Das Marketing-Konzept für Ihre Apotheke (Teil 14)

Gestalten: Kreatives Trade Marketing


Frank Weißenfeldt

Kooperationen unterstützen beim Category Management, Hersteller bieten Schulungen an, und immer mehr Apotheken konzentrieren sich auf bestimmte Zielgruppen. Erfahren Sie, welche Spielräume Sie bei dieser Form der Absatzförderung – dem Trade Marketing – haben.

In den vergangenen Teilen unserer Marketing-Serie haben wir Ihnen das Konzept der 4 P vorgestellt. Alternativ hat es sich bewährt, Marketing in horizontale und vertikale Aktivitäten zu gliedern: Beim horizontalen Marketing geht es um die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Anbietern auf derselben Wirtschaftsstufe (z.B. von einem Waschmaschinen- mit einem Waschpulverhersteller). Das vertikale Marketing – synonym: Trade Marketing – hingegen hat die gemeinsame Absatzförderung der Akteure innerhalb der einzelnen Distributionsstufen (in unserem Fall: Hersteller, Großhandel und Apotheke) zum Ziel.

Das Trade Marketing von Herstellern und Großhändlern ist darauf fokussiert, die Apotheke zu unterstützen. Die Apotheke wiederum stellt den Kunden in den Mittelpunkt. Zu ihrem Trade Marketing zählen insbesondere:

  • die Sortiments-Politik und das Category Management,
  • die Kundenbindung und das Frequenzmarketing,
  • die Verkaufsförderung und Werbeartikel sowie
  • der Know-how-Transfer.

Sortiments-Politik und Category Management

Auf die Sortiments-Politik und das Category Management sind wir insbesondere hinsichtlich der Gestaltung von Sicht- und Freiwahl im letzten AWA 20/2019 ausführlich eingegangen. Ergänzend sei angemerkt, dass sich in der Sichtwahl drei Warengruppen voneinander abgrenzen lassen:

  • Pflichtwarengruppen, die es auf jeden Fall immer zu platzieren gilt, wie z.B. Präparate in den Kategorien Schmerz, Magen/Verdauung sowie Haut,
  • saisonale Warengruppen, die Sie zu bestimmten Zeiten präsentieren sollten, wie z.B. Präparate in den Kategorien Grippe/Erkältung, Allergie sowie Reise und
  • Profilierungswarengruppen, die nicht zwingend nötig sind, die Ihnen aber einen Wettbewerbsvorteil bringen, wie z.B. Nahrungsergänzungsmittel für Diabetiker.

Nur in Apotheken: Fachkundige Beratung für die Freiwahl

Anders als für die Sichtwahl gibt es für die Freiwahl weniger standardisierte Vorgaben: Ihre Gestaltung wird sehr viel stärker durch das Umfeld, die Positionierung der Apotheke und durch die Kreativität des Apothekenteams bestimmt. Wenn eine Apotheke ihr Potenzial beim Freiwahlsortiment besser ausschöpfen möchte, sollte sie sich daher die folgenden Fragen stellen:

  • Wie ist das Umfeld? Welche Zielgruppen adressiere ich?
  • Erwartet der Kunde diese Artikel in meiner Freiwahl?
  • Sind die Preise der Produkte attraktiv und wettbewerbsfähig?
  • Sind die Artikel ertragsstark?
  • Sind die Kategorien und Marken so platziert, dass sie die Aufmerksamkeit wecken und den Kunden dabei helfen, sich bei der Suche nach bestimmten Produkten zu orientieren?
  • Hat das Apothekenteam die Kompetenz, seine Kunden zu beraten und die Produkte aktiv zu verkaufen?

Die Offizin ist der einzige Ort, an dem auch für Freiwahlprodukte eine qualifizierte gesundheitsbezogene Beratung geleistet werden kann. Diesen Wettbewerbsvorteil sollten Apotheken viel stärker nutzen. Insbesondere ertragsstarke und beratungsintensive Produkte gilt es daher noch exklusiver zu präsentieren. Achten Sie in diesem Zusammenhang auch auf Cross-Selling-Effekte, z.B. indem Sie Gesichtscremes in der Nähe von Körperpflege anbieten (vgl. auch AWA 20/2019).

Kundenbindung und Frequenzmarketing

Kundenkarten, Gutscheine, Talerprogramme und Couponaktionen zählen zu den bewährtesten Kundenbindungssystemen im Apothekenmarkt. Gegenüber einem Rabatt mit der Gießkanne bieten diese Instrumente einige Vorteile:

  • Sie erhöhen den Absatz.
  • Die entsprechenden Aktionen sind temporär. Sie halten die Preise auf einem stabilen Niveau und vermeiden Rabattschlachten.
  • Sie haben grundsätzlich einen positiven Einfluss auf das Image: 80% der Bevölkerung freuen sich über Gutscheine bzw. Coupons.

Neben der Kundenbindung ist die Frequenzsteigerung ein weiteres wichtiges Ziel des Trade Marketings. Verzichten Sie daher nicht auf gezielte Sonderangebote. Im Idealfall kombinieren Sie diese temporären Angebote mit besonderen Dienstleistungen (z.B. Hauttypberatung) oder Aktionstagen (z.B. Tag der Hautpflege). Kommunizieren Sie die Aktionen mit bekannten Marken auf Ihrer Webseite und auf Flyern, die Sie an die Haushalte in der Nachbarschaft verteilen.

Verkaufsförderung und Werbeartikel

Zum Trade Marketing zählen alle Below-the-line-Aktivitäten, die den Kunden unmittelbar am Point of Sale (POS) dazu animieren, einen bestimmten Artikel zu kaufen (vgl. AWA 17/2019). Warum solche Aktivitäten wichtig sind, belegt eine Studie des Promotion-Verbandes POPAI (Point of Purchase Advertising International): Demnach werden rund 75% der Kaufentscheidungen am POS getroffen. Für Apotheken kommen insbesondere Verkaufsförderungsmaßnahmen und Werbeartikel infrage.

Eine Studie des Beratungsunternehmens Bormann & Gordon stellt einige Verkaufsförderungsmaßnahmen vor – und zeigt, wie sie in Apotheken genutzt werden: HV-Displays etwa wurden in 56% der 465 Apotheken aufgestellt, denen man solche Displays zugeschickt hatte. Schaufensterdekoration hat man noch in 20% der 362 damit "versorgten" Apotheken eingesetzt. Regalbetoner (also Aufsteller, die ein bestimmtes Produkt im Regal hervorheben) hingegen wurden nur in 10% der 119 Apotheken mit entsprechendem Werbemittelbezug erfasst. Facticen (nachgebildete und oft vergrößerte Produktpackungen) bzw. Dummies (Attrappen) und Mobiles rangierten als Werbemittel ebenfalls unter ferner liefen.

Weitere Analysen belegen, dass es eine positive Korrelation zwischen Zweitplatzierungen von Artikeln – insbesondere auf Displays – und Impulskäufen gibt. Dabei dienen Displays nicht nur der Erinnerung. Vielmehr animieren sie den Apothekenkunden zum Kauf und erleichtern die Entscheidungsfindung. Laut der von der STI Group durchgeführten Apothekenstudie bescheinigen 90% der befragten Apotheken Displays und Dekorationen am POS eine umsatzsteigernde Wirkung. Displays lohnen sich also.

Ebenfalls eine hohe Akzeptanz haben Werbeartikel: 70% der Kunden empfinden Unternehmen sympathisch, die ihnen solche Artikel mitgeben, nachdem sie etwas gekauft haben. Wichtig für die Apotheke: Der Werbeartikel sollte in einem sachlogischen Zusammenhang mit der Apotheke bzw. den Einkäufen stehen. Vieles spricht also weiterhin für Papiertaschentücher. Traubenzucker oder Fruchtgummi-Bären können eine Alternative sein.

Know-how-Transfer

Zum Trade Marketing zählt schließlich auch – und gerade in Apotheken – der Transfer von Wissen über Produkte an die Kunden. Dazu gleich ein weit verbreiteter Irrtum: Kunden hätten zu wenig Zeit für einen Apothekenbesuch. Tatsächlich nämlich nehmen sich 83% der Kunden gerne Zeit, um kompetent beraten zu werden.

Was also können Sie tun, um solch eine kompetente Beratung zu fördern? Ein Vorschlag: PTAs z.B. führen bis zu 100 Beratungsgespräche am Tag. Allerdings fühlen sich viele von ihnen nicht ausreichend für den Verkauf geschult: 83% aller PTAs würden gerne in Sachen Verkauf und Marketing besser fortgebildet werden. Kommen Sie diesem Wunsch nach und greifen Sie dabei z.B. auf die immer breiteren Angebote der Hersteller zurück. In diesem Sinne: Begeistern Sie Ihre Kunden – und gleichzeitig Ihre Mitarbeiter!

Literatur

Frank Weißenfeldt, Diplom-Betriebswirt und MBA, Associate Director, IQVIA Commercial, Frankfurt/Main, E-Mail: Frank.Weissenfeldt@iqvia.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(21):8-8