Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

Aktuelle Entwicklungen


Helmut Lehr

Die Steuerermäßigungen für Dienstleistungen oder Reparatur- bzw. Erhaltungsmaßnahmen im eigenen Haushalt haben eine enorme Breitenwirkung. Ein Großteil der Steuerpflichtigen profitiert davon. Viele Einzelfälle sind allerdings nach wie vor umstritten.

Haushaltsnahe Handwerkerleistungen unterstützt der Fiskus mit einem direkten Steuerbonus von 20% der Aufwendungen – bis zu maximal 1.200 €/Jahr. Begünstigt sind Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen.

Ob dazu auch notwendige gutachterliche Tätigkeiten gehören, ist bislang nicht abschließend geklärt. Die Finanzverwaltung zumindest erkennt beispielsweise Arbeiten, die dazu dienen, einen Wert zu ermitteln oder einen Energiepass zu erstellen, nicht als Handwerkerleistungen an.

Beispiel

Familie Meerbusch ließ Anfang 2018 schadhafte tragende Holzstützen ihres Wohnhauses durch Stahlstützen ersetzen. Der bauausführende Handwerker drängte zuvor auf statische Berechnungen hinsichtlich der Stahlstützen.

Der beauftragte Statiker berechnete dafür im Dezember 2017 rund 600 €, für die die Meerbuschs die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen geltend machten. Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung, weil es sich hierbei um eine reine Gutachterleistung gehandelt habe.

Steuerermäßigung möglich

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem vergleichbaren Fall die Steuervergünstigung gewährt (Urteil vom 04.07.2019, Aktenzeichen: 1 K 1384/19). Es ist zwar – ebenso wie das Finanzamt – der Meinung, dass gutachterliche Tätigkeiten nicht als haushaltsnahe Handwerkerleistungen begünstigt sind. Allerdings sei hier zu beachten, dass eine enge sachliche Verzahnung der statischen Berechnungen mit der späteren Handwerkerleistung vorliege. Schließlich könne der Einbau der neuen Stahlstützen eigentlich kaum ohne die zuvorige statische Berechnung erfolgen. Insoweit sei auch nicht maßgebend, dass der bauausführende Handwerker die Berechnungen nicht selbst vornehmen konnte/wollte.

Für das Finanzgericht spielte es auch keine Rolle, dass die statischen Berechnungen zumindest teilweise gar nicht im Haushalt der Kläger vorgenommen wurden, sondern im Büro des Statikers. Eine Aufspaltung der aus Sicht des Gerichts einheitlichen Handwerkerleistungen danach, an welchem Ort welcher Teil der Leistungen erbracht worden sei, hielten die Richter für sehr "gekünstelt".

Hinweis: Das Urteil ist für Steuerzahler zunächst erfreulich. Allerdings hat die Finanzverwaltung mittlerweile Revision eingelegt (Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: VI R 29/19), sodass der Streit in die nächste Runde geht. Bis zu einer abschließenden Entscheidung sollten Sie in vergleichbaren Fällen auch Gutachterkosten o.Ä. als Handwerkerleistung geltend machen, sofern Sie den Höchstbetrag in der jeweiligen Steuererklärung noch nicht ausgeschöpft haben.

Tochter reinigt Elternhaus

In einem weiteren Streitfall ging es um die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (§35a Abs. 2 Einkommensteuergesetz), die ebenfalls 20% der Aufwendungen beträgt – bis zu maximal 4.000 €/Jahr: Eine verwitwete Mutter hatte ihrer Tochter Fahrtkostenerstattungen gezahlt, weil die Tochter wöchentlich zu ihr kam, die Wohnung putzte und ihr bei Einkäufen behilflich war.

Sofern diese Tätigkeiten von einem fremden Dienstleister erbracht und ordnungsgemäß abgerechnet werden, sind die Aufwendungen eindeutig begünstigt, zumal dann noch zusätzliche Kosten für die eigentliche Dienstleistung entstehen. Vorliegend hat das Finanzamt die Steuerermäßigung verweigert, weil keine fremdübliche Vertragsbeziehung vorgelegen habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich um ein Gefälligkeitsverhältnis gehandelt habe und die Tochter ihren Unterhalts- und Beistandspflichten gemäß §§1601ff. Bürgerliches Gesetzbuch nachgekommen sei.

Hinweis: Die Klage vor dem Finanzgericht blieb leider erfolglos (Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 15.05.2019, Aktenzeichen: 1 K 1105/17).

Hilfeleistungen von Angehörigen kritisch

Sie sollten zunächst generell davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung dem Grunde nach nur solche haushaltsnahen Dienstleistungen anerkennt, die von einem gewerblichen Anbieter erbracht werden. Hierfür muss eine ordentliche Rechnung vorliegen, und die Zahlungen müssen unbar geleistet werden.

Ausnahmsweise können auch Tätigkeiten von nahen Angehörigen anerkannt werden, wenn diese nicht im gleichen Haushalt wohnen. In solchen Fällen fordert die Finanzverwaltung allerdings regelmäßig einen Vertrag, der

  • zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist,
  • inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und
  • tatsächlich auch so durchgeführt wird.

Sie sollten bedenken, dass ein fremder Dienstleister sicherlich keine Vereinbarung akzeptieren würde, die lediglich einen Fahrtkostenersatz vorsieht, ohne dass auch die Hauptleistung vergütet wird.

Hinweis: Besser sieht die Sache bei Kinderbetreuungskosten aus, z.B. wenn die Großeltern auf die Enkel aufpassen und dafür lediglich einen Fahrtkostenersatz erhalten. Diese Aufwendungen sollten auch von den Finanzämtern anerkannt werden (vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 14.03.2012, Aktenzeichen: IV C 4 - S 2221/07/0012 :012, Randziffer 5, sowie AWA 14/2012).

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(24):16-16