Wenn Sie zukünftig Hilfsmittel abgeben wollen

Nur noch nach Überwachungsaudits


Thomas Platz

Im "Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung" wurde 2017 u.a. festgelegt, dass sich die Präqualifizierungsstellen einem Akkreditierungsverfahren unterziehen müssen. Allerdings sind auch Apotheken betroffen – auf sie kommen zwei kostenpflichtige Überwachungsaudits zu.

Für alle, die Hilfsmittel an Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgeben wollten, galt seit den 90er-Jahren zunächst die sogenannte Zulassung. Sie wurde pro Kassenart erteilt und war unbefristet gültig. Damals wurden sämtliche Hilfsmittel in lediglich drei Gruppen unterteilt, und ein Antragsteller musste nur sehr wenige Dokumente einreichen – aus heutiger Sicht paradiesische Zustände! Allerdings haben einige Leistungserbringer dies ausgenutzt und z.B. Betriebsstätten in Hochhäusern angemeldet. Deswegen war das Zulassungsverfahren bald Schnee von gestern.

Was hat es mit der Präqualifizierung auf sich?

Anschließend konnten die Krankenkassen während einer kurzen Phase die Anforderungen an ihre Vertragspartner selbst festlegen – was sie aber komplett überzogen. In der Folge schrieb der Gesetzgeber in §126 Sozialgesetzbuch (SGB) V die Grundlage für die Präqualifizierung fest.

Als die Präqualifizierung im Frühjahr 2011 eingeführt wurde, reagierten die Apotheken eher verhalten: Trotz unzähliger Hinweise der Verbände nahmen sie offenbar nicht wahr, dass neben einer Vertragspartnerschaft nun auch der Nachweis der Präqualifizierung notwendig war, um Hilfsmittel aller Art abgeben zu dürfen.

Für die Präqualifizierung wurde das gesamte Hilfsmittelverzeichnis in einem 80-seitigen, tabellarischen Kriterienkatalog in mehr als 100 Gruppen unterteilt. Wer einen Antrag stellt, um Patienten mit Hilfsmitteln aus einer dieser Gruppen versorgen zu dürfen, muss diverse Anforderungen erfüllen. So etwa ist ein sogenannter fachlicher Leiter für die entsprechende Gruppe zu benennen. In Apotheken darf dies zwar prinzipiell ein Angehöriger jeder (dafür vorgesehenen) Berufsgruppe sein, üblicherweise wird jedoch ein Apotheker benannt.

Hier zeigt sich bereits eine unangenehme Konsequenz des Verfahrens: Denn es gibt Produktgruppen, für die Apotheker nicht als fachliche Leiter vorgesehen sind, wie z.B. für die Produktgruppe 12 (Tracheostoma). Somit können sich Apotheken in entsprechenden Fällen nicht für diese Produktgruppen präqualifizieren und sind eben z.B. von der Tracheostoma-Versorgung ausgeschlossen.

Wozu gibt es Präqualifizierungsstellen?

Ob Sie sich für die Versorgung mit Hilfsmitteln einer bestimmten Gruppe eignen, wird nicht durch die Krankenkassen, sondern durch eine unabhängige Präqualifizierungsstelle überprüft. Alle diese Stellen sind verpflichtet, die im Kriterienkatalog geforderten Vorgaben neutral und einheitlich umzusetzen.

Viele Präqualifizierungsstellen konzentrieren sich auf bestimmte Produktgruppen oder Gruppen von Leistungserbringern. Auf die Präqualifizierung von Apotheken hat sich die "Agentur für Präqualifizierung" (AfP) spezialisiert, eine wirtschaftende ABDA-Tochter. Apotheker können sich aber auch an andere Präqualifizierungsstellen wenden.

Einzelne Landesapothekerverbände (z.B. der hessische) bieten als Serviceleistung an, die Anträge ihrer Mitglieder zunächst auf Vollständigkeit zu überprüfen und dann an die AfP weiterzuleiten. Es ist empfehlenswert, dieses kostenlose Angebot zu nutzen. Aber natürlich können Sie die Unterlagen auch direkt an eine Präqualifizierungsstelle Ihrer Wahl übermitteln, wenn Sie nicht möchten, dass der Verband Einblick in bestimmte Daten erhält.

Haben Sie sich präqualifiziert, pflegen die Präqualifizierungsstellen Ihr Institutionskennzeichen (IK) und die Hilfsmittelgruppen, für die Sie präqualifiziert sind, in eine zentrale Datenbank ein. Auf diese Datenbank greifen dann die Kostenträger zu und können so bei der Abrechnung bzw. schon dann, wenn Sie einen Kostenvoranschlag einreichen, abgleichen, ob Sie überhaupt zur Abgabe dieses Hilfsmittels berechtigt sind. Andere Daten – wie Bilder, Mietverträge o.Ä. – werden übrigens nicht in der Datenbank gespeichert: Sie liegen nur der entsprechenden Präqualifizierungsstelle – und nicht den Kostenträgern – vor.

Eine Präqualifizierung ist fünf Jahre gültig. Anschließend ist eine Re-Präqualifizierung erforderlich, die ebenfalls fünf Jahre läuft.

Worauf sollten Sie achten?

Die Präqualifizierung ist an die Person des fachlichen Leiters gebunden: Scheidet er aus der Apotheke aus, müssen Sie die entsprechenden Nachweise über seinen Nachfolger, über die entrichteten Kosten und über die aufgewendete Zeit für die betroffene(n) Gruppe(n) erneut erbringen. Daher empfiehlt es sich, als fachlichen Leiter eine Person anzugeben, die den Betrieb auf absehbare Zeit voraussichtlich nicht verlassen wird. Ferner ist es sinnvoll, nur einen einzigen fachlichen Leiter für alle beantragten Gruppen anzugeben – und nicht mehrere.

Wollen Sie Ihr "Präqualifizierungs-Spektrum" nachträglich erweitern, ist dies erneut kostenpflichtig. Deswegen ist es empfehlenswert, dass Sie sich im Zweifelsfall auch für Hilfsmittel präqualifizieren, die Sie (noch) nicht abgeben.

Es ist außerdem sinnvoll, sich für die Re-Präqualifizierung nach fünf Jahren wieder an diejenige Präqualifizierungsstelle zu wenden, die bereits die Erst-Präqualifizierung vorgenommen hat. Verwahren Sie dafür auch die Unterlagen der Erst-Präqualifizierung gut auf – sie werden immer wieder benötigt.

Läuft die Präqualifizierung ab, sollten Sie sich rechtzeitig re-präqualifizieren. Denn in "Lücken-Zeiten" sind Sie nicht berechtigt, die entsprechenden Hilfsmittel abzugeben. Hier können Ihnen nicht heilbare Retaxationen drohen!

Welche zusätzlichen Kosten kommen auf Sie zu?

Die Präqualifizierungsstellen wurden anfänglich vom GKV-Spitzenverband ernannt. Das allerdings hat sich 2017 mit dem "Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung" geändert: Nach §126 SGB V ist seitdem die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) für die Ernennung zuständig. Um die Strukturqualität der Hilfsmittelversorgung zu stärken, sollen die Präqualifizierungsstellen nun regelmäßig begutachtet, bestätigt und überwacht werden: Sie müssen sich alle fünf Jahre einem Akkreditierungsverfahren und in der Zwischenzeit regelmäßigen Überwachungsaudits unterziehen. In der Folge mussten einige Präqualifizierungsstellen ihre Tätigkeit einstellen: Von einst 28 Stellen gibt es nun nur noch 18.

Auch für Apotheken hat das Konsequenzen: Sie werden jetzt gleichermaßen als Kunden der Präqualifizierungsstellen gemäß den DAkkS-Regelungen überwacht. Dazu gehören auch zwei Audits, die 20 bzw. 40 Monate nach einer erfolgreichen Präqualifizierung stattfinden. In der Regel muss Ihre Apotheke dazu immerhin nicht begangen werden. Vielmehr reicht es aus, wenn Sie bestimmte Unterlagen einreichen. Die Audits sind allerdings kostenpflichtig: Die AfP beispielsweise verlangt je Audit 95 € netto.

Bestehen Sie die Audits nicht, kann Ihnen die Präqualifizierung möglicherweise entzogen werden. In der Folge dürften Sie dann keine Hilfsmittel mehr zulasten der GKV abgeben.

Übrigens sind auch anlassbezogene Audits theoretisch möglich – und zwar dann, wenn es Verdachtsmomente gibt, dass Sie die Kriterien der Präqualifizierung nicht einhalten.

Fazit

In wahrscheinlich keinem anderen Land der Welt ist die Hilfsmittelabgabe so komplex und bürokratisch wie in Deutschland. Eventuell ist es ein Trost, dass von den (alternativlosen) Audits alle Leistungserbringer betroffen sind, die Hilfsmittel abgeben wollen.

Aus kaufmännischer Sicht jedenfalls lässt sich grundsätzlich dazu raten, trotzdem an der Hilfsmittelversorgung teilzunehmen: Denn der Markt wächst stark, und Ausschreibungen sind verboten. Die Mehrkosten und der Aufwand sind zugegebenermaßen ärgerlich – sie stehen aber in keiner Relation zu den möglichen Einnahmen.

Thomas Platz, Schulung in Apotheken, 65931 Frankfurt, E-Mail: apothekenschulung@mail.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(15):10-10