter in Apotheken. Im Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge für Apothekenmitarbeiter vom 01.01.2012 wurde der Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge für tarifgebundene Mitarbeiter gesetzlich festgelegt.

Der Tarifvertrag gilt generell für alle Mitglieder der Tarifparteien sowie für Mitarbeiter, in deren Arbeitsverträgen ein Gehalt laut Tarifvertrag (= Tarifgebundenheit) verankert ist. Der Tarifvertrag selbst gilt nicht für die Kammerbezirke Nordrhein und Sachsen.

Bei dem BetrAVG von 2001 muss unterschieden werden zwischen:

1. Entgeltumwandlung ohne Tarifgebundenheit,

2. Entgeltumwandlung mit Tarifgebundenheit.

Diese Unterteilung gilt auch für das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) vom 01.01.2018.

1. Entgeltumwandlung ohne Tarifvertrag (alt)

Die Mitarbeiter hatten bislang den Anspruch auf Entgeltumwandlung in Höhe von bis zu 4% der BBG. Der Betrag zur Entgeltumwandlung kann z.B. in eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder in eine Pensionskasse eingezahlt werden.

Beispiel:

Eine 30-jährige PTA in Vollzeit (Steuerklasse I, kirchensteuerpflichtig, alleinstehend, kinderlos) mit einem Bruttogehalt von 2.580 € möchte über die Entgeltumwandlung 100 € von ihrem Gehalt in eine Direktversicherung einzahlen. Dieser Betrag wird mit dem Bruttogehalt verrechnet.

Das bedeutet, dass sich ihr Bruttogehalt um den Betrag der Entgeltumwandlung verringert. Die zu zahlenden Steuern und Sozialversicherungsbeträge ändern sich ebenfalls entsprechend dem reduzierten Bruttogehalt.

Der Arbeitgeber spart hier im Beispiel durch die Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers 20 € an Sozialversicherungsabgaben.

Das Nettogehalt der PTA verringert sich um 54 € (vgl. Tabelle 1, Spalten 1 und 3). Mit einem Nettoaufwand von 54 € spart sie durch die Entgeltumwandlung einen Beitrag von 100 € in ihre Direktversicherung an.

2. Entgeltumwandlung mit Tarifvertrag (alt)

Der Tarifvertrag zur betrieblichen Altervorsorge sieht zwei Bausteine zur bAV vor (Abbildung 1). Zum einen erhalten die Mitarbeiter in Apotheken zum Aufbau der bAV nach §1 BetrAVG vom Inhaber einen Arbeitgeberbeitrag (AG-Anteil) in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit. Zusätzlich zum AG-Anteil konnten die Mitarbeiter eine maximale Entgeltumwandlung in Höhe von bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze West verlangen. Der Arbeitgeber ist bei Nutzung der Entgeltumwandlung zur Zahlung eines Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 20% des umgewandelten Betrages verpflichtet.

Beispiel:

Unsere Beispiel-PTA wird nach Tarifvertrag entlohnt und zahlt weiterhin die 100 € Entgeltumwandlung von ihrem Bruttogehalt in die Direktversicherung ein (s.o.). Durch den AG-Zuschuss und den AG-Anteil erhält sie gemäß Tarifvertrag Förderungen vom Arbeitgeber, die in ihre bAV fließen. Der sich ergebene Gesamtbeitrag, welcher in die Direktversicherung eingezahlt wird, setzt sich wie folgt zusammen:

Zum AN-Beitrag von 100 € erhält die PTA zusätzlich den AG-Zuschuss für die Entgeltumwandlung i.H. von 20 € (= 20% des umgewandelten Betrages i.H. von 100 €). Des Weiteren erhält sie den tariflich verpflichtenden AG-Anteil entsprechend ihrer wöchentlichen Arbeitszeit i.H. von 27,50 €. Somit fließen insgesamt 147,50 € in die Direktversicherung. Das sind gegenüber der Variante ohne Tarifbindung 47,50 € mehr.

Der Staat gewährt dem Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung eine Ersparnis bei den Sozialversicherungsbeiträgen (SV-Beiträgen). In unserem Beispiel sind dies 20 €. Der Arbeitgeber zahlt über den AG-Zuschuss i.H. von 20% des umgewandelten Betrages seine ersparten SV-Beiträge an den Arbeitnehmer und zahlt aufgrund des Tarifvertrages 27,50 € als AG-Anteil. Gegenüber dem Arbeitgeber, der nicht laut Tarifvertrag zahlt, ist er um 47,50 € schlechter gestellt (vgl. Gegenüberstellung in Tabelle 1).

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 01.01.2018 haben sich nunmehr wichtige Änderungen bei der bAV ergeben. Einen Überblick gibt Tabelle 2. Im Folgenden werden ausgewählte Sachverhalte des Betriebsrentenstärkungsgesetzes näher beleuchtet.

Erhöhung des steuerfreien Förderrahmens

Die Steuerfreiheit für Beiträge nach §3 Nr. 63 EStG wird von 4% der Beitragsbemessungsgrenze BBG auf insgesamt 8% der BBG erhöht. Die Sozialversicherungsfreiheit besteht jedoch weiterhin für Beiträge nur bis zu einer Höhe von 4% der BBG. Werden künftig weitere 4% bezahlt, sind diese zwar steuerfrei, werden dann aber sozialversicherungspflichtig (Abbildung 2). Dies gilt für alle Mitarbeiter in den Apotheken.

Arbeitgeber-Zuschuss zur Entgeltumwandlung

Bei der Entgeltumwandlung der Arbeitnehmer wird jetzt die Weitergabe der auf Seiten des Arbeitgebers eingesparten Sozialversicherungsbeiträge verpflichtend. Die Weitergabe der Sozialversicherungsbeiträge erfolgt als Zuschuss zur Entgeltumwandlung mit 15% des umgewandelten SV-pflichtigen Entgeltes, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Beiträge einspart. Diese Regelung gilt für Verträge, die ab dem 01.01.2019 abgeschlossen werden. Für Altverträge mit einem Abschluss bis zum 31.12.2018 tritt die Regelung ab dem 01.01.2022 in Kraft. Sind in einem Tarifvertrag andere AG-Zuschüsse geregelt, so gilt der Tarifvertrag vor dem Betriebsrentenstärkungsgesetz.

Gehen wir zurück zum Beispiel ohne Tarifbindung. Bisher hat die PTA bei der Entgeltumwandlung nach altem Recht keine Förderung von ihrem Arbeitgeber erhalten. Dieser wiederum hatte einen Vorteil durch gesparte SV-Beiträge i.H. von 20 €. Durch das BRSG ist der Arbeitgeber nun verpflichtet, 15% der gesparten SV-Beiträge weiterzugeben. Im Beispiel (Tabelle 1, Spalte 4) zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss von 15 € (15% von 100 €). Durch die Zahlung der pauschalen 15% hat der Arbeitgeber eine reale Ersparnis von 5 €. Der Arbeitnehmer erhält nun zu seinen 100 € zusätzlich monatlich 15 € AG–Zuschuss für seine Direktversicherung.

Geringverdiener-Förderung

Geringverdiener hatten es bisher besonders schwer, eine adäquate Altersvorsorge aufzubauen. Angestellte in einer Vollzeittätigkeit mit einem Bruttogehalt von maximal 2.200 € sollen deshalb mit diesem Gesetz besonders gefördert werden. Hierzu wurde ein neuer Förderbetrag nach §100 EStG eingeführt. Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmern mit einem Bruttogehalt unter 2.200 € einen Arbeitgeberzuschuss i.H. von mindestens 240 € bis maximal 480 € pro Jahr zahlen. Der Arbeitgeber kann dann unter bestimmten Voraussetzungen 30% dieses Zuschusses direkt von der Lohnsteuer abziehen.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer bezieht ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.100 €. Der Arbeitgeber zahlt einen Zuschuss zur bAV in Höhe von 40 € pro Monat (= 480 € p.a.).

Der Arbeitgeber kann nun von der abzuführenden Lohnsteuer 12 € pro Monat (= 144 € p.a.) abziehen. Dadurch reduziert sich der Aufwand für den Arbeitgeber auf 28 € (40 € – 12 €).

Möglichkeit der Nachzahlung

Mitarbeiter haben die Möglichkeit, für die Zeit eines ruhenden Arbeitsverhältnisses, wie zum Beispiel während der Elternzeit, die Beiträge später als Einmalzahlung nachzuentrichten. Voraussetzung hierfür ist, dass im jeweiligen Kalenderjahr (Januar bis Dezember) kein Arbeitslohn gezahlt wurde. Die Einmalzahlung ist begrenzt auf 8% der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (West) multipliziert mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Arbeitsverhältnis ruhte (maximal 10 Jahre).

Für den Aufbau der Zusatz-Altersvorsorge ist eine lückenlose Beitragszahlung entscheidend! Mitarbeiter, die aus der Elternzeit zurückkehren, sollten daher über diese Nachzahlungsmöglichkeit informiert werden – so wie es sich empfiehlt, aufgrund der zahlreichen Neuerungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes die Mitarbeiter allgemein über ihre Rechte und die Fördermöglichkeiten in Kenntnis zu setzen.

Dipl.-Kfm. Andreas Engeln, Steuerberater, Partner der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, 45128 Essen, E-Mail: aengeln@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(09):4-4