Grundkurs Apothekenmietrecht (Teil 1)

Welche Grundlagen Sie kennen sollten


Stefan Kurth

Der Apothekenmietvertrag ist eine der wichtigsten Grundlagen für die unternehmerische Tätigkeit eines jeden Apothekeninhabers. In unserer neuen AWA-Serie erfahren Sie deshalb, was Sie zum Apothekenmietrecht allgemein und zum Apothekenmietvertrag speziell wissen müssen.

Natürlich müssen Sie dem Thema Mietrecht insbesondere dann Ihre Aufmerksamkeit schenken, wenn Sie eine Apotheke entweder neu gründen oder aber übernehmen. Doch auch, wenn bestehende Mietverträge geändert und/oder verlängert werden sollen, kommt das Thema zum Tragen. In diesem AWA machen wir Sie zunächst mit den Grundlagen vertraut. In den Nachfolgebeiträgen erfahren Sie dann, was genau im Vertrag stehen sollte – und was nicht.

Wer sind die Mietvertragsparteien?

Nach allgemeinem Mietrecht stehen sich Vermieter und Mieter als Vertragsparteien gegenüber. Prinzipiell können beide Seiten natürliche Person, Personenmehrheiten oder Kapitalgesellschaften sein. Nach Apothekenrecht allerdings darf ausschließlich der Apothekeninhaber über die Apothekenbetriebsräume verfügen – auf Mieterseite kann deswegen kein anderer den Vertrag unterzeichnen. Ein nicht an der Apotheke "Beteiligter" (z.B. ein Ehegatte) darf nicht "Mitmieter" sein.

Wird die Apotheke in Form einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben, müssen sämtliche Gesellschafter bzw. die Gesellschaft selbst Mieter sein. Denn schließlich wird jedem Gesellschafter die Betriebserlaubnis erteilt, und folglich muss jeder von ihnen berechtigt sein, die Räume zu nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein oder jeder Gesellschafter zusätzlich die Aufgabe eines Filialleiters übernimmt.

Interessant für Sie ist es natürlich auch, mit wem Sie einen Mietvertrag schließen, wenn es sich nicht um eine Einzelperson handelt. Dann nämlich kann zum einen eine sogenannte Bruchteilsgemeinschaft vorliegen. In diesem Fall ist das Recht am Mieteigentum (wenngleich ideell) in einem bestimmten Verhältnis auf die Eigentümer verteilt – vergleichbar etwa mit Anteilen, die Aktionäre an einem Unternehmen halten. Hier müssen alle – jeder für seinen Eigentumsanteil – den Vertrag abschließen.

Zum anderen kann eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft vorliegen, in der alle (z.B. als Erbengemeinschaft oder als GbR) das Eigentum gemeinsam besitzen. Hier müssen auf Vermieterseite ebenfalls alle den Vertrag abschließen – schließlich können sie ja nur gemeinsam über das Gesamtvermögen verfügen. Insofern kann hier ein einzelner Gemeinschafter auch nicht "seinen" Anteil des Mietzinses einfordern. Dies muss vielmehr immer durch die gesamte Gemeinschaft geschehen – auch dann, wenn diese bereits aufgelöst ist und Zahlungsrückstände aus der Zeit vor ihrer Auflösung einfordern möchte. Umgekehrt können Sie als Mieter einen Anspruch, den Sie gegen einen einzelnen Gemeinschafter haben, nicht mit Mietzinsansprüchen aufrechnen, die die Gemeinschaft Ihnen gegenüber hat.

Während der Laufzeit des Mietvertrags sind Willenserklärungen in beiden Gemeinschaftsformen auch nur dann wirksam, wenn sie von allen Gemeinschaftern abgegeben worden sind. In der Praxis wird jedoch oftmals eine Person als Vertreter für alle Gemeinschafter bestimmt. Das allerdings muss dem Mieter bekannt gemacht werden: Nur dann darf der Vertreter rechtsverbindliche Erklärungen für die Vermieterseite abgeben.

Was sind Vorverträge – und sind sie sinnvoll?

Wenn Objekte gerade noch gebaut werden, sind Sie als Mieter natürlich darauf aus, schon vorab vom Vermieter eine möglichst langfristige Sicherheit zu erhalten. Oft geschieht das durch sogenannte Vorverträge. Diese Vorverträge verpflichten den Vermieter grundsätzlich, einen Mietvertrag abzuschließen. Über die notwendigen Detailregelungen muss jedoch erst später verhandelt werden.

In Sachen Vorverträge besteht allerdings häufig ein großes Konfliktpotenzial. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, statt Vorverträgen gleich einen Hauptmietvertrag abzuschließen, sobald Sie sich mit dem Vermieter darüber einig geworden sind, dass Sie in den entsprechenden Räumlichkeiten eine Apotheke einrichten wollen. Im Vertrag sollten Sie in Form einer sogenannten aufschiebenden Bedingung festhalten, dass das Mietverhältnis erst beginnt, wenn das Gebäude "apothekenbetriebsbereit" ist.

Welche Vertragsarten gibt es?

Unterscheiden müssen Sie zwischen Individual- und Formularverträgen. Bei ersteren vereinbaren die Parteien die Inhalte individuell, bei letzteren gibt eine Partei vorformulierte Klauseln vor.

Grundsätzlich können Formularverträge damit eher für unwirksam erklärt werden als Individualverträge. Allerdings kann ein Gericht im Streitfall nach §310 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Inhalt von Formularverträgen kontrollieren. Für Apotheker als Kaufleute gilt das jedoch nur stark eingeschränkt, sprich: Das Gericht kann nur prüfen, ob eine Vertragspartei unangemessen benachteiligt wird und damit ein sogenannter Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt. Gerade unter Kaufleuten sind hiervon in der Regel nur Extremfälle abgedeckt.

Welche formalen Anforderungen muss der Vertrag erfüllen?

Wenn Sie einen Mietvertrag abschließen wollen, der länger als ein Jahr laufen soll, muss das schriftlich mit entsprechenden Unterschriften beider Parteien geschehen (Schriftform). Ansonsten gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen (§§550, 578 Abs. 2 BGB) – und könnte deswegen mit gesetzlicher Frist gekündigt werden.

Zur Schriftform gehört außerdem, dass die Vertragsbestandteile eine Einheit bilden. Sie sollten also physisch fest miteinander verbunden sein, z.B. durch Heften, Kleben, Klammern oder Ähnliches. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist die feste Verbindung dann nicht zwingend, wenn man die Einheit durch andere Merkmale zweifelsfrei erkennen kann, etwa durch eine fortlaufende Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, durch die grafische Gestaltung, durch einen inhaltlichen Zusammenhang des Textes oder Vergleichbares (Urteil vom 24.09.1997, Aktenzeichen: XII ZR 234/95). Da "Zweifelsfreiheit" jedoch immer richterlich auszulegen ist, sollten Sie auch zukünftig darauf achten, dass die einzelnen Blätter fest miteinander verbunden sind. Denn auch hier könnte der Vertrag ansonsten für auf unbestimmte Zeit geschlossen gelten.

Wird der Mietvertrag ergänzt, verändert oder verlängert, ist die Schriftform ebenfalls einzuhalten. Bei Mietvertragsverlängerungen reicht – ebenso wie bei reinen Mietzinsanpassungen – ein schriftlicher Vertrag, der auf frühere Vereinbarungen Bezug nimmt. Hier ist es somit zwar nicht erforderlich, die neue Vereinbarung an den Hauptmietvertrag anzuheften. Wenn Sie aber auch hier auf Nummer sicher gehen wollen, sollten Sie das trotzdem tun – nicht zuletzt auch, damit Sie sich später besser orientieren können.

Wird in der Hauptvertragsurkunde Bezug auf einen Vorvertrag oder sonstige Abreden genommen, sind die entsprechenden Dokumente dem Hauptvertrag beizufügen und mit ihm ebenfalls fest zu verbinden. Dabei muss in der Anlage nicht wieder auf den Mietvertrag zurückverwiesen werden (BGH, Urteil vom 18.12.2002, Aktenzeichen: XII ZR 253/01).

Hinweis: In manchen Verträgen gibt es sogenannte Schriftformheilungsklauseln. Darin wird festgelegt, dass der Vertrag nicht allein deshalb vorzeitig gekündigt werden kann, weil ein Mangel an der Schriftform besteht. Der BGH hat allerdings entschieden, dass solche Klauseln unwirksam sind (Urteil vom 27.09.2017, Aktenzeichen: XII ZR 144/16).

Ein Sonderfall

Wenn ein Apothekenleiter bereits einen Mietvertrag abgeschlossen hat, nun aber eine OHG mit einem weiteren Apotheker gründen will, dann reicht in der Regel eine kurze Vereinbarung des "Neuen" mit dem Vermieter, in der festgehalten wird, dass ersterer auf Mieterseite in den Vertrag eintritt und dass ansonsten die Vereinbarungen des Hauptmietvertrages gelten. Beachten Sie dabei wiederum, dass die Schriftform eingehalten und der (Kurz-)Vertrag mit einer Kopie der Haupturkunde fest verbunden wird.

Stefan Kurth, Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Schneider + Partner GmbH, 01307 Dresden, E-Mail: Stefan.Kurth@sup-dresden.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(17):12-12