Herausforderung Führung

Warum Sie wissen sollten, wie Ihr Personal tickt


Steffi Richter

Der wirtschaftliche Erfolg Ihrer Apotheke hängt vor allem auch von der Kompetenz ab, gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Erfahren Sie, welche Rolle die Präferenzen Ihrer Mitarbeiter dabei spielen – und wie Sie von zielgerichteter Führung profitieren können.

Es gibt kein Pauschalrezept für gute Personalführung – genauso wenig, wie es "den einen" Führungsstil geben kann. Im Gegenteil: Jeder Mitarbeiter will individuell behandelt werden. Vor allem gute Mitarbeiter haben dabei hohe Anforderungen an Sie als Führungskraft. Wie können Sie diese Wünsche am besten erfüllen?

Ein einfaches Modell

Anhand eines Modells möchten wir Ihnen erläutern, warum sich Mitarbeiter in bestimmten Situationen unterschiedlich verhalten. Das Modell kennt vier Präferenztypen. Die ersten beiden beschreiben den Umgang mit Beziehungen, die letzten beiden den Umgang mit Veränderungen [1]:

  • Der beziehungsorientierte Typ braucht andere Menschen, um glücklich zu sein. Er ist nicht gerne einsam und leidet eher unter Distanz von anderen.
  • Der autonomieorientierte Typ sucht die Abgrenzung von anderen Menschen. Er will etwas Besonderes darstellen und gesehen werden.
  • Der sicherheitsorientierte Typ sucht Klarheit und Struktur. In unklaren oder improvisierten Situationen verliert er schnell den Überblick.
  • Der stimulanzorientierte Typ sucht die Herausforderung. Er scheut dauerhafte Routinetätigkeiten, da er befürchtet, etwas "Großes" zu verpassen.

In der Praxis erleben Sie diese Präferenztypen immer in einer "Beziehungs-Veränderungs-Kombination" und natürlich nie in absoluter Ausprägung: Sie präsentieren sich immer in Mischformen. Interessant ist aber: Insbesondere in Stresssituationen werden die oben genannten Präferenzen deutlicher sichtbar.

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie Aufgaben vergeben und Top-Ergebnisse erhalten wollen, empfehlen wir, die Kernpräferenzen Ihrer Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Ein Beispiel: Durch klare Strukturen und Regeln können Sie einen Arbeitsrahmen schaffen, in dem sich ein sicherheitsorientierter Mitarbeiter wohlfühlt. Im Gegenzug erhalten ein hohes Maß an Qualität und Motivation. Wenn Sie diesen Typ hingegen dauerhaft zeitlichem Druck aussetzen oder ihn in Situationen bringen, in denen er improvisieren muss, werden Sie nur geringe Freude an seiner Leistung haben.

Ein anderes Beispiel: Sofern Sie einen beziehungsorientierten Mitarbeiter im unmittelbaren Kundenkontakt einsetzen, wird er – übrigens ebenso wie die Kunden – zufrieden und in der Folge loyal zur Apotheke sein. Sperren Sie den Mitarbeiter hingegen ein, dürfen Sie sich nicht darüber wundern, wenn seine Leistung abnimmt und er sich häufiger krank meldet.

Nachfolgend wollen wir Ihnen an drei praktischen Beispielen aufzeigen, in welchen Situationen Sie die Präferenzen Ihrer Mitarbeiter noch berücksichtigen sollten.

Führungsaufgabe: Optimierung der Warenpräsentation

Um sich prominent in Ihrer Apotheke zu präsentieren, bieten Ihnen die Hersteller "großzügig" Aufsteller, Displays etc. an. Jede dieser Maßnahmen kann zwar sinnvoll sein. Aber ohne dass Sie selbst diesen Prozess aktiv steuern, verkommt Ihre Apotheke im Laufe der Zeit zu einem Gemischtwarenladen – was sich nicht nur negativ auf das Kundenerlebnis auswirkt, sondern auch auf Ihre Mitarbeiter.

Denn egal, welchem Präferenztyp sie angehören: Häufig nehmen Ihre Mitarbeiter nach einiger Zeit wahr, dass es Ihnen als Chef anscheinend nicht so wichtig ist, wie es in der Apotheke aussieht. Der Sicherheitsorientierte moniert für sich z.B. den fehlenden Überblick und der Stimulanzorientierte das fehlende Profil. Das aber beeinflusst Ihre Wirkung als Führungskraft.

Das Problem dabei: Abhängig von der "Beziehungspräferenz" Ihrer Mitarbeiter erfahren Sie eventuell nichts von diesen Bedenken. Denn Beziehungsorientierte äußern Kritik allenfalls nur sehr wohldosiert. Und Autonomieorientierte melden sich lediglich in einem Arbeitsklima zu Wort, in dem sie sich entfalten können. Wenn Sie selbst allerdings nichts von den Missständen erfahren und damit auch nichts dagegen unternehmen (können), verschlechtert sich die Haltung des Personals zur Apotheke weiter schleichend. Falls dann Mitarbeiter kündigen, ist der Jammer bei Ihnen groß – zumal häufig die Leistungsträger gehen.

Tipp: Bilden Sie eine interne "Taskforce", die die Warenpräsentation in Ihrer Offizin alle drei Monate kritisch prüfen soll.

Führungsaufgabe: Dienstplanung

In Sachen Dienstplanung können die Wünsche Ihrer Mitarbeiter von Ihren unternehmerischen Erfordernissen (Öffnungszeiten, frequenzorientierte Besetzung etc.) abweichen. Hier müssen Kompromisse gefunden werden. Insofern erweist sich die Dienstplanung häufig als ein ungeliebtes Thema, das der Chef gerne delegiert. Wichtig dabei: Ein qualifizierter Mitarbeiter sollte diese maßgebliche Aufgabe übernehmen und konkrete Regeln einhalten.

Wägen Sie hier die "Schwächen" der Präferenztypen ab: Ein stark beziehungsorientierter Mitarbeiter will es allen recht machen und reibt sich in der Folge zwischen den Fronten auf. Ein stark autonomieorientierter Mitarbeiter schmiedet eventuell Allianzen, die ihm selbst Vorteile bringen. Ein stark sicherheitsorientierter Mitarbeiter indes setzt bewährte Regeln weiterhin konsequent um und lässt Ausnahmen – auch in Notfällen – kaum zu. Und ein stark stimulanzorientierter Mitarbeiter nimmt die Planung zwar schnell vor. Nur die Ergebnisse sind ihm eher egal, da diese Aufgabe auf Dauer nicht wirklich spannend für ihn ist.

Nachdem Sie auf dieser Basis einen Verantwortlichen bestimmt haben, sollten Sie sich durch regelmäßige Feedbackgespräche mit allen Mitarbeitern vergewissern, dass er mit dieser Aufgabe tatsächlich gut umgehen kann.

Tipp: Bevor Sie die Dienstplanung delegieren, ist es sinnvoll, Ihre voraussichtlichen Kundenfrequenzen unter Berücksichtigung von Ferien und Feiertagen einzuschätzen und ein festes Verhältnis von Handverkaufs (HV)-Besetzung zu Kunden vorzugeben (z.B. pro zehn Präsenzkunden/Stunde ein HV-Mitarbeiter). Der Dienstplan-Verantwortliche weiß dann, wie viele Personen er zu welcher Zeit einteilen muss.

Führungsaufgabe: Großhandelsbestellungen

Wie und in welchen Mengen beim Großhandel bestellt wird, ist in fast allen Apotheken klar geregelt. Aber geht Ihr Team dabei wirklich wirtschaftlich vor?

Dazu ein fiktives Beispiel: In einer Apotheke verteilen sich 90% der Umsätze auf zwei Großhändler. Die Konditionen beim Erstlieferanten sind gemäß den aktuellen Marktbedingungen gut verhandelt. Allerdings herrscht in der Apotheke ein internes Kommunikationsdefizit. So werden, z.B. aufgrund von Sonderangeboten, viele niedrigpreisige Packungen entweder beim Zweitlieferanten oder direkt bestellt. Die ursprünglich guten Konditionen des Erstlieferanten vermindern sich – u.a. durch den Handelsspannenausgleich (vgl. z.B. AWA 6/2018) – um rund 1,25%.

Um solch ein unwirtschaftliches Vorgehen zu verhindern, sollten Sie die Großhandelsbestellungen eher einem sicherheitsorientierten Mitarbeiter mit einem Gefühl für Abläufe und Zahlen anvertrauen. Damit dieser Mitarbeiter aber von bereits gefassten Regeln abweichen kann, ist es sinnvoll, dass Sie sich alle paar Wochen mit ihm besprechen. So kann er Sinn und Unsinn seines Tuns überdenken.

Tipp: Überprüfen Sie alle drei Monate persönlich, ob die aufgestellten Regeln für die Großhandelsbestellungen zu den aktuellen Anforderungen passen und noch ihre Wirksamkeit entfalten. Allein hierdurch können Sie jährlich 10.000 € – und zum Teil deutlich mehr – an Rohertrag und somit an liquiden Mitteln gewinnen.

Literatur

[1] Paschen, M., Dihsmaier, E.: Psychologie der Menschenführung – Wie Sie Führungsstärke und Autorität entwickeln, Springer: Berlin und Heidelberg 2014

Steffi Richter, Beratung für Apotheken, 10875 Berlin, E-Mail: info@beratung-apotheken.de

Michael Brüne, Beratung für Apotheken, 10875 Berlin, E-Mail: info@beratung-apotheken.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(21):10-10