Wenn Sie die Kosten fürs Geschäftsessen übernehmen

Neues zum Vorsteuerabzug


Helmut Lehr

Wer geschäftlich essen geht, kann die Kosten zu 70% als Betriebsausgaben abziehen. Den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen hingegen können Sie in voller Höhe geltend machen – selbst wenn die Belege nicht ordnungsgemäß sind.

Bewirtungsaufwendungen für Geschäftspartner werden seitens der Finanzverwaltung genau unter die Lupe genommen. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass hier vergleichsweise strenge Formvorschriften zu beachten sind. Ein Betriebsausgabenabzug kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn ordnungsgemäße Belege vorliegen. Diese müssen den Ort, den Tag, die Teilnehmer sowie den Anlass der Bewirtung enthalten – und natürlich die Höhe der Aufwendungen.

Hinweis: 30% der Kosten gelten pauschal als nicht abzugsfähig, sodass der Betriebsausgabenabzug auf 70% begrenzt ist. Sind die Aufwendungen generell unangemessen hoch (z.B. Bewirtung im "Nachtclub"), droht eine komplette Kürzung des Betriebsausgabenabzugs.

Formalitäten beachten

Üblicherweise lassen Sie sich geschäftlich in einem Restaurant bzw. einer Gaststätte bewirten. Die Rechnungen müssen dann natürlich Name und Anschrift des Lokals enthalten. Außerdem muss der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen zwingend vermerkt sein, sofern der Rechnungsbetrag 150 € übersteigt.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist der Betriebsausgabenabzug auch nur dann möglich, wenn Sie die Eintragungen zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung zeitnah machen.

Hinweis: Fehlen diese Angaben und entdeckt die Betriebsprüfung solche Belege, versagt sie Ihnen den Betriebsausgabenabzug regelmäßig – selbst in solchen Fällen, in denen Sie in der Lage wären, die Belege nachträglich noch wahrheitsgemäß zu ergänzen.

Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug

Stellt die Finanzverwaltung formelle Mängel fest, streicht sie im Allgemeinen nicht nur den Betriebsausgaben-, sondern auch den Vorsteuerabzug. In der Folge müssen Sie neben Einkommen- bzw. Gewerbesteuer zusätzlich noch Umsatzsteuer nachzahlen. Das ist insofern besonders hart, als der Vorsteuerabzug für Bewirtungskosten eigentlich zu 100% möglich ist – und nicht nur zu 70%.

Unternehmerfreundliche Rechtsprechung

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat nun erfreulicherweise entschieden, dass ein Verstoß gegen die einkommensteuerlichen Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen nicht zugleich dazu führt, dass der Vorsteuerabzug versagt werden darf (Urteil vom 09.04.2019, Aktenzeichen: 5 K 5119/18). Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob

  • Sie nachgewiesen haben, dass die Bewirtungsleistungen aus geschäftlichen Gründen in Anspruch genommen wurden,
  • die Kosten angemessen sind.

Im Streitfall hatte ein selbstständiger Unternehmensberater und Dozent Vorsteuern aus Bewirtungskosten geltend gemacht, obwohl die Belege keine Eintragungen zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung enthielten. Die Eintragungen nahm er im Einspruchsverfahren nachträglich vor. Dennoch blieb das Finanzamt dabei, den Vorsteuerabzug zu kürzen.

Das Finanzgericht hatte keine Zweifel daran, dass die Aufwendungen angemessen und geschäftlich veranlasst waren. Auch wenn der Betriebsausgabenabzug mangels zeitnaher Eintragungen in den Belegen verweigert werden darf (Verstoß gegen Formvorschriften), gelten für den Vorsteuerabzug andere Spielregeln. Insoweit ist nämlich das für die Umsatzsteuer maßgebende Unionsrecht zu beachten, das letztlich "nur" einen Nachweis der unternehmerischen Verwendung fordert.

Hinweis: Natürlich sollten Sie stets darauf achten, dass Sie Bewirtungsbelege zeitnah ergänzen und damit auch die einkommensteuerrechtlichen Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug erfüllen. Wenn Sie das allerdings übersehen haben, darf das Finanzamt nicht zum großen "Rundumschlag" ausholen, sondern muss sorgfältig zwischen Betriebsausgaben und Vorsteuern unterscheiden. Gelingt es Ihnen später noch, glaubhaft darzulegen, dass die Bewirtungen geschäftlich veranlasst waren, sollte zumindest der volle Vorsteuerabzug erhalten bleiben.

Verstoß gegen besondere Aufzeichnungspflichten

Nach §4 Abs. 5 Nr. 7 Einkommensteuergesetz müssen u.a. Aufwendungen für Geschenke, Bewirtungen und das häusliche Arbeitszimmer einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden. Verstoßen Sie gegen diese Formalität, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass der Vorsteuerabzug insoweit verloren geht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.02.2005, Aktenzeichen: V R 76/03). Auch hier gilt demnach: Wenn das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug kürzt, weil Sie die besonderen Aufzeichnungspflichten missachtet haben, sollten Sie dies nicht ohne Weiteres für den Vorsteuerabzug akzeptieren.

Hinweis: In vielen Bewirtungsbelegen findet sich der einfache Hinweis "Speisen und Getränke". Dies reicht der Finanzverwaltung für den Betriebsausgabenabzug meist nicht aus. Für den Vorsteuerabzug hat sie aber ausdrücklich klargestellt, dass solche pauschalen Angaben genügen (vgl. Richtlinie 4.10 Absatz 8 Einkommensteuer-Richtlinien 2012). Dennoch sollten Sie natürlich stets dafür sorgen, dass die Belege ordnungsgemäß sind und die Speisen bzw. Getränkeeinzeln bezeichnet werden.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(14):16-16