"Ab heute keinen Traubenzucker mehr!"

Wie Sie Ihren Kunden das Werbegabenverbot kommunizieren


Anna Schatz

Nun ist es ganz offiziell: Keine Werbegaben zu Rx-Arzneimitteln! Doch was sagen Sie jetzt eigentlich zu Ihren Kunden, die sich an das Badezusatzpröbchen bei Rezepteinlösung gewöhnt haben? Und bietet Ihnen das Verbot vielleicht sogar Chancen?

Zumindest der ein oder andere von Ihnen mag bislang gedacht haben, dass es ganz einfach sei: Man könne selbst entscheiden, ob es am Ende des Beratungsgesprächs zu Rx-Präparaten noch ein kleines Geschenk gibt – oder eben nicht. Das war aber nur augenscheinlich so. Denn aus dem AWA 13/2019 wissen wir, dass auch kleine Beigaben zu Rx-Arzneimitteln bereits seit 2013 verboten sind – und dass der Bundesgerichtshof (BGH) diese Null-Toleranz-Grenze jetzt "nur" höchstrichterlich bestätigt hat.

"Nichts ist mächtiger als die Gewohnheit"

Wer also bislang noch zu denen gehört hat, bei denen es trotzdem den "obligatorischen" Traubenzucker bei Rezepteinlösung gab, der muss darunter nun einen Schlussstrich ziehen. Das aber stellt die Apothekenmitarbeiter vor ein Problem. Denn der Mensch – und damit jeder Kunde – ist ein Gewohnheitstier: Wird ihm etwas weggenommen, das es vorher immer gab, dann löst das einen "Schmerz" aus. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um "kleine" Ein-Euro-Geschenke oder kostspieligere Talerprämien handelt.

Insofern haben viele von Ihnen sicherlich gerade in den letzten Tagen schon Sprüche gehört wie: "Jetzt sparen Sie das auch noch ein, dabei ist doch alles schon so teuer!" – und sind damit in schwierige Gespräche verwickelt worden. Was können Sie tun, um solche Gespräche entweder zu vermeiden oder bestmöglich zu führen?

Denken Sie über neue Möglichkeiten nach

Wenn Kunden zusätzlich zum Rx- ein Nicht-Rx-Präparat kaufen, könnten Sie für beide Käufe separate Vorgänge anlegen – und für den Nicht-Rx-Kauf dann auch weiterhin ein kleines Präsent mitgeben (vgl. dazu AWA 13/2019). Das allerdings kostet Ressourcen und Nerven. Und wenngleich Sie und Ihre Mitarbeiter vielleicht jetzt noch auf die strikte Trennung der Vorgänge achten: In ein paar Monaten wird sich das ändern.

Eine andere Möglichkeit, um Ihren Kunden weiterhin Pröbchen und Co. mitzugeben: Sie stellen eine schöne Schütte in der Apotheke auf, legen die Präsente hinein und weisen die Kunden darauf hin, dass sich jeder bedienen kann – und zwar unabhängig davon, was er gekauft und wie viele Rezepte er gegebenenfalls eingelöst hat. Es sollte überdies keine Rolle spielen, ob der Kunde die Apotheke nach der Beratung verlassen hat, ohne überhaupt etwas zu kaufen.

Ein Tipp: Die Schütte muss ja nicht ständig in der Apotheke stehen, sondern kann es vielmehr nur zu ausgewählten Zeiten. Dann sollten Sie Ihre Kunden vorab informieren, dass sich alle an Tag X etwas aus der Schütte nehmen können.

Grundsätzlich gilt: Achten Sie darauf, dass die Präsente in einem angemessenen Kostenrahmen liegen (<1 €). Das gilt übrigens auch für Kalender.

Haben Sie z.B. bislang auf ein Talersystem gesetzt? Und gab es die Taler auch bei Rx-Arzneimitteln? Dann denken Sie über neue Konzepte nach: Warum bieten Sie nicht stattdessen jeden Monat eine Verlosung für alle Ihre Kunden an?

Wenn Sie Ihre Kunden auf die Verlosung hinweisen, können Sie ihnen gleich auch erklären, welche Vorteile es mit sich bringt, in Ihre Stammkartei aufgenommen zu werden. Das kann z.B. ein Interaktionscheck auch auf Basis gespeicherter Einkäufe sein oder die Möglichkeit, über Aktionen wie die o.a. Verlosung informiert zu werden. So können Sie neue Stammkunden gewinnen – und mit ihnen Kontaktadressen für Ihre zukünftigen Marketingaktionen.

Achtung: Hier gilt es natürlich immer, die datenschutzrechtlichen Vorgaben im Blick zu behalten (vgl. z.B. AWA 7/2018)!

Reagieren Sie proaktiv

So lange noch nicht alle Kunden vom Werbegabenverbot gehört haben: Informieren Sie sie frühestmöglich – also gleich zu Beginn des Beratungsgesprächs. Damit nehmen Sie der ganzen Problematik proaktiv den Wind aus den Segeln. Der Kunde hat so das Gefühl, dass Sie wissen, was ihn bewegt. Überdies bieten Aushänge oder Plakate Möglichkeiten, um die Kunden schon beim Betreten der Apotheke auf die (vermeintlich) neue Situation aufmerksam zu machen.

Nutzen Sie dabei die Chance, Ihre besonderen Serviceleistungen herauszustellen. Denn viele Apotheken kommunizieren viel zu wenig, was sie alles können. Wenn Sie dem Kunden schon "seine" Geschenke wegnehmen, sollte er wissen, warum es sich trotzdem lohnt, zu Ihnen zu kommen. Sagen Sie es ihm also!

Voraussetzung: Sie müssen sich überlegen, was Sie derzeit schon Besonderes anbieten bzw. in Zukunft anbieten wollen – entgeltlich oder unentgeltlich.

Wichtig: Für den einen oder anderen Kunden waren die Handcreme oder der Badezusatz bis jetzt genau das gewisse Extra an Service in der Apotheke. Hier sollten Sie also besonders sensibel kommunizieren.

Kommunizieren Sie richtig

Wie kommunizieren Sie mit Ihren Kunden, sei es im Gespräch oder auch auf Plakaten und Co.? Ein paar Formulierungsvorschläge:

Vorschlag 1: "Liebe Kunden, es gibt ein aktuelles Rechtsurteil, nach dem wir keinerlei Beigaben mehr verteilen dürfen, wenn Sie nur ein Rezept bei uns einlösen. Für uns ist es wichtig, Sie optimal zu beraten und Ihnen einen ausgezeichneten Service zu bieten. Deshalb möchten wir gerne von Ihnen erfahren, was für Sie persönlich besonders wichtig ist, wenn Sie uns in der Apotheke besuchen. Bitte teilen Sie uns Ihre Vorstellungen ganz konkret mit! Nur so können wir überprüfen, ob wir bereits heute alles tun, um Sie hier vor Ort optimal zu versorgen."

Vorschlag 2: "Liebe Kunden, Sie sind verwundert, dass wir Ihnen keine Präsente mehr mitgeben, wenn Sie nur ein Rezept bei uns einlösen – und das können wir verstehen. Allerdings verbietet uns ein aktuelles Rechtsurteil solche Präsente. Nichtsdestotrotz möchten wir natürlich, dass Sie als unsere Kunden weiterhin immer zufrieden sind. Lassen Sie sich deshalb jetzt in unsere Kundenkartei aufnehmen. Dann können wir Sie regelmäßig mit den wichtigsten News zu allen Gesundheitsthemen versorgen und Sie zu attraktiven Vorträgen und Veranstaltungen bei uns einladen. Wenn Sie Interesse haben, erklären wir Ihnen gerne alles Weitere."

Hinweis: Mit "allem Weiteren" ist dann u.a. wieder der Datenschutz gemeint.

Vorschlag 3: "Sie haben sicherlich schon mitbekommen, dass wir Ihnen laut einem Rechtsurteil keine Präsente mehr mitgeben dürfen, wenn Sie nur ein Rezept einlösen. Doch wussten Sie eigentlich schon, dass wir in Sachen Medikationspläne und Wechselwirkungschecks speziell ausgebildet sind? Testen Sie doch unser ganzes Serviceangebot, und machen Sie einen Termin für eine persönliche Sprechstunde mit uns aus!"

Hinweis: Anstelle der "Medikationspläne und Wechselwirkungschecks" könnten hier auch andere Leistungen stehen, wie z.B. Diabetesprophylaxe oder Sportlerernährung.

Verbreiten Sie keine schlechte Stimmung

Wie auch immer Sie Ihre Kommunikation zukünftig ändern: Vergessen Sie nicht, dass Sie für Ihre Mitarbeiter eine Vorbildfunktion haben! Beschweren Sie sich also nicht ständig über das Urteil und den damit verbundenen Ärger. Denn dann werden diejenigen Mitarbeiter, die Ihnen gefallen möchten, damit anfangen, dieses Verhalten zu übernehmen – was letztlich dazu führt, dass alle demotiviert sind.

Motivieren Sie stattdessen: Versuchen Sie, die ganze Situation positiv zu sehen, und verhalten Sie sich dementsprechend – sowohl Ihren Kunden als auch Ihren Mitarbeitern gegenüber.

Anna Schatz, Geschäftsführende Gesellschafterin, HealthcareComm GmbH 40221 Düsseldorf, E-Mail: kontakt@healthcarecomm.eu

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(14):12-12