Dr. Michael Brysch

Wenn es in der heiligen Nacht – wie im Liedtext von Joseph Mohr – wirklich still ist, liegt das vielleicht daran, dass der Hirsch nicht mehr röhrt. So ihn allerdings ein Jäger mit Schrotkugeln zum Schweigen gebracht hat, und der Hirsch anschließend auf dem Teller gelandet ist, könnte es auch in den Tagen um die heilige Nacht herum laut werden: Ein Schmerzensschrei lässt sich wohl kaum unterdrücken, wenn sich jemand am Festmahl die Zähne ausbeißt – so geschehen 2013 bei einer Polizei-Weihnachtsfeier, die der Dienststellenleiter gebilligt hatte.

Auf dieser Feier erlitt eine Polizeihauptmeisterin Absplitterungen an drei Zähnen, als sie ihr "à la carte" bestelltes Hirschgulasch genießen wollte – weil der Schmaus mit einer Schrotkugel "gewürzt" war. Der Zahnarzt verlangte 520,56 € für die Behandlung.

Die Polizistin vertrat – anders als ihr Dienstherr – die Ansicht, dass es sich um einen Dienstunfall gehandelt habe, und bekam vom Verwaltungsgerichtshof München recht (Beschluss vom 03.03.2017, Aktenzeichen: 3 ZB 14.1976): Die Anerkennung als Dienstunfall setze "ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis voraus, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist." Und Weihnachtsfeiern wären – ebenso wie z.B. Sommerfeste – dienstliche Veranstaltungen, da sie "der Pflege der Gemeinschaft sowie der Förderung der Zusammengehörigkeit" dienten.

Am meisten ist der Zusammengehörigkeit natürlich gedient, wenn es gar keine Schmerzensschreie gibt. Zumindest dahingehend Ihnen also eine stille Nacht!

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(24):2-2