Aus Rezepten bares Geld werden lassen

Was bei der Wahl eines Abrechnungszentrums wichtig ist


Joachim Ullrich

Weil Sie nicht mit jeder einzelnen der vielen Krankenkassen abrechnen können, benötigen Sie einen Dienstleister, der aus Ihren Rezepten bares Geld werden lässt. Worauf müssen Sie bei der Wahl des Abrechnungszentrums achten? Und welche Entwicklungen sind zu erwarten?

In Deutschland gibt es im Moment noch rund zwei Dutzend Abrechnungszentren. Dominiert wird der Markt aber von den fünf standeseigenen Unternehmen – der VSA, der ARZ Service GmbH (als Tochter des ARZ Haan), dem NARZ, dem ARZ Darmstadt und dem Berliner RBA – sowie der AvP als einem weiteren Anbieter aus dem privaten Bereich. Wenn sich die Gerüchte über eine Übernahme des ARZ Darmstadt bestätigen, würde sich der Konzentrationsprozess weiter fortsetzen. Man kann vermuten, dass die kleineren Abrechner früher oder später aus dem Markt verschwinden werden.

Ihre Grundleistung erbringen die Abrechnungszentren vor allem auf Basis von §300 Sozialgesetzbuch (SGB) V, indem sie Kassenrezepte mit Hochleistungsscannern einlesen und dann zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechnen. Sie als Apothekenchef können von Ihrem Dienstleister erwarten, dass er die Rezepte ebenso schnell wie unkompliziert bearbeitet und Ihnen die abgerechneten Beträge pünktlich auszahlt.

Wie unterscheiden sich die Leistungen der Anbieter?

Die Abrechnungszentren unterscheiden sich allein schon darin, ob und inwiefern sie Ihnen anbieten, mittels eines Online-Kontos auf Ihre eigenen Daten zuzugreifen. Das Ganze geschieht entweder über Systeme, die direkt an Ihre Warenwirtschaft gekoppelt sind, oder über unabhängige Module.

Achten Sie darauf, dass Ihr Abrechnungszentrum tatsächlich ein standortunabhängiges, webbasiertes Kundenportal hat, mit dem Sie Ihre Abrechnungsdaten jederzeit effizient von überall aus managen können. Zentrale Funktionen, die den Arbeitsalltag in der Apotheke erleichtern können, sind:

  • die Rezeptsuche,
  • die Rabattvertragsprüfung,
  • die Rezeptrückverfolgung und
  • die Abrechnungsdokumentation.

Über zusätzliche Statistiken können Sie je nach Anbieter zahlreiche Kennzahlen auswerten und für individuelle Analysen nutzen. So lassen sich die Rezepte beispielsweise nach einzelnen Postleitzahlen oder nach bestimmten Indikationen zusammenfassen. Leider sind nicht immer alle Analysen kostenfrei, und auf manche können Sie – je nach Aufwand – erst mit einem entsprechenden zeitlichen Verzug zugreifen. Wenn Sie sich also zwischen verschiedenen Abrechnungszentren entscheiden müssen, sollten Sie überprüfen, wer diejenigen Statistiken anbietet, mit denen Sie arbeiten wollen – und wie schnell Sie diese gegebenenfalls erhalten können. Denn nicht jeder Abrechner bietet alle Auswertungen an.

Auch beim Schutz vor Retaxationen helfen die Abrechner, wenn sie die Rezepte sofort auf Fehler prüfen, nachdem sie sie eingescannt haben. Die Fehler können dann korrigiert werden – auch noch nach der Abholung, sofern die Apotheke über das Online-Kundenportal Zugriff auf das Rezept-Image hat. Hierdurch lässt sich die Gefahr einer Retaxation deutlich senken – und mit ihr natürlich der Rohertragsverlust.

Eine vergleichbar wichtige Rolle kommt den Abrechnungszentren in diesem Zusammenhang zu, wenn es darum geht, Hilfsmittelrezepte zu prüfen und abzurechnen. Grundvoraussetzungen: Die Apotheke ist dem jeweiligen Liefervertrag beigetreten, und die Kasse rechnet die Leistung für den Versicherten auch so ab, wie es auf dem Rezept steht.

Wichtig: Vergleichen Sie unbedingt die Grundgebühren und die Gebühren für die Einzelbelege, die die einzelnen Anbieter verlangen – und wählen Sie auch davon ausgehend den richtigen Partner aus.

Übrigens: Abrechnungszentren unterliegen – wie auch Apotheken – besonders strengen Richtlinien für die Datensicherheit und den Datenschutz. Sie selbst müssen Ihren Dienstleister gemäß Datenschutz-Grundverordnung sogar kontrollieren (vgl. AWA 10/2018) – es sei denn, das Abrechnungszentrum ist nach der internationalen Norm DIN ISO/IEC 27001 (für Informationssicherheits-Managementsysteme) zertifiziert. Damit entfiele Ihre Kontrollpflicht.

Wie helfen die Anbieter beim Liquiditätsmanagement?

Für Apotheken wird es immer wichtiger, auf die individuellen Zahlungsmodalitäten der Abrechnungszentren zu achten: Standard sind Abschlags- und Restzahlungen zu bestimmten Terminen. Wenn Ihr Großhandel z.B. seine Rechnung zum Siebten des Folgemonates von Ihrem Konto abbucht, könnten Sie mit Ihrem Abrechner vereinbaren, dass er 80% der abgerechneten Summe bereits zum Sechsten auszahlt – und die restlichen 20% zum Zwanzigsten. Sofern Sie sich mit dem Großhandel auf eine Dekadenzahlung verständigt haben, wird dieser Aspekt noch wichtiger, da Ihr Konto sonst schnell nicht mehr ausreichend gedeckt ist.

Einige Abrechnungszentren unterstützen Sie zusätzlich dabei, Ihre Liquidität flexibel zu managen: Sie bieten Ihnen z.B. vorgezogene Zahlungen im laufenden Monat zu individuell vereinbarten Zeitpunkten oder jederzeit mögliche zusätzliche Sonderzahlungen zu vernünftigen Zinssätzen an. Sind Sie zu einem entsprechenden (dem Online-Banking ähnlichen) Verfahren angemeldet, genügen in der Regel ein paar Klicks oder ein Anruf, um die Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Machen Sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch! So können Sie hohe Kontokorrentzinsen vermeiden oder auch Einkaufsvorteile realisieren, z.B. durch das konsequente Ausnutzen von Skonti. Wichtig ist, dass Sie sich im Vorfeld darüber informieren, was das Abrechnungszentrum genau anbietet, wie das Verfahren abgewickelt wird und welche Kosten auf Sie zukommen.

Welche Folgen könnte das E-Rezept haben?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich das Leistungsspektrum der Rezeptabrechner noch massiv weiterentwickeln wird, wenn das E-Rezept kommt. Sowohl die Verfügbarkeit als auch die Auswertungen der Daten werden dann eine viel größere Rolle spielen als jetzt schon. So ist denkbar, dass die Abrechnungszentren Ihnen zukünftig z.B. dabei helfen, schneller auf Veränderungen von Rabattverträgen oder im Verordnungsverhalten der Ärzte zu reagieren und auch Alternativen für Defekte auszuwählen. Hierdurch können Sie Ihr Warenlager besser steuern und Ihre Lieferfähigkeit erhöhen.

Es gibt z.B. auch schon Planspiele, die simulieren, wie es in der Branche aussähe, wenn die Rezepte immer direkt am Folgetag abgerechnet würden. Solch ein schneller Prozess wäre enorm vorteilhaft für Apotheken, denn damit ließen sich Liquiditätsprobleme stark minimieren.

Auch das Retaxationsrisiko dürfte sich als Folge des E-Rezepts deutlich verändern. Denn das System sollte Fehler, die schon entstehen, wenn das Rezept ausgestellt wird, gar nicht erst zulassen. Weil die Gefahr von Retaxationen hierdurch stark gesenkt werden könnte, wäre es gut vorstellbar, dass ein Abrechnungszentrum dann – anders als heute – gegen eine gewisse Gebühr das Retaxationsrisiko für die Apotheke übernimmt. Auch solche Ansätze werden in der Branche schon diskutiert – und vor allem berechnet. Denn letztlich ist die Risikoübernahme durch das Abrechnungszentrum eine Frage des Preises.

Derzeit sind viele Apotheker gar nicht über das gesamte Leistungsspektrum ihres Rezeptabrechners informiert – und nehmen deswegen nur die reine Rezeptabrechnung in Anspruch. Weil die Abrechner mit den hierfür anfallenden Gebühren aber in Zukunft keine ausreichenden Ergebnisse mehr erzielen werden, können wir wohl erwarten, dass sie die Apotheken mit ihrem Außendienst zukünftig viel besser persönlich betreuen werden – um somit letztlich über die Zusatzleistungen mehr Rohertrag pro Kunde zu erzielen.

Getrieben durch die veränderten Rahmenbedingungen entwickeln die Rezeptabrechner ihre Leistungen unaufhörlich weiter. Es wird spannend sein zu erleben, wohin uns der Weg noch führt.

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, E-Mail: info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(21):6-6