Facebook-Accounts und Co.

Auch den digitalen Nachlass kann man regeln


Dr. Bettina Mecking

Gespeicherte Daten verbleiben auch nach dem Tod eines Nutzers beim jeweiligen Anbieter. Wenn Sie Ihr Erbe regeln, sollten Sie also auch diesen sogenannten digitalen Nachlass im Blick behalten, um sicherzugehen, dass nichts damit geschieht, was Sie nicht möchten.

Im Laufe des privaten wie auch des beruflichen Lebens kommunizieren Sie über E-Mails, kaufen über Online-Bezahldienste ein, legen Dateien auf Servern von Cloud-Diensten ab, nutzen soziale Netzwerke oder gestalten Webseiten. Nach Ihrem Tod entsteht damit sogenannter digitaler Nachlass.

Digitaler Nachlass: Was ist das überhaupt?

Der digitale Nachlass umfasst das gesamte digitale Vermögen eines Erblassers, also

  • sämtliche gespeicherte Daten auf heimischen Datenträgern, im Internet oder in Clouds,
  • die zugehörige Hard- und Software,
  • die zugehörigen Zugänge zum Internet,
  • Vertragsbeziehungen mit Bezug zu Online-Aktivitäten,
  • Urheberrechte bzw. Rechte an Webseiten, Domänen, Hard- und Software sowie an Online-Inhalten (z.B. an Bildern, Forenbeiträgen, Blogs, Videos oder E-Mails).

Was sagt die Rechtsprechung?

Wie der digitale Nachlass rechtlich zu behandeln ist, war lange Zeit umstritten – bis zu einer wegweisenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH; Urteil vom 12.07.2018, Aktenzeichen: III ZR 183/17). Im Streitfall hatte eine Mutter als Erbin geklagt, weil Facebook den Account ihrer minderjährig verstorbenen Tochter wenige Tage nach deren Tod in einen sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte: Der Account konnte daraufhin nicht mehr durch Passworteingabe aufgerufen und verändert werden.

Dem BGH zufolge gilt im deutschen Erbrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich, dass Erben in alle Rechte und Pflichten des Erblassers eintreten – so auch in Verträge, die geschlossen wurden, um entsprechende digitale Dienste nutzen zu können. Damit erlaubten die höchsten deutschen Richter der Mutter im Streitfall, auf das Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter sowie auf dessen persönliche Inhalte zuzugreifen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz für den digitalen Nachlass ist laut BGH nicht notwendig. Persönliche Briefe und Tagebücher würden schließlich ebenfalls an die Erben übergehen.

Zwar hatte es im Vorfeld zahlreiche Bedenken gegen diese Ansicht gegeben: Das postmortale Persönlichkeitsrecht des Nutzers sei betroffen, der Diensteanbieter verstoße bei Preisgabe der Daten gegen das Fernmeldegeheimnis, datenschutzrechtliche Erwägungen würden vernachlässigt, und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht von etwaigen Kommunikationspartnern sei zu berücksichtigen. Der BGH hat diese Einwände entkräftet.

Nichtsdestotrotz hält es der BGH prinzipiell für zulässig, dass Diensteanbieter vertraglich regeln, wie die Zugangsansprüche vererbt werden. Deswegen empfiehlt es sich nachzuforschen, ob und was für eine Regelung die jeweiligen Anbieter in ihre Nutzungsverträge aufgenommen haben.

Welche Vorkehrungen können Sie schon zu Lebzeiten treffen?

Um zu verhindern, dass Diensteanbieter den Erben den Zugang zum digitalen Nachlass verweigern, indem sie auf ihre eigenen Regelungen verweisen, lohnt es sich, schon vor dem Tod eine Vollmacht für eine Vertrauensperson (das kann auch ein späterer Erbe sein) zu entwerfen. Auch mit einer ausdrücklichen Bestimmung im Testament können Sie festlegen, wer wie mit Ihrem digitalen Nachlass verfahren soll. So können Sie sicherstellen, dass das im Ihrem Sinne geschieht. Und gleichzeitig erleichtern Sie Ihren Erben die Handhabung Ihres digitalen Nachlasses.

Regeln Sie in der Vollmacht bzw. der Bestimmung detailliert, wie mit Ihrem digitalen Nachlass umgegangen werden soll:

  • Welche Daten sollen gelöscht werden?
  • Wie soll die Vertrauensperson mit Ihrem Account in einem sozialen Netzwerk umgehen?
  • Was soll mit den im Netz vorhandenen geschäftlichen Daten passieren?
  • Was soll mit Ihren Endgeräten (Computer, Smartphone, Tablet etc.) und den dort gespeicherten Daten geschehen?

Die Vollmacht müssen Sie handschriftlich verfassen, mit einem Datum versehen und unterschreiben. Unabdingbar ist außerdem, dass die Vollmacht ausdrücklich "über den Tod hinaus" gilt (vgl. auch die Muster-Vollmacht). Übergeben Sie sie an Ihre Vertrauensperson, und informieren Sie Ihre Angehörigen darüber, dass Sie Ihren digitalen Nachlass auf diese Weise geregelt haben.

Im Interesse der Vertrauensperson ist es ratsam,

  • eine aktuelle Liste mit allen privaten und apothekenbezogenen Online-Diensten zu erstellen,
  • in der Sie die jeweiligen Zugangsdaten (meist Benutzername und Passwort) hinterlegen und
  • festsetzen, was mit den einzelnen Konten geschehen soll (z.B. dass bestimmte Accounts sofort gelöscht werden sollen, dass vor der Löschung eventuell noch Inhalte herunterzuladen sind oder dass ein Abonnement gekündigt werden soll).

Denken Sie daran, die Auflistung Ihrer Accounts immer aktuell zu halten: Ergänzen Sie sie um neue Accounts, und löschen Sie die Daten, wenn Sie sich bei einem Account abgemeldet haben.

Speichern Sie die Liste am besten auf einem verschlüsselten oder zumindest mit Kennwort geschützten USB-Stick, und deponieren Sie diesen Stick an einem sicheren Ort, beispielsweise in einem Tresor oder einem Bankschließfach. Der Vertrauensperson sollte dieser Ort ebenso bekannt sein wie die Zugangsdaten zur Liste.

Übrigens: Manche Firmen bieten eine kommerzielle Verwaltung des digitalen Nachlasses an. Wie sicher das ist, lässt sich allerdings nur schwer beurteilen. Falls Sie also erwägen, einen kommerziellen Nachlassverwalter zu beauftragen, erkundigen Sie sich vorher genau nach dem angebotenen Leistungsumfang und den damit verbundenen Kosten.

Erbrecht oder Verschwiegenheitspflicht?

Ein sensibles Thema beim digitalen Nachlass sind Datenbanken von Erblassern, die beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind: Bei Heilberuflern wie Apothekern und Ärzten, die Kunden- bzw. Patientenakten online führen, geht die Verschwiegenheitspflicht dem Erbrecht vor. Denn wenn nicht einmal die Erben eines verstorbenen Patienten Zugang zu dessen Gesundheitsdaten haben, wäre es abwegig anzunehmen, dass die Erben eines verstorbenen Heilberuflers Zugang zu den Gesundheitsdaten von dessen noch lebenden Patienten erhalten.

Achtung: Auf vielen Gebieten der digitalen Welt – wie z.B. bei Online-Bezahldiensten – ist noch zweifelhaft, ob der digitale Nachlass ebenso wie sein analoges Äquivalent auf die Erben übergeht. Insofern ersetzt dieser Beitrag auch keine umfassende erbrechtliche Beratung.

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Fachanwältin für Medizinrecht, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(20):14-14