Editorial

Standing Ovations


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

was für ein geschichtsträchtiger Apothekertag! Schon in seinem enthusiastischen Lagebericht verkündet der ABDA-Präsident, er sei nach dem positiven Votum des Bundesrates guter Dinge, dass das Rx-Versandverbot doch noch komme! Und wie hocherfreut er sich zeigt, als man einen Ad-hoc-Antrag zur Wiederaufnahme des Verbots in die laufende Gesetzgebung einstimmig annimmt!

Gleichwohl in der Folge Rufe laut werden, der Gesundheitsminister könnte über den Antrag vergrätzt sein: Diese Kassandren täuschen sich! Denn als der Minister die Bühne betritt, erklärt er aufrichtig lächelnd, dass er sich von guten Argumenten immer überzeugen lasse. So habe er im Vorfeld zu solch einer gewichtigen Angelegenheit – immerhin gehe es um die flächendeckende Arzneimittelversorgung – die Lage aufs Neue sondiert: Das einst vom Wirtschaftsministerium beauftragte Gutachten sei inzwischen aufgrund diverser Mängel in der Mottenkiste verstaut. Und das Justizministerium habe ausreichend Nachweise für die negativen Folgen des Rx-Preiswettbewerbs gesammelt, sodass das Verbot auch europarechtlich auf sicheren Beinen stehe.

Gewöhnlich diskutiere er solche Dinge zwar gerne offen mit allen. Dank der Einmütigkeit erübrige sich das aber wohl in diesem Fall. Somit werde er, der erklärte Versandhandelsgegner, gleich zur Tat schreiten, um das Verbot schnellstmöglich in trockene Tücher zu bringen.

Als der Minister dann – Hand in Hand mit dem ABDA-Präsidenten – dazu ansetzt, von der Bühne zu springen, um ein Bad in der "Égalité! Fraternité" johlenden Delegierten-Menge zu nehmen … ja, da macht der Wecker die schönen Träume zunichte.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(20):2-2