Das Marketing-Konzept für Ihre Apotheke (Teil 7)

Nur wer das Ziel(segment) kennt, kann es treffen


Frank Weißenfeldt

Märkte bestehen aus Kunden. Und Kunden unterscheiden sich in ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihren Bedürfnissen, ihren finanziellen Möglichkeiten, ihrem Kaufverhalten und vielen weiteren Aspekten. Anhand all dieser Variablen lässt sich auch der Apothekenmarkt segmentieren.

Unternehmen, die in ihrem Markt an der Spitze liegen, genießen Wettbewerbsvorteile: Sie haben ein exzellentes Image und werden oft als besonders fachkundig oder innovativ angesehen. Das führt zu hohen Empfehlungsquoten, einer hervorragenden Kundenbindung und entsprechend hohen Umsätzen. Dies gilt zweifelsohne auch für Apotheken.

Nach welchen Kriterien Sie segmentieren können

Wenn es nicht realistisch ist, dass Sie im eigenen Stadtteil bzw. Ort entweder der "Platzhirsch" sind oder sich dazu entwickeln, sollten Sie zumindest in einem Kundensegment die Nase vorn haben. Und hierfür müssen Sie Ihre (potenziellen) Kunden erst einmal nach bestimmten Kriterien segmentieren.

Fragen Sie sich: Gibt es in Ihrem unmittelbaren Umfeld bestimmte "Kundentypen", die sich in ihrem Kaufverhalten sehr ähneln, besonders häufig? Und lassen sie sich über definierte Kriterien klar von anderen Kunden abgrenzen? Denn darin liegt schließlich das "Geheimnis" einer adäquaten Zielgruppenansprache: Die einzelnen Segmente müssen bezüglich der kaufrelevanten Kriterien in sich möglichst homogen, untereinander jedoch möglichst heterogen sein.

Beliebte und in der Regel auch kaufrelevante Segmentierungskriterien sind:

  • Alter,
  • Geschlecht,
  • Einkommen bzw. Kaufkraft,
  • Bildung,
  • Einstellung (z.B. eher ökologisch und eher hedonistisch) sowie – besonders für Apotheken oft interessant –
  • Erkrankungen.

Ein Beispiel: Sie stellen fest, dass die Verbraucher in Ihrem unmittelbaren Umfeld Kunststoffverpackungen und Plastiktüten vermeiden, Feinstaub und CO2 reduzieren wollen und überdies eine positive Meinung zu Phytopharmaka und Naturkosmetika haben. Dies könnten Anhaltspunkte für ein "grünes" Segmentierungskriterium sein. Wenn Sie zusätzlich noch herausfinden, dass diese potenziellen Kunden eher jüngeren Akademikerfamilien mit höherer Kaufkraft angehören, ließe sich ein interessantes Segment für die Apotheke definieren als: Menschen im Alter von 25 bis 55 Jahren mit überdurchschnittlich hohem Einkommen, höherer Bildung und einer grundsätzlich ökologischen Gesinnung. Ansprechen könnten Sie dieses Zielsegment beispielsweise, indem Sie individuelle Hautberatungstermine mit Schwerpunkt auf pflanzlich hergestellten Biocremes anbieten.

Ein weiteres Beispiel: Unter Ihren Kunden sind sehr viele Diabetiker. Diese könnten Sie beispielsweise zu Vorträgen und Aktionstagen einladen. Als zusätzliche Services wären denkbar:

  • Vorsorgetests,
  • Informationen zu den Wirkweisen von Insulin und Diabetes-Medikamenten,
  • Beratung zu Therapiemöglichkeiten bei Folgeerkrankungen,
  • Ernährungsberatung,
  • Blutzuckermessung mit entsprechender Beratung,
  • Überprüfung und gegebenenfalls Tausch von alten Blutzuckermessgeräten.

Welche Kunden wirtschaftlich bedeutend sind

Es versteht sich von selbst, dass Ihre Zielgruppen wirtschaftliche Bedeutung für die Apotheke haben sollten. Um das zu überprüfen, können Sie beispielsweise eine ABC-Analyse durchführen – zum einen, um zu erkennen, ob ein von Ihnen definiertes Segment auch tatsächlich einen positiven Einfluss auf Ihre Kennzahlen hat, und zum anderen, um z.B. Ihre umsatzstärksten Kunden als eigene Zielgruppe anzusprechen.

Die Grundlage für die ABC-Analyse bildet das nach dem italienischen Ingenieur, Ökonomen und Soziologen Vilfredo Federico Pareto (1848–1923) benannte Pareto-Prinzip. Es besagt, dass 80% der Ergebnisse mit 20% des Aufwandes erreicht werden, während die verbleibenden 20% der Ergebnisse mit 80% des Aufwandes die meiste Arbeit erfordern – daher ist das Prinzip auch als "80-zu-20-Regel" bekannt.

Um eine ABC-Analyse durchzuführen, müssen Sie zunächst die Ist-Werte für das Analysekriterium (z.B. den Umsatz) ermitteln. Eine Basis dafür kann das Kundenkartensystem sein – natürlich unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die Daten sollten sich auf denselben Zeitraum beziehen und zusammenführbar bzw. kompatibel miteinander sein.

Anschließend gilt es, die Ziele – also die Soll-Werte – zu definieren (vgl. AWA 13/2019). Ist das geschehen, können Sie und Ihr Team mit der ABC-Analyse loslegen. Die einzelnen Schritte, hier für das Analysekriterium Umsatz, sind:

1. Addieren Sie die Umsätze für jeden definierten Kunden. Der Gesamtumsatz eines jeden Kunden wird für das vergangene Geschäftsjahr erhoben und aggregiert.

2. Ermitteln Sie den Anteil eines jeden Kunden am Gesamtumsatz, sprich: Dividieren Sie den Jahresumsatz des Kunden durch den Jahresumsatz der Apotheke und multiplizieren Sie das Ergebnis mit 100.

3. Bringen Sie die Kunden in eine Reihenfolge – beginnend mit dem höchsten und endend mit dem niedrigsten Umsatzanteil. Stellen Sie dann die kumulierten Umsatzanteile z.B. in einem Säulendiagramm oder in einer Konzentrationskurve dar.

4. Bilden Sie die drei Kategorien A, B und C: Auf das Pareto-Prinzip zurückgreifend, werden alle "sortierten" Kunden bis zu einem kumulierten Anteil von 80% am Gesamtumsatz als A-Kunden eingestuft. Zwischen 80% und 95% handelt es sich um B- und bei den letzten 5% des kumulierten Gesamtumsatzes um C-Kunden (Abbildung 1).

5a. Wenn Sie überprüfen wollen, ob ein vorab von Ihnen definiertes Segment wirtschaftlich bedeutend ist, gilt es nun zu analysieren, ob dieses Segment aus möglichst vielen A-Kunden besteht.

5b. Wenn Sie den Umsatz als Segmentierungskriterium verwenden, sollten Sie nun gemeinsam mit Ihrem Team ein Brainstorming durchführen mit dem Ziel, Maßnahmen abzuleiten. Möglich wäre z.B., dass alle A-Kunden zum Geburtstag eine Glückwunschkarte erhalten.

Grundsätzlich gilt: Das Apothekenteam sollte sich – jenseits des heilberuflichen Versorgungsauftrags – auf die wirtschaftlich wichtigste Kundengruppe, also die A-Kunden, fokussieren. Nichtsdestotrotz ist natürlich jeder Kunde gleichermaßen freundlich zu bedienen.

Fazit

Bei einer Vielzahl von Kunden gibt es sehr viele Segmentierungsmöglichkeiten, über die sich Apotheken Wettbewerbsvorteile erarbeiten können. Entscheidend ist, dass Sie jedes Segment wirtschaftlich sinnvoll adressieren.

Literatur

Benatzky, D.: Grundkurs Apothekenmarketing – Teil 9: Das Apothekenprofil entwickeln. In: Apotheker Zeitung 12/2016, S. 6

Kotler, P., et al.: Grundlagen des Marketing, Pearson Deutschland: Hallbergmoos 2016

Kotler, P., et al.: Marketing-Management, Pearson Deutschland: Hallbergmoos 2017

https://www.marketinginstitut.biz/blog/abc-analyse/ (Abruf: 27.06.2019)

Frank Weißenfeldt, Diplom-Betriebswirt und MBA, Associate Director, IQVIA Commercial, Frankfurt/Main, E-Mail: Frank.Weissenfeldt@iqvia.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(14):10-10