Eine immer schwierigere Situation

Kosten- und Gewinnfalle Personalstruktur


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Während der Anteil der Personalkosten am Umsatz seit Jahren halbwegs gleich bleibt, steigt er bezogen auf den Rohertrag beständig. Schwindende Handelsspannen sind ein Grund, aber auch die Personalkostenstruktur gibt häufig zu denken: Viele Häuptlinge, wenige Indianer.

Mit Häuptlingen sind in diesem Zusammenhang teure approbierte Kräfte gemeint, während insbesondere Jung-PTA und PKA zu den "Indianern" zählen mögen. Aber abseits der Wortspielereien ist eine zunehmende Akademisierung der Apothekenmitarbeiter zu beobachten. Nicht selten finden sich doppelt so viele Approbierten- wie PTA-Stunden im Lohnjournal, und dies keineswegs nur in Filialen. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Es sind je nach Region schlicht kaum PTA zu bekommen, erst recht nicht in Vollzeit.
  • Der Bürokratisierungs- und Verkomplizierungswahn erfordert (und bindet kaum wertschöpfend) immer mehr akademische bzw. hochqualifizierte Kräfte.
  • Höhere Qualitätsansprüche in der Beratung verlangen nach mehr Approbierten, besonders bei anspruchsvollen Spezialisierungsrichtungen.
  • Die Inhaber werden stärker durch Managementaufgaben gebunden und können gar nicht mehr so viel im Handverkauf (HV) tätig sein.

Nichtsdestotrotz wird es schwierig, gute Renditen zu erwirtschaften, wenn die Kosten je geleistete Arbeitsstunde zu hoch sind. Letztere steigen ebenfalls, wenn weniger Nachwuchs mit günstigeren Einstiegslöhnen gewonnen werden kann und die derzeitigen Mitarbeiter in immer höhere Tarifstufen rutschen. Wenn die Stunden dann teuer sind, müssen sie demzufolge recht knapp gehalten werden. Dies wiederum bedingt eine hohe Arbeitsverdichtung. Ein Schlupfloch aus dieser Misere besteht darin, einen Kommissionierautomaten einzusetzen. Dieser ermöglicht es, etliche Stunden für das Packungshandling in den pharmazeutischen Bereich umzuschichten, sei es, indem PKA-Stunden ganz wegfallen und neu besetzt werden, oder aber, indem man frühere Warenwirtschaftstätigkeiten der PTA wertschöpfender in den HV-Betrieb umleitet. Immer mehr Apotheken haben jedoch bereits einen solchen Automaten.

Ein Beispiel

Wir betrachten eine gut durchschnittliche Apotheke der 2,5-Mio.-€-Klasse mit einem Rohertrag von gut 600.000 €. Das im Beispiel als Vorgabe formulierte Wochenstunden-Kontingent (ohne Hilfskräfte wie Boten, Reinigungskraft etc.) betrage 240 Stunden. Hierunter seien die bezahlten "Vertragsstunden" verstanden. Für eine 40-Stunden-Vollzeitkraft sind das rund 2.080 Stunden jährlich. Effektiv gearbeitet werden abzüglich Urlaub, Krankheit etc. jedoch in Vollzeit nur etwa 1.700 bis 1.750 Stunden jährlich. Hier rechnen wir mit 1.750 Stunden.

Dieses Stundenkontingent können wir nun auf verschiedene Weise bestücken, drei Varianten zeigt Tabelle 1.

Wir vereinfachen weiter und lassen die Stundenzahl und die Bezahlung der PKA in allen Varianten gleich. Somit werden die "Kostenschlachten" im pharmazeutischen Bereich geschlagen, wie übrigens in der Praxis meist auch.

In der "Luxusvariante" A finden sich 110 Wochenstunden bei den Approbierten (=2,75 Vollzeitäquivalente) mit eher etwas höherer, aber keineswegs übertriebener Bezahlung. Dieses Modell könnte auch eine Filialvariante sein, wobei für die Filialleitung wohl noch rund 10% bis 15% aufzuschlagen wären. Dafür gibt es nur 70 PTA-Wochenstunden. Ergebnis: 314.340 € Gesamtkosten sowie 29,94 € durchschnittlicher Stundensatz. Bei 60.000 Bonkunden wären stolze 5,24 € je Kunde an Personal aufzuwenden, noch ohne Berücksichtigung weiterer (geringfügig beschäftigter) Hilfskräfte.

Variante B mit stundenmäßig gleich honorierten Approbierten, aber nur auf drei Halbtagsstellen und somit 60 Approbiertenstunden je Woche verteilt, dafür aber vier PTA mit einer Gesamtarbeitszeit von 120 Wochenstunden, reduziert die Personalkosten um kräftige 26.000 € – wohlgemerkt bei gleicher Gesamtstundenzahl! So sehen die Kennziffern gleich viel besser aus.

Die "schwäbische" Variante C arbeitet mit dem gleichen Stundenverhältnis von Approbierten zu PTA wie Variante B, setzt aber niedrigere Gehälter an (junge Kräfte etwas über Tarif) und verteilt die Stunden auch auf weniger Köpfe. Das spart dann satte weitere 36.000 €!

Alles in allem liegen zwischen der teuersten und der günstigsten Variante beachtliche 62.400 € oder gut 1 € je Kunde. Das illustriert prinzipiell das enorme Potenzial dieser "Stellschraube", auch wenn das im Einzelfall in dieser Spannbreite sicher nur selten realisiert werden kann.

Lösungen

Wie lässt sich nun die Personalstruktur kosteneffizient und qualitativ überzeugend gestalten?

  • Zuerst bedarf es eines etablierten Instrumentariums, um diese Thematik aufzuhellen. Hierfür bietet sich die regelmäßige Erfassung von Kennziffern an, wie die durchschnittlichen Gesamtkosten je effektiv geleisteter Arbeitsstunde oder die Personalkosten je Bonkunde.
  • Eine erfolgsorientierte Führung und Gehaltspolitik schaut zwar aufs Geld, aber auch auf die Motivation und ein leistungsförderndes Umfeld – höhere Erträge erlauben eine bessere Bezahlung bei trotzdem guter Rendite, eine Win-Win-Situation!
  • Bilden Sie mit zeitlichem Vorlauf genügend Nachwuchs heran! Sie können sich so Mitarbeiter passgenau heranziehen und entwickeln (= höheres Ertragspotenzial für Ihren Betrieb) und profitieren erst einmal von günstigeren Einstiegsgehältern bzw. Praktikantenvergütungen.
  • Erlauben Sie dennoch eine gewisse Fluktuation, und lassen Sie "Low-Performer" ziehen. So halten Sie das durchschnittliche Leistungsniveau hoch und vermeiden "Ansteckungseffekte", die schlechte, unmotivierte und negativ gefärbte Mitarbeiter auf andere ausüben.
  • Personalplanung und die richtige "Ressourcenallokation" (wer macht was?) sind weitere Hebel, dazu an anderer Stelle mehr.

Wer jetzt genauer hinschaut, wird nicht selten erkennen, dass er über die Jahre hinweg die gleiche oder gar eine – durch (zu) lange Betriebszugehörigkeiten und das "Einrosten" der Arbeitsabläufe – spürbar schlechtere Leistung zu immer höheren Stundenkosten erhalten hat. Dem gilt es für die Zukunft klug entgegenzusteuern.

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(11):10-10