Verkauf der Eigentumswohnung

Kein Spekulationsgewinn trotz Vermietung


Helmut Lehr

Wer vermietete Objekte innerhalb von 10 Jahren gewinnbringend veräußert, muss "Spekulationssteuer" zahlen. Eine ausreichend lange Selbstnutzung vor dem Verkauf vermeidet die Steuerbelastung. Auch bei kurzzeitiger Vermietung geht das Finanzamt womöglich leer aus.

Der Veräußerungsgewinn von Immobilien im Privatvermögen unterliegt nur dann der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (sogenannte Spekulationsfrist). Allerdings werden Verkäufe innerhalb dieser Frist nicht zwangsläufig besteuert, ausgenommen sind nämlich "selbstgenutzte" Objekte.

Hier muss man allerdings den Gesetzestext (§23 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) genau lesen, weil es zwei Möglichkeiten gibt, der Besteuerung innerhalb der Spekulationsfrist zu entgehen:

Möglichkeit 1: Das Objekt wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Möglichkeit 2: Das Objekt wurde im Jahr der Veräußerung und in den beiden Jahren zuvor zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Beispiel: Apothekerin Scherhag erwarb im Juni 2009 eine Eigentumswohnung für 200.000 €, die sie bis Mai 2017 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte. In den Monaten Juni bis Dezember 2017 vermietete sie die Wohnung an Dritte. Mit Kaufvertrag vom 18. Dezember 2017 wurde die Wohnung für 250.000 € verkauft. Das Finanzamt berücksichtigte für 2017 einen entsprechenden Veräußerungsgewinn.

Apothekerin Scherhag ist allerdings der Auffassung, dass die Nutzung des Objekts die in Möglichkeit 2 dargestellten Voraussetzungen erfüllte, da sie die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren (2016 und 2015) selbstgenutzt hatte. Anders als bei Möglichkeit 1 wird hier nicht vorausgesetzt, dass die Wohnung im Jahr der Veräußerung "ausschließlich" selbstgenutzt wurde.

Hinweis: Die Finanzverwaltung hält zwar einen Leerstand vor der Veräußerung für unschädlich, nicht aber eine (kurzzeitige) Vermietung.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass der Veräußerungsgewinn steuerfrei bleibt (Urteil vom 07.12.2018, Aktenzeichen: 13 K 289/17). Danach führt eine kurzzeitige Vermietung vor Veräußerung des Objekts nicht zur Steuerpflicht, wenn zuvor eine ausreichend lange Eigennutzung vorlag. Diese muss sich demnach über einen zusammenhängenden Zeitraum im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren erstrecken.

Hinweis: Weil das Gericht die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen hat, ist die Finanzverwaltung nun mit einer Beschwerde vor den Bundesfinanzhof gezogen (Aktenzeichen: IX B 28/19). Es ist also gut möglich, dass dieser Sachverhalt nochmals ausdrücklich höchstrichterlich entschieden wird. Um bis dahin auf der ganz sicheren Seite zu sein, sollte eine Vermietung unmittelbar vor Verkauf möglichst vermieden werden.

Rechtzeitige Selbstnutzung

Wollen Sie eine vermietete Immobilie bzw. Eigentumswohnung innerhalb der Spekulationsfrist mit einem stattlichen Gewinn veräußern, sollten Sie eine vorherige Eigennutzung zumindest in Erwägung ziehen. Im Extremfall genügt hier bereits eine Selbstnutzung von einem Jahr und zwei Tagen (z.B. vom 31.12.2017 bis zum 01.01.2019), wenn das Objekt unmittelbar danach verkauft wird.

Hinweis: Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn bei Mietobjekten kann auch dann entstehen, wenn keine offenkundige Wertsteigerung eingetreten ist! Grund dafür können Abschreibungen sein, die vom Anschaffungswert abgezogen werden.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(09):18-18