Geldwerter Vorteil

Frühstück ist nicht gleich Frühstück


Helmut Lehr

Aufmerksamkeiten, die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bereitstellt, gehören im Allgemeinen nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn – ein komplettes Frühstück allerdings schon. Doch zählen Backwaren ohne zusätzlichen Belag schon als Frühstück?

Dass die Lohnsteueraußenprüfer stets aufmerksam nach Aufmerksamkeiten Ausschau halten, gehört zu ihrem Job. Schließlich ist die Grenze zwischen einer nicht steuerbaren Aufmerksamkeit und dem Arbeitslohn fließend. Zu den lohnsteuerrechtlich unproblematischen Aufmerksamkeiten zählt die Finanzverwaltung regelmäßig auch Getränke und Genussmittel, die Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern (täglich) zur Verfügung stellen.

Brötchenkorb für alle Mitarbeiter

Vor einiger Zeit hatte das Finanzgericht Münster darüber zu entscheiden, ob trockene Brötchen zu einem geldwerten Vorteil führen, wenn der Arbeitgeber sie – zusätzlich zu einem Heißgetränkeautomaten – jeden Vormittag kostenlos in der Kantine bereitstellt (vgl. AWA 24/2017). Die Backwaren waren allerdings keineswegs "trocken" im klassischen Sinn, sondern lediglich ohne zusätzlichen Belag. Zur Auswahl standen z.B. Laugen-, Käse-, Rosinen- und Schokobrötchen.

Die Klage vor dem Finanzgericht war zwar für den Arbeitgeber erfolgreich, allerdings nur, weil der – mit dem Marktpreis angesetzte – geldwerte Vorteil die monatliche Freigrenze von je 44 € pro Mitarbeiter nicht überstiegen hatte.

Revision des Finanzamts erfolglos

Das Finanzamt legte zwar Revision gegen das Finanzgerichtsurteil ein – hätte aber wohl besser darauf verzichtet. Denn der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass der tägliche kostenlose Brötchenkorb für die Mitarbeiter gar kein geldwerter Vorteil ist, sondern eine generell nicht lohnsteuerbare Aufmerksamkeit (Urteil vom 03.07.2019, Aktenzeichen: VI R 36/17). Das bedeutet: Die monatliche Freigrenze von 44 €, die durch andere geldwerte Vorteile bereits (teilweise) verbraucht sein kann, ist insoweit ohne Belang – der Brötchenkorb bleibt lohnsteuerfrei.

Nach Ansicht der obersten Steuerrichter fließt den Arbeitnehmern durch die kostenlos bereitgestellten Backwaren zwar ein Vorteil zu. Dieser ist jedoch keine konkrete Gegenleistung für die Arbeitsleistung. Für den Bundesfinanzhof war dabei insbesondere Folgendes entscheidend:

  • Die Backwaren und Heißgetränke wurden nur zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitgestellt.
  • Sie wurden allen Mitarbeitern ohne Unterschied gewährt.
  • Die Mitarbeiter haben die Brötchen in der Regel nicht während echter Pausen, sondern innerhalb der (bezahlten) Arbeitszeit verzehrt.
  • Außerdem sollten die Mitarbeiter beim Verzehr der Backwaren und Heißgetränke in der Kantine zusammenkommen, um sich untereinander sowie mit der "Führungsetage" über berufliche Angelegenheiten auszutauschen.

Hinweis: Für den Bundesfinanzhof sind die Kosten für einen entsprechenden Brötchenkorb damit Aufwendungen des Arbeitgebers, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Sie haben keinen Entlohnungscharakter.

Entscheidend: Der (fehlende) Belag

Ganz so einfach ist es im Steuerrecht natürlich nicht. Schließlich kann ein Frühstück durchaus zu Arbeitslohn führen, der mit dem amtlichen Sachbezugswert (für 2019: 1,77 €) anzusetzen ist. Die Richter mussten deshalb noch eine Abgrenzung zwischen bloßem Brötchenkorb und "richtigem" Frühstück finden. Sie stellten dabei insbesondere auf den fehlenden Belag ab.

Zitat aus den Urteilsgründen: "Nach der Verkehrsanschauung muss für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten." Dabei sei die Art der Brötchen – anders als das Finanzamt meinte – ohne Bedeutung.

Das Gericht teilte überdies die Auffassung der Finanzverwaltung nicht, dass aufgrund veränderter Essgewohnheiten schon ein Kaffee (to go) und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden könnten. Vielmehr handele es sich hierbei lediglich um einzelne Lebensmittel, die erst durch Kombination mit weiteren Lebensmitteln (z.B. Butter, Aufschnitt, Käse oder Marmelade) zu einem Frühstück würden.

Hinweis: Das bedeutet für Sie: Sobald Sie Ihren Mitarbeitern (z.B. im Aufenthaltsraum) nicht nur Brötchen, sondern auch eine kleine Wurstplatte und/oder Marmelade spendieren, betreten Sie wieder ein Minenfeld – und die Lohnsteueraußenprüfung könnte hellhörig werden. Gleichwohl sollten entsprechende Aufmerksamkeiten aber zumindest dann unproblematisch sein, wenn die 44-€-Freigrenze dadurch nicht überschritten wird.

Was ist mit dem Obstkorb?

Insbesondere in größeren Betrieben haben Lohnsteueraußenprüfer auch die kostenlose Bereitstellung von Obst und Gemüse durch den Arbeitgeber bereits vereinzelt thematisiert und zum Teil als Arbeitslohn behandelt. Nach der aktuellen "Brötchenkorb-Entscheidung" des Bundesfinanzhofs sollte man aber auch hier von einer nicht steuerbaren Aufmerksamkeit ausgehen können. Zumindest haben Rechtsbehelfe gegen vergleichbare Feststellungen nun sehr gute Erfolgsaussichten.

Hinweis: Die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sollten Sie der Finanzverwaltung auch dann entgegenhalten, wenn sie für die unentgeltliche Abgabe von "Lebensmitteln" zusätzlich Umsatzsteuer fordert und als Argument anführt, es würde sich hierbei um einen Sachlohn handeln.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(21):16-16