Miteigentumserwerb am Grundstück

Grunderwerbsteuerbelastung unzulässig?


Helmut Lehr

Wenn Sie außerhalb der Familie einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück erwerben, fällt fast immer Grunderwerbsteuer an. Kaufen Sie hingegen einen Anteil an einer Grundstücksgesellschaft, bleibt das oft "unbesteuert". Ist diese Ungleichbehandlung rechtmäßig?

Mit Steuersätzen von bis zu 6,5% (z.B. in Nordrhein-Westfalen) ist die Grunderwerbsteuer längst zu einer enormen Zusatzbelastung beim Grundstückskauf geworden. Da fuchst es den Otto Normalverbraucher umso mehr, wenn große Grundstücksdeals, die zumeist über besondere Grundstücksgesellschaften abgewickelt werden, sehr oft ohne bzw. mit einer nur sehr geringen Steuerbelastung über die Bühne gehen. Hier greifen nämlich besondere Befreiungsvorschriften, wenn weniger als 95% der Gesellschaftsanteile "bewegt werden".

Hinweis: In naher Zukunft wird der Gesetzgeber voraussichtlich die Steuergestaltungsmöglichkeiten beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen deutlich einschränken. Dazu soll u.a. die Befreiungs- bzw. Beteiligungsgrenze von 95% auf 90% gesenkt werden. Ob das zum gewünschten Erfolg führt, bleibt abzuwarten.

Gerichte sehen keine Ungleichbehandlung

Auch nach der beabsichtigten Reform wird der Verkauf von Miteigentumsanteilen an Grundstücken regelmäßig voll besteuert werden, sofern keine speziellen Befreiungsvorschriften greifen, wie sie z.B. beim Erwerb von Verwandten gelten.

Die Belastung trifft typischerweise Ehegatten, die ihr Eigenheim oder ein Mietobjekt sehr oft beide als Miteigentümer erwerben. Aus Sicht der Finanzgerichte müssen sie die Besteuerung allerdings hinnehmen, weil hier – streng formal steuerrechtlich betrachtet – ein anderer Sachverhalt vorliegt als wenn ein Anteil an einer Grundstücksgesellschaft gekauft wird (vgl. ausführlich AWA 1/2019).

Auch der Bundesfinanzhof hat aktuell klargestellt, dass die unterschiedliche Besteuerung von Miteigentums- und Gesellschaftsanteilen aus seiner Sicht verfassungsgemäß ist (Beschluss vom 15.05.2019, Aktenzeichen: II B 55/18). Insbesondere seien hier sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundlegende Unterschiede zu beachten, die eine "ungleiche Besteuerung" rechtfertigen würden.

Hinweis: Ob eine bestimmte Norm verfassungsgemäß ist, kann abschließend nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dazu muss es sich allerdings auch mit der entsprechenden Sache befassen.

Verfahren geht in die nächste Runde

Der beim Bundesfinanzhof unterlegene Kläger gibt sich noch nicht zufrieden und schöpft nun alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten aus. Deshalb hat er eine Anhörungsrüge beim Bundesfinanzhof erhoben (Aktenzeichen: II S 25/19) und parallel dazu Verfassungsbeschwerde eingelegt (Aktenzeichen: AR 5135/19). Als Erwerber eines Miteigentumsanteils fordert er nach wie vor eine Gleichstellung mit den steuerfreien Übertragungsmöglichkeiten, die es beim Erwerb von Anteilen an Grundstücksgesellschaften gibt.

Rein steuerlich betrachtet scheint die Angelegenheit eigentlich geklärt, da die Meinung des obersten Steuergerichts offenbar eindeutig ist. Allerdings lässt sich die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts erfahrungsgemäß schwer voraussehen.

Hinweis: Als Erwerber von Miteigentumsanteilen an Grundstücken haben Sie jetzt zumindest bis auf Weiteres die Möglichkeit, ohne großen Aufwand Ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren: Gegen einschlägige Grunderwerbsteuerbescheide (insbesondere beim Miteigentumserwerb durch Ehegatten) können Sie Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(22):18-18