Praktische Mitbringsel von der Expopharm 2019

Was das E-Rezept mit Instagram zu tun hat


Torsten Feiertag

Im "inspirationLAB" auf der Expopharm 2019 gab es Tipps, wie Apotheken digitalen Kontakt zu (potenziellen) Kunden aufbauen können. Warum das wichtig ist, formulierte Sebastian Neumann (Agentur Ahoj Digital) überspitzt: "Wer digital nicht sichtbar ist, findet analog nicht mehr statt."

Viele Gewohnheiten in der Gesellschaft haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. So verwies Prof. Dr. Bernd Fodi (FOM Hochschule Köln) darauf, dass sich die Deutschen mittlerweile fast vier Stunden täglich im Internet tummeln. Und laut Philipp Hegendorf (L'Oréal) werden inzwischen mehr Smartphones gekauft als Babys geboren. Auf diese neuen Gewohnheiten muss sich auch jeder einzelne Apothekenchef einstellen.

Das E-Rezept nicht verschlafen

Besondere Bedeutung kommt dabei dem E-Rezept zu, das Ihnen wahrscheinlich spätestens ab Oktober nächsten Jahres tagtäglich ins Haus flattern kann und wird (neue Deadline für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur ist der 30.09.2020). Michael Walter (Pillentaxi) bedauerte jedoch, dass die zahlreichen Plakate an Bahnhöfen und Co. derzeit den Eindruck erwecken würden, nicht die Vor-Ort-Apotheke, sondern vielmehr DocMorris stünde für das E-Rezept.

Um das zu ändern, ist nicht nur die Standesvertretung, sondern auch jede einzelne Apotheke gefragt: Sie sollte bereits jetzt signalisieren, dass sie digital "kann". Das dient nicht zuletzt dazu, dass sich Kunden, die zukünftig zum ersten Mal ein E-Rezept "in der Hand" halten, daran erinnern, bereits in "digitalem Kontakt" mit ihrer Apotheke gestanden zu haben. Diese Kunden wissen dann, dass sie sich bei Fragen zum E-Rezept an die Vor-Ort-Apotheke wenden und das E-Rezept natürlich auch dort einlösen können.

Nicht auf Google-Hilfe verzichten

Christian Edel (Agentur TEAM ccAA) verwies darauf, dass Google unter den Suchmaschinen einem Marktanteil von 95% habe: Wer dort nicht gleich auf der ersten Seite angezeigt werde, dürfe keine Besucher auf seiner eigenen Homepage erwarten.

Um daher besser im Netz gefunden zu werden, kommt man laut Steffen Kuhnert, seines Zeichens Apotheker und Gesundheitsunternehmer, nicht um ein (regelmäßig gepflegtes) Google-My-Business-Profil herum. Dafür sei es wichtig, in professionelles Bild- und Videomaterial zu investieren. Schließlich stelle das Profil das "erste Aushängeschild im Internet" dar.

Kuhnert zufolge sollte man sich zudem die Google-My-Business-App herunterladen. Denn online zähle nichts so sehr wie Schnelligkeit und Interaktion: Mittels App erhalte man beispielsweise bei negativen Rezensionen eine Push-Nachricht auf das mobile Endgerät und könne daher zeitnah reagieren – was unbedingt notwendig sei, weil es nichts Schlimmeres als eine nicht beantwortete negative Bewertung gebe.

Ergänzend empfahl Hegendorf, das Google-My-Business-Profil (außer bei einem Profi im Team) zur Chefsache zu erklären: Als Chef verfüge man über die neuesten Informationen und sollte auch bestimmen, wie das eigene Unternehmen repräsentiert werde.

Benutzerfreundlichkeit als A und O der Webseite

Digital sichtbar werden Sie auch über Ihre Webseite. Denn deren Inhalte beeinflussen laut Edel die Platzierung bei Google. Dafür müsse man sich überlegen, welche Schlüsselbegriffe die gewünschte Zielgruppe suche.

Der Content-Marketing-Spezialist Thomas Bollwerk merkte an, dass sich Apotheken bei den Webseiteninhalten ihre Expertise in Sachen Gesundheit zunutze machen sollten. Sie könnten zu Influencern werden, indem sie ihr Fachwissen auf der Seite ausspielen. Der Schlüssel zum Erfolg liege in einem gezielten Storytelling – natürlich immer unter Berücksichtigung der Zielgruppenbedürfnisse: Patienten etwa, die Durchfall haben und schnell wissen wollen, was ihnen hilft, werde man mit einem langen Text darüber, wie Durchfall entsteht, kaum abholen können.

Bollwerks Tipp: Man solle den Kunden vor Ort zuhören und ihre Fragen notieren. Denn diese Fragen hätten die Kunden im Internet gleichermaßen. Und somit könne man mit den (entsprechend verpackten) Antworten auf der Homepage Interesse wecken.

Kuhnert zufolge ist die Benutzerfreundlichkeit das A und O einer Webseite. "Benutzerfreundlich" bedeute, dass sich die Seite auf das Wesentliche beschränke – und nicht mit allem Möglichen aufgeplustert werde: Sie sollte ganz klar die Erwartungen des Nutzers erfüllen. Als Beispiel führte Kuhnert die Google-Homepage an, die abgesehen vom Suchfeld (als der zentralen Funktion) relativ leer daherkommt.

Kuhnert riet überdies dazu, die Webseite unbedingt mit einem mobilen Endgerät zu prüfen: Sie sollte sich in weniger als einer Sekunde laden lassen, um benutzerfreundlich zu sein – Google selbst empfehle mittlerweile sogar 0,6 Sekunden.

Instagram nicht (nur) als "Kinderkanal" sehen

Nicht zu vernachlässigen ist auch der Social-Media-Auftritt, den die Kunden laut Neumann zunehmend für selbstverständlich halten. Facebook etwa habe allein in Deutschland 28 Mio. aktive Nutzer, bei Instagram sind es rund 15 Mio. In diesem Zusammenhang wies Hegendorf darauf hin, dass Instagram nur von 8% der heutigen Apotheken genutzt werde.

Neumann mahnte, Instagram keineswegs als "Kinderkanal" zu verteufeln. Denn Frauen zwischen 20 und 50 Jahren seien die am schnellsten wachsende Usergruppe. Und weil diese Frauen sich häufig um ihre Kinder oder um pflegebedürftige Eltern kümmern, könnten sie durchaus eine sehr interessante Zielgruppe sein.

Worauf aber kommt es bei Social Media an? Es gehe um Vertrauensaufbau, um Austausch und sehr stark auch um Zuhören, so Kuhnert: "Social ist kein Werbekanal!" Wer die einst in die Briefkästen geworfenen Flyer nun digitalisiere, online stelle und erwarte, dass ihm die Kunden die Bude einrennen, liege falsch. Ebenso würden generische Posts nicht funktionieren: "Die liest doch kein Mensch!" Was bei Social Media zähle, sei man selbst: "Wir folgen dem Menschen, [...] weil wir die Persönlichkeit schätzen!"

Einen weiteren Tipp gab Hegendorf: Als Chef würde er die Social-Media-Pflege an einen Mitarbeiter mit Leidenschaft und Ahnung delegieren, "der da richtig Schwung reinbringt."

Exkurs: Warenverfügbarkeit und das E-Rezept

Carlos Thees (Noventi) hob hervor, dass die Verfügbarkeit von Arzneimitteln mit der Einführung des E-Rezeptes noch viel wichtiger als bislang werde: "Denn mit dem E-Rezept wird es tendenziell sehr bald möglich sein, dass der Patient über eine App einfach abfragt, welche Apotheke es vorrätig hat. Und dann macht die das Geschäft, die in der Nähe ist, die einen guten Service bietet und die es da hat."

An einem Beispiel machte Thees deutlich, wie sich die Rx-Warenverfügbarkeit erhöhen lässt. Ausgangspunkt: Ein Rx-Arzneimittel mit einem Einkaufspreis (EK) von 3 €, das zwei Jahre haltbar ist und durchschnittlich einmal pro Jahr verkauft wird. Verfalle dieses Arzneimittel, verliere man die 3 € logischerweise. Werde es indes einmal verkauft, gewinne man fast 7 €. Lege man nun entsprechend 500 Rx-Arzneimittel aus dem niedrigpreisigen Sortiment mehr an Lager, dann investiere man (bei einem Durchschnitts-EK von 5 €) zwar rund 2.500 € ins Warenlager, merke das aber bei den Kapitalkosten fast gar nicht. Thees: "Kaufmännisch betrachtet ist das ein El Dorado: Sie haben wenig Risiko, Sie haben hohe Margen, und Sie haben einen hohen Kundennutzen!" Insofern empfahl Thees, anhand von Listen alle Nein-Verkäufe gewissenhaft zu dokumentieren und dann die entsprechenden niedrigpreisigen Artikel an Lager zu legen.

Wohin geht die Reise?

Mandar Ambekar (Digitalberatung blueShepherd) wies darauf hin, dass die "Tippsuche" zukünftig durch die Sprachsuche abgelöst werde: Die "Voice Search" werde bereits 2020 die Hälfte aller Suchanfragen ausmachen. Das bedeute u.a., dass zukünftig nicht mehr so sehr über Schlüsselbegriffe, sondern über die W-Fragen ("Wer?", "Was?", "Wo?" etc.) gesucht werde. Der Trend gehe dabei immer weiter in Richtung "suchen lassen", sprich: Die Sprachassistenten gäben eine Empfehlung. Auch solche Entwicklungen sollten Apotheken antizipieren.

Dr. Michael Brysch, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Chef-Redakteur AWA, E-Mail: mbrysch@dav-medien.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(20):11-11