Immer noch nicht eindeutig

Großhandels-Skonti – was könnte drohen?


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Im neuen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll unter anderem die leidige Skontofrage konkreter als bisher geregelt werden – durch eine minimale sprachliche Änderung des entsprechenden Paragrafen in der Arzneimittelpreisverordnung. Was droht nun?

Neben der Apothekenvergütung ist auch die Großhandelsebene in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelt. Da es bislang unklar war, inwieweit auf dieser Handelsebene Nachlässe über den 3,15%igen Aufschlag hinaus gegeben werden dürfen ("Skonti"), wurden bekanntermaßen bereits die Gerichte bemüht – welche Skonti für zulässig erklärt haben. Da sich der Großhandel immer stärker unter Druck sieht, wird nun konkret §2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV, der sich speziell auf die verschreibungspflichtigen Präparate (Rx) bezieht, neu gefasst:

"Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden."

Bisher lautete der Satz dagegen: "Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erhoben werden."

Statt "darf" wird es nun also "sind zu erheben" heißen. Ergänzend dazu heißt es dann in der Begründung zur o.a. Neufassung der AMPreisV:

"Durch die Änderung wird jetzt eindeutig klargestellt, dass der Großhandel den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zwingend aufschlagen muss. Nur so kann das mit dem Festzuschlag bezweckte Ziel erreicht werden. Rabatte und die im Handel allgemein üblichen Skonti können nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags gewährt werden."

Damit sollen nun alle (Un-)Klarheiten beseitigt sein. Wirklich? Tatsächlich sind ein Rabatt als verhandelte Leistung im Gegenzug für z.B. bestimmte Abnahmemengen und ein Skonto als Entgelt für eine schnellere Zahlung zwei unterschiedliche Dinge. Somit bleibt die Sachlage eindeutig uneindeutig – mit der Ausnahme, dass der Großhandel stets im Minimum 70 Cent erheben muss. Rabatte sind auf die 3,15% Aufschlag begrenzt. Skonti dürfen nach der Begründung ebenfalls gegeben werden – aber nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU bzw. Herstellerpreis).

Wollte man tatsächlich sämtliche Rx-Nachlässe auf die prozentuale Großhandelsmarge beschränken, müsste man sinnvollerweise eine Preisuntergrenze definieren, indem man z.B. eine Formulierung wählt wie "von den Apotheken sind mindestens der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) zuzüglich 70 Cent und höchstens der ApU zuzüglich 3,15% zuzüglich 70 Cent sowie jeweils die Umsatzsteuer zu erheben." Dies ist bislang unterblieben. Weitergehende Skonti bleiben somit wohl weiter im Spiel, worüber aber ein Gutachterstreit tobt.

Angemessene Skonti

Möglicherweise wird man nun den Begriff Skonto genauer analysieren und die Angemessenheit betrachten. Sind 1,5%, 2% oder gar noch mehr angemessen, weil man statt monatlich im 10-Tages-Rhythmus zahlt (Dekadenzahlung)? Als Orientierung kann man umgekehrt marktübliche Verzugs- oder Überziehungszinsen beim Kontokorrent zugrunde legen.

Die Verzugszinssätze betragen nach §288 BGB zurzeit 8,12% p.a. Das Finanzamt berechnet 6% p.a., so wie auch Sozialversicherungen für ausstehende Beiträge. Marktübliche Kontokorrentzinsen bewegen sich zwischen 6% und 9%, teils auch über 10%. So gelangen wir auf Monatsbasis heruntergerechnet zu Zinsen im Bereich von 0,5% bis allenfalls knapp 1%. Für eine maximal drei bis vier Wochen frühere Zahlung wären also Skonti von um oder gar unter 1% angebracht – allerdings nach alter Kaufmannssitte auf den gesamten Zahlbetrag (bzw. hier um 70 Cent je Packung geschmälert).

Heutige "Skonto-Ausschlüsse" machen jedoch gerne die Hälfte des Rechnungsbetrages aus und reduzieren somit z.B. 2% nominalen Skonto schnell auf rund 1% real. Das wäre künftig kritisch zu hinterfragen. Denn es geht eben nicht um die Artikelebene und deren Besonderheiten (wie Hochpreiser, Kontingentartikel, Kühlartikel oder was auch immer), sondern schlicht um die Zahlungsmodalitäten.

Damit wäre aber der Gesamtnachlass im Rx-Segment außerhalb der Hochpreiser auf ca. 3% variable Großhandelsmarge plus maximal etwa 1% Skonto beschränkt, wenn man obige Anhaltswerte für marktgerechte Skonti zugrundelegt. Allerdings könnte zusätzlich Skonto auf das immer bedeutsamere Hochpreissegment (Anteil am Rx-Segment rund 30%) gewährt werden, was heute kaum geschieht. Zudem wird man den Unternehmen dahingehend einen gewissen Spielraum zugestehen müssen, bewerten zu dürfen, was ihnen eine rasche Zahlung wert ist.

Freiheitgrade bestehen zudem bei der Formulierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Großhandels, in denen die regulären Zahlungsbedingungen festgeschrieben werden. Wenn dort großzügige Standard-Zahlungsziele definiert sind – wobei sicher nicht zu weit vom Handelsüblichen bzw. der gesetzlichen 30-Tages-Frist abgewichen werden kann –, fällt es leichter, höhere Skonti auszuloben.

Was steht im Feuer?

Für die "Durchschnitts-Apotheke" dürfte es um etwa 1% bis 2% ihres Einkaufsvolumens i.H. von 1,0 bis 1,2 Mio. € an "Normal-Rx" (ohne Hochpreiser) gehen, die zurzeit in Form von Skonti gewährt werden. Das sind Beträge von 10.000 € bis 24.000 €, die (teilweise) zur Disposition stehen könnten. Auf Packungsebene illustriert Abbildung 1 die Situation und die Bedeutung von Skonti beispielhaft.

Weit stärker kann es umsatzstarke Betriebe treffen, wo teils deutlich über 2% an Skonti zu Buche stehen. Diese Höhe dürfte womöglich aus obigen Erwägungen schwer zu rechtfertigen sein. 1% bis 2% des entsprechenden Einkaufsvolumens stehen so gegebenenfalls gänzlich im Feuer.

Kompensationsmöglichkeiten?

Man mag jetzt an Kompensationsmöglichkeiten durch Non-Rx-Rabatte denken. Doch typischerweise beträgt das Umsatzverhältnis der betroffenen Rx-Segmente zu Non-Rx etwa fünf zu eins. Sie müssten also je Prozentpunkt Einbuße bei Rx einen etwa 5%-Punkte höheren Non-Rx-Nachlass bekommen. Das erscheint ziemlich aussichtslos.

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(09):8-8