Wenn das Team den Aufstand probt

Wie sich das Chef-Team-Verhältnis kitten lässt


Karin Wahl

Jahrelang hat das Team hervorragend ohne Probleme gearbeitet – und dann ist plötzlich der Wurm drin. Wo liegen die Ursachen? Und was können Sie als Chef tun, damit alles wieder wie früher läuft?

Wenn das Team auf einmal nicht mehr so arbeitet wie bisher, sondern vielmehr gegen den Chef aufbegehrt, kann das verschiedene Ursachen haben – von "wirklichen" Problemen bis hin zu (vermeintlichen) Lappalien, die aus dem Nichts zu kommen scheinen, aber das Fass zum Überlaufen bringen. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob die Gründe "chefgemacht" sind – oder beim Team selbst liegen.

Chefgemachte Probleme

Wenn Sie selbst der "Verursacher" sind, ist es für Sie prinzipiell einfacher, das zugrunde liegende Problem zu lösen – vorausgesetzt Sie sind bereit und willens, die Situation sachlich zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu akzeptieren.

Die Situation analysieren können Sie entweder allein oder mit externer Unterstützung. Dabei gilt oftmals: Wenn Sie die Sache selbst ohne (sichtbare) Hilfe von außen in die Hand nehmen, wirbeln Sie weniger Staub auf. Dennoch kann es natürlich sinnvoll sein, sich in schwierigen Situationen extern beraten zu lassen – allerdings mitunter so, dass Ihr Team es nicht mitbekommt.

Chefgemachte Ursachen dafür, dass sich das Team gegen Sie wendet, können sein:

  • Sie haben die Apotheke gerade von Ihrem Vorgänger übernommen, der einen völlig anderen Führungsstil als Sie hatte. Die Mitarbeiter sind verunsichert, fragen Sie häufig, wie Sie es denn gerne hätten – und erregen damit Ihren Unmut. Es kommt zu Getuschel und Unruhe, was Sie falsch interpretieren. Und auf einmal ist der Konflikt da, obwohl er durch Kommunikation hätte vermieden werden können.
  • Ein ähnlicher Fall: Als vormaliger Mitarbeiter sind Sie zum Chef aufgestiegen. Nun müssen Sie auch Entscheidungen treffen, die für Ihre bisherigen Kollegen unangenehm sein können.
  • Sie als Chef behandeln die verschiedenen Teammitglieder ungleich: Einige bekommen z.B. ein höheres Gehalt oder mehr Freizeit als andere, bei der Einteilung im Dienstplan werden die Wünsche des einen mehr als die des anderen berücksichtigt, und manch einer darf – trotz gleicher Qualifikation – anspruchsvollere Aufgaben erledigen.
  • Sie als Chef machen Ihren Mitarbeitern zwar strenge Vorgaben, halten sich aber selbst nicht daran.

Sobald Sie merken, dass etwas nicht stimmt, bietet es sich grundsätzlich an, eine Teambesprechung einzuberufen. Darin können Sie die gegebenenfalls bislang unbekannte(n) Ursache(n) für den Teamaufstand aufdecken. Bereiten Sie sich gut vor und planen Sie ausreichend Zeit ein: Es soll jeder zu Wort kommen – und anschließend möglichst einvernehmlich eine Lösung gefunden werden.

Hilfreich ist es, alle Teammitglieder zuvor anonym schriftlich zu befragen, worin ihrer Meinung nach das Problem besteht und wie es sich lösen lässt. Die Zettel werden in einer Box gesammelt. Damit sich über die Schrift keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen ziehen lassen, überträgt ein Mitarbeiter, der allgemeines Vertrauen genießt, alle Bemerkungen auf ein gesondertes Blatt Papier und liest sie anschließend dem gesamten Team vor.

Achtung: Machen Sie nicht den Fehler, der manchem Chef in der Praxis schon unterlaufen ist: Der ein oder andere nämlich hat derartige Boxen selbst geleert und die Zettel dementsprechend gelesen. Die darauf geäußerte Kritik, die sich durch die Schrift auch zuordnen ließ, wurde allerdings als "Majestätsbeleidigung" aufgefasst – und das hat dem Betriebsklima nicht gut getan.

Übrigens: Bei allen Konflikten gilt grundsätzlich: "Die Sachebene steht über der Beziehungsebene!" Wenn Sie in der Diskussion feststellen, dass ein zwar sachlich vorgetragenes Problem eigentlich eine persönliche Kritik beinhaltet, müssen Sie die Diskussion sofort unterbrechen und das Beziehungsproblem lösen.

Sonderfall: Das "Zwei-Chef-Problem"

Betrachten wir noch zwei Sonderfälle von chefgemachten Problemen, in denen sich die Situation etwas schwieriger gestaltet:

  • Als (formelles oder informelles) Chef-Ehepaar haben Sie Ihre jeweiligen Ressorts nicht klar voneinander abgegrenzt und geben den Mitarbeitern Anweisungen, die sich widersprechen. Beispielsweise sagt Ihr Partner: "Räumen Sie die Sommer-Deko aus dem Schaufenster!" Und Sie: "Was machen Sie denn da? Bei dem schönen Wetter bleibt die Sommer-Deko! Wir haben schließlich noch viel Ware am Lager!"
  • Zwei Chef-Generationen arbeiten in der Apotheke. Die jüngere Generation möchte neuen Wind in den Betrieb bringen, wird aber von der Elterngeneration ausgebremst, die jeder Änderung sehr skeptisch gegenübersteht. Und die teils langjährigen Mitarbeiter stehen dazwischen: Sie würden sich zwar über Neuerungen freuen, wollen aber auch dem alten Chef gegenüber loyal sein.

In diesen Fällen ist es notwendig, dass beide "Chef-Parteien" gemeinsam eine Lösung finden. Basis kann ein Sechs-Augen-Gespräch mit einer Vertrauensperson aus dem Team außerhalb der Öffnungszeit sein. Der entsprechende Mitarbeiter sollte darin sachlich darlegen, wie das Team die Situation und die unterschiedlichen Verhaltensweisen wahrnimmt. Danach müssen beide Chefs miteinander aushandeln, wie sie ihre Aufgaben zukünftig verteilen wollen, um das Team anschließend darüber zu informieren.

Wichtig: Achten Sie immer darauf, dass Sie bei "Zwei-Chef-Problemen" die Anweisungen des anderen nicht vor dem Team diskutieren. Damit bleibt zum einen der Respekt gewahrt, und zum anderen bringen Sie die Mitarbeiter nicht in Loyalitätskonflikte.

Teamgemachte Probleme

Gleichermaßen ist es aber auch möglich, dass der Aufstand von einzelnen Personen aus dem Team ausgeht. Beispiele dafür wären:

  • Ein bislang unauffälliger Mitarbeiter mutiert aus (zunächst) nicht nachvollziehbaren Gründen plötzlich zum Intriganten und stachelt die Kollegen gegen Sie auf.
  • Manchmal erweist sich auch ein neu eingestellter Mitarbeiter als bösartige Giftspritze. Sie erkennen solche Zeitgenossen übrigens häufig daran, dass sie Gespräche mit "Meinen Sie nicht auch, dass ...?" oder "Haben Sie auch gehört, dass ...?" beginnen.
  • Angehörige mischen sich in Belange der Apotheke ein. So kommt es hin und wieder vor, dass sich der Partner eines Mitarbeiters im Betriebsrat eines großen Unternehmens engagiert und die dort vorgegebenen Regelungen auf die (kleinere) Apotheke "übertragen" will. In der Folge sind alle, die mit dem bisher durchaus geschätzten Status quo (inklusive Blumen zum Geburtstag und weiteren, in Großbetrieben nicht immer üblichen Annehmlichkeiten) zufrieden waren, plötzlich unzufrieden und begehren auf.

In diesen Fällen müssen Sie zunächst – gut vorbereitet – das Gespräch mit dem "problematischen" Mitarbeiter suchen. Lassen Sie sich sein Verhalten erklären und versuchen Sie, seine Gründe nachzuvollziehen. Damit ist der erste Schritt getan, um gemeinsam eine Lösung zu finden.

Wenn das Gespräch nicht zur gewünschten Verhaltensänderung führt, sollten Sie den Mitarbeiter in letzter Konsequenz nach dem Motto "Ein fauler Apfel darf nicht in der Kiste bleiben!" im Rahmen des arbeitsrechtlich Zulässigen schriftlich er- und dann abmahnen (vgl. dazu auch AWA 23/2018). Befürchten Sie, dass er zukünftig eher noch mehr Unheil anrichten wird, gilt es, ihn sofort freizustellen, ihm regulär fristgerecht zu kündigen und ihm – je nach Betriebszugehörigkeit – eine angemessene Abfindung anzubieten, um einen Prozess vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden.

Wichtig ist es gerade dann, dass Sie das Team über Ihre Schritte und vor allem über Ihre Gründe aufklären – denn schließlich hatte es sich ja auf die Seite des problematischen Mitarbeiters gestellt. Nur in einer offen-konstruktiven Atmosphäre kann es Ihnen gelingen, den "Burgfrieden" wieder herzustellen.

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Beraterin im Gesundheitswesen 70195 Stuttgart, E-Mail: karinruthwahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(19):10-10