Steuerberatungskosten des Erben

Abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten


Helmut Lehr

Im Todesfall obliegt es regelmäßig den Erben, ausstehende Steuererklärungen für den Verstorbenen einzureichen. Entstehen in diesem Zusammenhang Steuerberatungskosten, verringert sich die Erbschaftsteuer – so zumindest laut einer aktuellen Gerichtsentscheidung.

Kosten, die notwendig sind, um den Nachlass zu regeln oder das Erbe zu erlangen, mindern die Erbschaftsteuer. Nicht dazu gehören nach Ansicht der obersten Länderfinanzbehörden allerdings die vom Erben getragenen Steuerberatungskosten, insbesondere für die Erstellung der Einkommensteuererklärung des Verstorbenen (vgl. Gleichlautende Erlasse vom 11.12.2015, Aktenzeichen: S 3810). Sie können allenfalls als sogenannte Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig sein. Dazu aber muss der Verstorbene laut Finanzverwaltung den Steuerberater noch zu Lebzeiten selbst beauftragt haben – hier gilt also das "Verursacherprinzip" (vgl. AWA 6/2016).

Häufig jedoch muss sich der Erbe zunächst einen Überblick verschaffen, um dann in eigener Regie den Steuerberater zu beauftragen. Wird dann noch festgestellt, dass der Verstorbene über nicht (ordnungsgemäß) deklariertes Kapitalvermögen bzw. verschwiegene Einnahmen verfügt(e), müssen gegebenenfalls auch Steuererklärungen für längst vergangene Jahre berichtigt werden – was ebenfalls zu den Aufgaben des Erben zählt.

Auf die Pflichten kommt es an

Gegen die strenge Verwaltungsauffassung konnte sich nun eine Erbin erfolgreich zur Wehr setzen: Sie hatte nach dem Tod ihres Vaters seine Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2002 bis 2012 wegen nicht erklärter Kapitalerträge aus der Schweiz berichtigen lassen. Dafür fielen rund 10.000 € Steuerberatungskosten an.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg berücksichtigte diese Steuerberatungskosten bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit (Urteil vom 15.05.2019, Aktenzeichen: 7 K 2712/18). In seinen Augen kommt es nicht darauf an, wer den Steuerberater beauftragt hat, sondern vielmehr darauf, wer die vollständigen und richtigen Steuererklärungen ursprünglich hätte abgeben müssen. Die Erbin habe insoweit eine Verpflichtung des Verstorbenen erfüllt – weshalb sie die Kosten als Nachlassverbindlichkeiten ansetzen dürfe.

Hinweis: Laut Finanzgericht spielt es dabei keine Rolle, dass die Erbin die Steuererklärungen (womöglich) auch ohne Hilfe eines steuerlichen Beraters hätte einreichen können. Ihre Entscheidung, einen Steuerberater zu beauftragen, habe der Fiskus zu akzeptieren.

Finanzamt legt Revision ein

Weil die (derzeitigen) Verwaltungsanweisungen insoweit eindeutig sind, dürfen die Finanzämter entsprechende Steuerberatungskosten der Erben bis auf Weiteres trotzdem nicht als Nachlassverbindlichkeiten akzeptieren. Als Erbe sind Sie daher in vergleichbaren Fällen gezwungen, gegen ablehnende Bescheide Einspruch einzulegen. Dabei können Sie sich allerdings auf den Streitfall berufen, in dem das Finanzamt mittlerweile Revision eingelegt hat (Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: II R 30/19). Ihr Finanzamt muss Ihren Einspruch dann bis auf Weiteres ruhen lassen.

Nur am Rande: Die Kosten für die Räumung einer Eigentumswohnung, die der Verstorbene hinterlassen hatte, wurden im Streitfall nicht als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt. Vielmehr hätte die Erbin sie durch eine eigene Entscheidung verursacht: Sie sei ganz offenbar nicht verpflichtet gewesen, die Wohnung zu räumen, die ja nun ihr gehöre.

Hinweis: Maßgebend für die Höhe der Erbschaftsteuer ist der Grundbesitzwert. Ob und in welchem Umfang dieser (steuermindernd) geringer ausfällt, wenn sich eine Wohnung in "räumungsbedürftigem" Zustand befindet, blieb im Streitfall offen.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(18):18-18